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Die Bittstellerin war ein armes, aussätziges Mädchen, das schon seit einigen Jahren in dem Krankenhaus unserer Schwestern war und vor drei Jahren die heilige Taufe erhalten hatte. Ihr Vater, ein verstockter Heide, wollte trotz all ihrer Bitten nichts vom Christentum wissen; doch Veronika ließ nicht nach, den Himmel mit ihren Gebeten zu bestürmen. Da nun auch der liebe Gott taub für ihr Gebet zu sein schien, beschloss sie, eine heilige Messe dafür lesen zu lassen. Aber wie das anstellen? Sie war ja so arm.
Lange zermarterte sie ihren Kopf und grübelte hin und her; endlich fand sie einen Weg und machte sich gleich an die Ausführung: auf einen Stock gestützt, schleppte sie sich auf ihren von der schrecklichen Krankheit angefressenen Füßen in den Wald, sammelte dort dürres Holz, trug es dann zum Markte, um es hier in einer Ecke für einige Kauris zu verkaufen. Sie wird Zeit brauchen, sie weiß es, viel Zeit; sie wird sich die Füße wund laufen, aber nach und nach wird sie doch langsam alles zusammenbekommen für die Messe, für ihre Messe.
Ja, sie hatte an alles gedacht, alles in Rechnung gestellt, nur nicht die Ohnmacht ihrer schwachen Glieder. So hatte sie denn mehrere Tage sich abgeplagt, dann die Arbeit unterbrechen müssen, um ihren wunden Füßen etwas Ruhe zu gönnen, aber immer wieder von neuem begonnen, ganz erfüllt von ihrer großen Absicht, nur durch das brennende Verlangen heiliger Kindesliebe aufrecht erhalten, bis sie endlich ganz zusammenbrach und mit ihr der hochherzige Plan.
Dass sie ihre heilige Messe erhielt – und mehr als eine –, brauche ich wohl nicht hinzuzufügen. Um ihr das ganze Verdienst zu lassen, ließ ich sie selbst ihre Pfennige in den Opferstock werfen. Und der Herr, der das Scherflein der Witwe gesegnet, segnete auch das Opfer dieser Ausgestoßenen der Menschheit. Ihr Vater bekehrte sich, ließ sich unterrichten und taufen – wenige Monate danach starb er.
Und bald folgte ihm Veronika. Nach langem, mit heldenmütiger Ergebung ertragenem Leiden, das sie immer wieder für die Bekehrung ihres Vaterlandes aufopferte, schied sie dahin, tief betrauert von allen ihren Gefährtinnen, denen sie mehr als einmal eine treue Ratgeberin gewesen war. Jetzt betet sie droben für ihr armes Vaterland und für alle Wohltäter, deren Almosen unseren Schwestern und uns geholfen haben, ihr den Weg zum Himmel zu weisen.
(Aus: die katholischen Missionen, 1915)