Sonntag, 11. März 2012

Der hl. Joseph, der Patron für eine gute Sterbestunde


Die Sterbestunde des heiligen Josef, dargestellt in einem französischen Kirchenfenster


„Während meines 12-jährigen Aufenthaltes in Südafrika“, so erzählt P. O’Haire, ein irischer Missionär, „war ich mehrere Jahre hindurch Seelsorger eines Gebietes, wohl so groß wie ganz England. Von Zeit zu Zeit besuchte ich meine weit zerstreute Herde.
Auf einer dieser Rundreisen verlor ich meinen Weg und irrte umher, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, woher und wohin. Nirgends eine Spur von einem menschlichen Wesen. Es war in der trockenen Jahreszeit, und meine verdurstenden Rößlein waren kaum mehr im Stande, den Wagen voranzuziehen.
Endlich langte ich in einem mir unbekannten Tale bei einer Boer-Farm an. Das Land ringsum war von der Sonne versengt, doch sah ich in der Nähe des Hauses einen Wasserteich. Ich stellte mich dem Bauern vor, erzählte ihm meine Geschichte und bat ihn um Erlaubnis, meine Pferde tränken zu dürfen, was er auch gestattete. Darauf gab ich mich ihm als katholischer Priester zu erkennen; er selbst war natürlich Kalviner. ‚Ei‘, sagte er, ‚das trifft sich gut; dort im Hinterhaus liegt ein Arbeiter am Sterben; der ist katholisch. Vielleicht können Sie einmal hingehen.‘
Ich eilte hin und fand einen armen Burschen, dem der Tod schon auf der Stirne geschrieben stand. Als ich ihm sagte, ich sei der katholische Priester des Distriktes von Cudtshorn, 150 englische Meilen von hier entfernt, da richtete sich die eingefallene und bleiche Gestalt im Bett auf und rief mit dem Ausdruck innigsten Dankes: ‚O heiliger Joseph, ich wusste es, du würdest mir vor dem Tode noch einen Priester senden, der mir in der letzten Stunde beistehe!‘
‚Wie ist das mit dem heiligen Joseph? ‘ fragte ich, neugierig gemacht. Da erzählte mir der Sterbende kurz folgendes:
‚Als ich noch daheim in Irland ein Knabe war, da lehrte mich meine gute fromme Mutter jeden Tag beten: „ O heiliger Joseph! Bitte für mich um eine glückselige Sterbestunde!“ Ich habe von da an dies Gebetlein keinen einzigen Tag unterlassen. Ich ging zur ersten heiligen Kommunion, als ich 10 Jahre alt war, diente Messe bis zum 15. Jahr und trat ins Heer ein im 21. Der Zulukrieg brachte mich nach Afrika.
Bevor ich Irland verließ, ging ich in meiner Uniform zu meiner armen alten Mutter, um von ihr Abschied zu nehmen. Als wir uns trennten, sagte sie noch: „Vergiss mir ja nicht das Gebetlein zum hl. Joseph!“ Der Zulukrieg kam zu Ende, meine Dienstzeit war herum, ich wurde entlassen und blieb in der Kolonie.
Der nächste Priester von meinem Aufenthaltsort aus war in Kapstadt — 500 Meilen weit Entfernung. Dann kam ich auf diese holländische Farm und bin hier seit Jahren. Kürzlich hörte ich, dass ein Priester nach Cudtshorn gekommen, 150 Meilen von hier, und obschon kränklich, machte ich mich doch auf den Weg dahin, in der Hoffnung, wieder einmal beichten und kommunizieren zu können. Als ich bei der Priesterwohnung anlangte, hieß es, Sie seien fort auf der Rundreise und würden vielleicht erst nach Monatsfrist zurück sein.
Ich wartete eine Woche lang und machte mich dann auf den Heimweg. Gestern kam ich hier an — sterbenskrank, und sehen Sie, heute schickt mir der heilige Joseph einen Priester. ‘
Ich blieb die Nacht über bei ihm, bereitete ihn vor, hörte seine Beichte, reichte ihm am nächsten Morgen die heiligen Wegzehrung und spendete ihm bald darauf die letzte Ölung und den letzten heiligen Segen.
Nicht lange danach starb er, und das letzte Gebet seiner sterbenden Lippen war: ‚Heiliger Joseph! Bitte für mich um eine selige Sterbestunde.‘“

(Aus: die katholischen Missionen, 1893)