Sonntag, 7. November 2021

Der Apostel von Chota Nagpur – zum Todestag von P. Constant Lievens S.J.



„Hundertmal besser ist’s, zehn Jahre lang tüchtig arbeiten, als hundert Jahre leben, ohne ordentlich anzupacken.“ So sagte P. Constant Lievens, als er wieder einmal ermahnt wurde, mehr auf seine Gesundheit zu achten. So wie er sprach, handelte er auch. Es waren ihm nicht einmal 7 Jahre als Missionar beschieden, doch seine Erfolge glichen denen von jahrzehntelangen Bemühungen.

Constant Lievens wurde am 11. April 1856 als siebtes von insgesamt 11 Kindern einer einfachen flämischen Bauernfamilie im belgischen Moorslede geboren. Früh fühlte er den Wunsch, den geistlichen Stand zu ergreifen. Zunächst trat er in das Priesterseminar von Brügge und zwei Jahre später in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Nach einiger Zeit kam er in das Studienhaus der Jesuiten im indischen Asanol und wurde schließlich im Jahr 1883 in Kalkutta von Bischof Goethals zum Priester geweiht. Es folgten noch eine Zeit des Studiums, besonders der indischen Sprachen, bis er 1885 in das Arbeitsfeld gesandt wurde, als dessen Apostel er bekannt werden sollte: Chota Nagpur im Nordosten Indiens, genauer gesagt die Station Torpa.

Die Ureinwohner, denen seine missionarische Tätigkeit besonders galt, die Kols, Munda und Oroan, litten stark unter der ungerechten Steuerlast, die ihnen von muslimischen und hinduistischen Steuereintreibern aufgebürdet wurde. P. Lievens machte sich bald zum Anwalt der Bedrückten und hörte geduldig deren Klagen an, worauf er sich oft bei den höheren Gerichten der Hauptstadt Ranchi für sie verwandte, was ihm bald den Namen „Bara Saheb“, großer Herr, einbrachte. So wurde der Jesuitenmissionar weithin sehr populär. Es wird berichtet, dass an einem einzigen Tag 4000 Personen kamen, um bei ihm vorzusprechen. Diese Rechtsberatung wusste er stets mit einer religiösen Belehrung zu verbinden, wodurch sich bald zahlreiche Taufbewerber einstellten. Es war aber dennoch nicht allein die zeitliche Hilfe, die sie zu diesem Schritt führte, denn der Hass der Steuereinnehmer steigerte sich so oft nur noch weiter. P. Lievens selbst sah den Grund für die Bekehrungserfolge im Wirken Gottes, und sagte: „Ich kann nicht zweifeln, es ist Gott, der in unserer Mission so mächtig wirkt. Ja, es ist einzig und allein Gottes Werk.“ Selbst widmete er sich viel dem Gebet und ließ beten, damit mehr Seelen gewonnen würden. „Voran Kinder! Feuer an die Seelen! Ganz Chota Nagpur muss Christus gehören!“, so ermutigte er seine Christen zum Gebet für Bekehrungen. Die Zahl der von ihm getauften Personen liegt vermutlich deutlich jenseits der 10.000. So berichtete er, allein am 30. Oktober 1889 allein 1557 Menschen getauft zu haben.

P. Lievens setzte sich ganz für die Seinen ein, er nahm herzlichen Anteil an ihren Sorgen und Angelegenheiten und war mit ihrer Art zu denken und zu fühlen aufs Tiefste vertraut. Die Fehler seiner geistlichen Kinder besserte er mit Geduld und Liebe. Diese Eigenschaften wohl waren es, die den Apostolischen Delegaten von Indien, Msgr. Zaleski, bewegte, über Lievens zu urteilen: „ein wahrer Missionar!“

Sich selbst schonte er in keiner Weise. Exemplarisch ist wohl der Bericht von Graf Le Grelle, der P. Lievens in seiner Mission besuchte. Nach einer abenteuerlichen Rückkehr von einer Missionsreise, bei denen der Priester und sein Besucher vom Regen vollkommen durchnässt wurden und fast in einem reißenden Fluss zu Tode gekommen waren, begab sich P. Lievens noch spätabends an die Arbeit und empfing die üblichen Besuche. So fand ihn der Adelige am nächsten Morgen unter seinen Leuten, ohne dass der Missionar auch nur die nassen Kleider gewechselt hatte. Für Fieber hatte P. Lievens eine eigenartige Kur und erwiderte auf Mahnungen, sich auszukurieren: „Oh, das kuriere ich durch einen tüchtigen Ritt“. „Mehr als einmal“, so berichtete sein Mitbruder P. Motet, „sah ich ihn in den Sattel steigen, während seine Beine vor Fieberfrost schlotterten.“ Man kann hier nur sagen, dass es sich wohl um die Eigenart eines Heiligen handelte, die zu bewundern, aber nicht nachzuahmen ist.

