Sonntag, 18. Dezember 2011

Schreiben vom hl. Papst Pius X. zu den kirchlichen Zuständen in Venezuela



Der Heilige Vater hat an den Erzbischof von Caracas, John. B. Castro, ein Schreiben über die Lage der Kirche in Venezuela gerichtet, das der Mensajero del Clero in einer seiner letzten Nummer veröffentlichte. Mit tiefem Schmerz beklagt der Papst die traurigen religiösen Zustände in der Republik. 

Einigen Trost hätte ihm nur die Versicherung bereitet, dass sich Anzeichen geltend machten, die für die Zukunft eine Änderung zu versprechen schienen, und die Nachricht, dass der Staat der Kirche gewogen sei. Jetzt, so mahnt der Heilige Vater, müssten so bald wie möglich und mit voller Entschiedenheit alle Mittel zur Besserung angewandt werden, sonst sei überhaupt keine Heilung mehr zu erwarten. 

Der Erzbischof solle in seiner Arbeit nicht erlahmen; mit bloßen Klagen und Verzweiflung über die traurigen Zustände werde nichts erreicht. Durch Gottes Hilfe könne es immer noch besser werden. Darum sollten die Bischöfe den Mut nicht sinken lassen, sondern weiter ihre Pflicht tun; hätten sie wenigstens noch den Trost, das ihrige getan zu haben. Der Heilige Vater stehe ja auf ihrer Seite und werde sie mit seiner Autorität schützen.

Den Katholiken schärft der Papst den Gehorsam gegen die Bischöfe ein; wer den Bischöfen nicht Ehrfurcht und Folgsamkeit erweise, der gehöre nicht mehr zur Gemeinschaft der Kirche. Als erstes und wichtigstes Heilmittel gegen die traurigen Zustände nennt der Papst mit außerordentlich eindringlichen Worten die Reform des Klerus: denn, wenn die Geistlichkeit abgeirrt sei, könne es nicht wundernehmen, dass auch das Volk in die größten Laster falle.

Die Bischöfe sollten mit aller Energie gegen die schlechten Priester einschreiten, nach den kirchlichen Gesetzen und besonders nach den Vorschriften des Allgemeinen Konzils für das lateinische Amerika. Dabei müssten sie aber auch der Liebe eingedenk bleiben. Damit für die Zukunft solche Schäden ausgeschlossen würden, schärft der Heilige Vater den Bischöfen die Bestimmungen des Trienter Konzils über die Priesterseminare ein und fordert die strengste Auswahl bei der Weihe neuer Priester.

Wenn nicht keusche, gebildete und fromme Priester herangezogen würden, werde nie eine wahre Besserung eintreten.
Diese ernsten Mahnungen des Stellvertreters Christi beleuchten in ihrer apostolischen Offenheit mit aller Klarheit die Lage und die Hauptschäden der Kirche von Venezuela.


(Aus: die katholischen Missionen, 1913)

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