Ein höllischer Tropfen (Nik Frey (niksan)) |
Priesterabstinentenbund und Mission. Die Idee dieses Bundes ist die
wirksame Bekämpfung des Alkoholteufels durch die Macht des eigenen Beispiels
und durch die segnende Kraft stellvertretender Sühne. Der Kern der Bewegung
muss also gewiss als edel und gesund bezeichnet werden, soviel Übertreibung
gelegentlich auch miteinlaufen mag. Für uns hat die Bewegung dadurch ein
besonderes Interesse gewonnen, dass neuerdings der Versuch gemacht wurde, sie
auch dem Missionswerk dienstbar zu machen. Als eifriger Apostel dieser Idee
tritt der hochw. P. W.J. Impekoven S.V.D. auf. Sein bemerkenswerter bei der
Generalversammlung des Abstinentenbundes zu Aachen (12. August 1912) gehaltener
Vortrag ist dem Folgenden zu Grunde gelegt.
Hier ist zunächst durch eine Blütenlese von Beispielen und Tatsachen,
die hauptsächlich den „Katholischen Missionen“ entnommen sind, festgestellt,
dass das schreckliche Übel der Trunksucht fast überall auch in den
Missionsländern grassiert, sei es als altes einheimisches Erbstück der
heidnischen Vorfahren, sei es – und das ist das häufigere – als Importartikel
europäischer Kulturträger.
Was Fusel und Wutki in Europa, das ist der Arrak, Sashi und Saki in
Indien, China und Japan. Auf Ceylon schwingt „König Alkohol“ sein Zepter von
mehr als 600 Tabernen [sic] aus. In China wird mehr als ein Priesterberuf Opfer
des einheimischen Sashi.
Französischer Alkohol ist eines der zweifelhaften
Güter, welches die neue Herrschaft den Ländern Indo-Chinas gebracht hat.
Europäischer Schnaps hat auf den Viti-Inseln (Fidschi), den Neu-Hebriden,
Marquesas, Gambier- und Sandwich-Inseln (Hawaii) usw. den Keim des Todes in die
aussterbende Bevölkerung getragen.
Die westafrikanische Küste wird mit elendem
Fusel überflutet. Bitter klagen die Missionäre im Basutoland und in
Dar-es-Salam über die zunehmende Trunksucht der Schwarzen. Welch entsetzliche
Rolle „das Feuerwasser der Bleichgesichter“ unter den Rothäuten der Vereinigten
Staaten gespielt, ist männiglich bekannt; wie jede neue Zuckerfabrik der
Zivilisierten auf die umliegende Indianerbevölkerung im Gran Chaco wirkt,
erzählt P. Vogt S.V.D. usw.
Das alles öffnet der Abstinenzbewegung neue Perspektiven. Sie gehört
mit zu den Aufgaben auch des Heidenapstolates, und wie über die schrecklichen
Verheerungen des Alkohols, so wissen die „katholischen Missionen“ auch von den
Segnungen der Abstinenzbewegung und der Kreuzbündnisse in jenen Ländern zu
berichten.
P. Impekoven zieht aus diesen Tatsachen eine sehr praktische
Folgerung: Wie unendlich viel Geld wird durch unmäßiges oder überflüssiges
Trinken verschleudert. Was soll man sagen, wenn eine einzige Gemeinde von 5872
Seelen (4/5 katholisch) in dem einen Jahr 1911 für Bier allein 248520 Mark ausgibt,
was 42,32 Mark auf den Kopf macht! Würde nicht der Hinweis auf die riesigen
Bedürfnisse der Weltmission als edles und starkes Motiv in einem
Abstinenzvortrag wirken? Müsste aber nicht der Blick auf die gewaltigen
Aufgaben der Weltmission, die sie aus Mangel an Mitteln vielfach nicht lösen
kann oder den Sekten überlassen muss, weite Kreise ernster stimmen?
(aus: die katholischen Missionen, 1913)