Mittwoch, 22. Februar 2012

Ein wirklich armer Missionär


Manch wunderbare Blüten zeitigt der apostolische Opfermut katholischer Missionäre. Nur das wenigste davon wird gewöhnlich bekannt. So wäre auch das heroische Leben der Armut, das ein Jesuitenmissionär, P. Corti, im waldigen Gebiet an den Abhängen des Ghatgebirges östlich von Mangalore jahrelang führte, wohl nie bekannt geworden, wenn nicht zufällig ein Ordensbruder auf einer Reise die „Residenz“ des Missionärs besucht und anschaulich beschrieben hätte.
„Der beste Teil der Missionshütte ist noch der Schlafraum des Priesters, ein strohbedeckter Verschlag. Zwei niedrige Fensternchen lassen kaum etwas Licht hinein. Kein Stuhl, kein Bett, kein Tisch.
Eine Strohmatte liegt am Boden, daneben stehen einige Medizinflaschen und einige Lumpen; alles im Dunkeln. Neben diesem ‚Zimmer‘ ist noch ein zweites, ebenso schmal und ebenso niedrig; es ist für den Katechisten, und daneben liegt ein dritter Raum, noch kleiner und niedriger: die Küche.
Hinter dieser Wohnung ist eine Strohhütte, die gleichzeitig Speisesaal, Schule, Hospital und Empfangszimmer bildet. In ihr lagen gerade zwei oder drei an Malaria erkrankte Neuchristen.
„Fast alles, was der gute Pater vom Bischof bezieht, gibt er als Almosen oder verwendet es für seine Kranken.
Für seinen täglichen Unterhalt genügen etwa 25 Pfennig, vielleicht noch weniger. Etwas Reis, Zwieback und Ziegenmilch ist seine immer gleiche Mahlzeit. Den Zwieback bezieht der anspruchslose Missionär für Monate vorher aus Mangalore. Steinhart und geschmacklos ist er geworden, wenn er ihn endlich gebraucht. Vier Monate lang regnet es hier in einem fort, drinnen in der Hütte ist Finsternis und Rauch von dem Feuer, das notwendig ist, damit nicht alles verfault. Was für ein Leben!
„Und nun die Kirche! Sie liegt etwa fünfzig Schritte von der ‚Residenz‘ entfernt. Das Ganze sind vier Mauern und darüber ein Ziegeldach — und doch ist das hölzerne Dach mit den Ziegeln in dieser Gegend schon etwas Großes und Ungewöhnliches. Dabei ist die Kapelle so niedrig, dass man mit dem ausgestreckten Arm die Dachziegel über der Mauer greifen kann.
„Traurig und des eucharistischen Gottes fast unwürdig ist der Altar. Auf den Stufen liegt eine raue Strohmatte; die Altardecke ist ein aus roten und gelben Lappen zusammengeflicktes Tuch. Der Altar selber ist ein ganz rauer, gewöhnlicher Tisch, wie ihn der erste beste Schreiner herstellen kann.
Das Tabernakeltüchlein scheint vor langer Zeit aus weißer Seide gefertigt zu sein, jetzt kann man seine Farbe nicht mehr erkennen.
Zum Schmucke sollen einige Geräte dienen, die wie goldenen Reliquiarien aussehen, es sind vier Brettchen mit verblasstem, gelbem Paper beklebt; statt der Reliquien befindet sich in der Mitte aus Papier geschnitten ein grünes Herz, das ist alles.
Auf dem Altar stehen noch Papierblumen und einige primitive Leuchter, die mit Papier beklebt sind, zusammen mit drei Heiligenbildern bilden sie den ganzen Schmuck der Kapelle (…)
Einen Vespermantel hat die Kirche nicht, sondern nur ein einziges Messgewand.
Ohne Unterschied feiert der Pater die heilige Messe an Ostern und allen Werktagen in demselben Messgewand.“

So lebt der fromme Ordensmann schon sechs Jahre in bitterer Armut, draußen im Urwald, wo wilde Tiere und giftige Schlangen oft bis an sein Quartier vordringen.
Der gute Pater tut alles was er kann für sein Kirchlein. Keiner seiner Christen kann ihm etwas geben, so arm sind die Bewohner dieser Gegend.
Erstaunt fragte ihn der Berichterstatter, warum er sich nicht an milde Herzen in Europa wende. Er hatte nicht den Mut dazu.
Er, der alle Opfer auf sich nahm, wagte es nicht, von einem andern ein Opfer zu verlangen.


(Aus: Die katholischen Missionen, 1912)

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