Bei derartiger Selbstvergessenheit wundert es nicht, dass der „Apostel von Chota Nagpur“ bald ans Ende seiner Kräfte gelangt war, und ihn ein Tuberkuloseleiden zunächst zur Kur im Himalajagebirge und schließlich zur Rückkehr nach Belgien zwang. Beim Scheiden versprach er seinen Christen, die ihm bis nach Kalkutta gefolgt waren, zurückzukehren, doch lebend sollte er Indien nicht wiedersehen. Er starb am 7. November 1893 in Löwen. Anlässlich der Eröffnung seines Seligsprechungsprozesses wurde seine Asche aus Belgien in die Kathedrale von Ranchi überführt.

„Vier moet branden“ – „Feuer muss brennen“, so steht es in Niederländisch auf seinem Grab. Diese Worte, wahrscheinlich seine eigenen, sind ein treffendes Sinnbild seines Eifers.

(Quelle: Die Weltmission der katholischen Kirche, 1930 Nr.1/2)

 

Mittwoch, 3. November 2021

„Missionar UND Jesuit, das will ich werden“ – Pater Pietro Andrea Viganò S.J. (P.I.M.E.), Bischof von Hyderabad, Generaloberer des Mailänder Missionsseminars



„Missionar und Jesuit, das will ich werden“, erklärte der junge Pietro Andrea Viganò aus Besana bei Mailand seinem Beichtvater im Jahr 1868. Als dieser entgegnete: „Wenn du aber nur eines werden könntest, Missionar oder Jesuit, was würdest du dann wählen?“ erfolgte ohne Zögern die Antwort „Dann würde ich Missionar werden“. Er trat früh in das Mailänder Missionsseminar ein und wurde mit 23 Jahren zum Priester geweiht und nach Indien entsandt, wo er sich als eifriger Missionar unter Beweis stellte. So verwundert es auch nicht, dass er im Januar 1898 zum Bischof der Diözese Hyderabad ernannt wurde. Die katholische Kirche wuchs unter seiner zehnjährigen Leitung bedeutend. Bischof Viganò gründete mit großer Weitsicht auch ein Priesterseminar für eingeborene Berufungen.

Pius X. stellte ihn im Jahr 1908 als Generaloberen an die Spitze des Mailänder Missionsseminars. Im Jahr 1913 machte ihn der heilige Papst, dessen Vertrauen er genoss, zusätzlich zum Weihbischof von Tortona (Piemont).

Er hatte als Missionar viel erreicht, und doch beschäftigte Msgr. Viganò sein anderer großer Wunsch, der Eintritt in die Gesellschaft Jesu, den Papst Benedikt XV. nach wiederholten Bitten ihm schließlich gewährte. Am 20. Juni 1917 wurde der ehemalige Bischof von Hyderabad, der frühere Generalobere des Mailänder Missionsseminars, der Weihbischof von Tortona schließlich in Chieri in das Noviziat der Jesuiten aufgenommen.

Der 60-jährige machte alle Übungen des Noviziats mit und meldete sich bald für die Mission unter den Aussätzigen von Culión auf den Philippinen. Über Spanien, wo er in Manresa das Spanische lernte und am 21. Juni 1919 seine Ordensgelübde ablegte, reiste er schließlich nach Südostasien. Aus Culión berichtete er: „Unser Leben hier verbringen wir fast ständig inmitten der zahlreichen Aussätzigen auf der Insel (gegenwärtig 5000). Irdische Tröstungen gibt es wenig … aber je weniger irdische, desto mehr göttliche …. Vor den Aussätzigen habe ich weder Widerstreben noch Furcht, ich fühle im Gegenteil eine unbegrenzte Liebe zu ihnen …. Und wenn Gott wollte, dass ich angesteckt würde, so könnte das nur meine Dienstleistungen bei den Aussätzigen erleichtern, da ich nicht mehr so viele Vorsichtsmaßregeln anwenden müsste.“

Da er sich tatsächlich infizierte, musste er auf Geheiß der Oberen zunächst in die Hauptstation der Mission und anschließend nach Europa zurückkehren, wo er in Rom noch vier Monate lang seine Besucher durch seine Heiterkeit und sein Verlangen nach dem Himmel erbaute. P. Viganò S.J. starb am 13. Februar 1922, nachdem er seinen Lebenstraum erfüllt hatte: Missionar UND Jesuit.



(Quelle: Jesuitenkalender 1923)