Donnerstag, 28. Juni 2012

Das heiligste Altarssakrament – Trost für Missionäre und Indianer


„Gehet hin zu allen Völkern“ und „Ich will bei euch bleiben alle Tage“ sprach einst der Heiland zu seinen Aposteln.
Niemand kommt das Tröstliche dieser Worte mehr zum Bewusstsein als den Missionären, die am Ende der Welt allein in unabsehbarer Wildnis und öder Einsamkeit verbannt leben.
Was sie tröstet und ihr Opfer leicht macht, das ist der Heiland, der im heiligsten Sakrament sich mit ihnen in die weite Verbannung begeben hat.

Sehr schön sprach sich hierüber vor einiger Zeit ein Missionsbischof aus dem hohen Norden Amerikas aus, der eine Zeitlang in Angelegenheiten seiner Mission in Europa weilte.
Was ist das heiligste Sakrament für den Missionär? Es ist für ihn geradezu alles. Wenn wir (gemeint sind die Patres Oblaten von der unbefleckten Empfängnis in Britisch-Nordamerika) zur Gründung einer neuen Mission ausgehen, so nehmen wir ein Zelt mit, in dem wir wohnen, bis die Hütte aus rohen Baumstämmen fertig geworden ist. In dieser Blockhütte wird eine Ecke ausgewählt und hier aus Brettern, oder wenn diese fehlen, aus Lattenwerk und einigen Vorhängen eine Art Alkoven errichtet.
Hier nimmt dann das heiligste Sakrament, das Geschenk Gottes, seine Wohnung, in der ersten Zeit oft in der ganzen weiten Runde nur einem bekannt, dem Missionär. Anfangs trug ich beinahe Scheu, dem Heiland eine solche Wohnung anzubieten; allein die Erwägung, wie sehr der Missionär dieses Trostes bedarf, hob mein Bedenken.


Auf meiner ersten Pastoralreise kam ich bis an die Mündung des Mackenzie. Es war Oktober. Die Missionäre waren von meiner Ankunft benachrichtig und einer der dort stationierten Oblaten kam mir entgegen.
Er war allein, sagte aber: ‚Mein Gefährte wird gleich nachkommen, aber langsam, denn er ist sehr krank.‘ Richtig, da kam auch schon der arme Invalide heran, auf einen Stock gestützt, sich mühsam voranschleppend, an Asthma fast erstickend – und doch erst 30 Jahre alt.
Ich folgte ihnen in ihre Wohnung, eine Art Holzschuppen, 25 Fuß im Geviert. Meine Blicke suchten sofort die kleine Kapelle, den Alkoven, von dem ich oben sprach. Ich sah aber nichts. ‚Wir hatten keine Bretter, gnädiger Herr, und konnten darum keine Kapelle errichten.‘ Sie zeigten mir einen hölzernen Tisch, roh gezimmert und gegen die Wand gestellt, an welche zwei Bilder festgeklebt waren. ‚Hier lesen wir die heilige Messe, aber das Allerheiligste können wir nicht aufbewahren.‘
Ich schwieg still und weinte mit den beiden. Es wurde mir aber in den folgenden Tagen immer klarer, dass dies nicht so bleiben dürfe, und sagte zu dem Pater, der noch gesund war: ‚Gehen Sie in den Wald und holen Sie mir einige Pfähle, die vom Boden bis zur Decke des Zimmers reichen.‘ Sie mussten übrigens nicht sehr lang sein, denn ich brauchte nicht meine Mitra aufzusetzen, um mit dem Kopf an die Decke zu stoßen.
Nachdem wir die beste Ecke ausgesucht hatten, trieben wir die Pfähle in den Boden, verbanden die Zwischenräume mit einigen alten Fischernetzen, tapezierten dieselben mit alten Zeitungen, bedeckte diese mit Vorhängen aus Baumwollstoff, und siehe, das kleine Heiligtum war fertig.
Dann segnete ich das Pappendeckelgehäuse, das wir mit einigen Stückchen Seide überzogen, und beherbergten hier den Gott von Betlehem, den Trost der Missionäre.
Als ich nach zwei Monaten Abschied nahm, verließ ich die beiden Missionäre mit dem Bewusstsein, ihnen durch die bleibende Gegenwart der heiligen Eucharistie den größten Dienst erwiesen zu haben, der ihnen zu teil werden konnte.“

Der Bischof lud dann den armen Kranken ein, im nächsten Frühjahr, wenn die Flüsse wieder schiffbar würden, auf dem Boot nach seiner Residenz überzusiedeln, wo die Klosterfrauen ihn besser verpflegen könnten. „Gnädiger Herr,“ war seine Antwort, „ich habe nur eine Bitte, schicken Sie mich nicht fort von hier.“…“Ich ließ ihm seinen Willen, hoffte aber, als im Frühling die Boote kamen, immer den kranken Pater zu erblicken, denn obschon ich ihm volle Freiheit gelassen hatte, dachte ich, dass sein Zustand ihn schließlich dazu zwingen werde.
Allein bald brachte sein Gefährte die Kunde, dass der Kranke gestorben sei. Bis vier Tage vor dem Ende hatte er noch die heilige Messe gelesen, und zwei Stunden, ehe er verschied, zum letzten Mal die heilige Kommunion empfangen.
Er starb ausgestreckt auf dem Boden, mit einem Tierfell bedeckt, seine Augen auf das kleine Tabernakel gerichtet, das sein Gefährte auf Wunsch des Sterbenden geöffnet hatte, damit dieser die heilige Hostie sehen könne.
‚Wo wollen Sie am liebsten begraben sein?‘ fragte ihn sein Mitbruder wenige Tage vor dem Tode; ‚ vielleicht unter dem Kreuz, das wir zusammen errichtet haben?‘ – ‚Nein‘, sagte der Sterbende, ‚begraben Sie mich zwischen den beiden Indianern, die ich zuletzt mit eigener Hand beerdigt habe.‘ Er starb, den Blick auf das Allerheiligste gerichtet. Gewiss ein schöner, eines Apostels würdiger Tod.“

Wie tief und lebendig auch die neubekehrten Indianer das wundervolle Geheimnis des göttlichen Fronleichnams erfassen, davon erzählte derselbe Missionsbischof einige wirklich rührende Züge.

„Unsere Wilden nennen die heilige Eucharistie ‚die gute Medizin Gottes, welche das Herz stark macht‘.
Das ist der Name, den die Missionäre dem Sakrament der Firmung gegeben haben, allein die Wilden haben ihn auf die heilige Kommunion übertragen.
Es beweist, wie gut sie deren Natur erfassen. Ich fragte einst eine alte Indianerin, warum sie denn Christin geworden sei. ‚Weil ich‘, so erwiderte sie, ‚früher in meinen Nöten nichts besaß, um mein Herz zu stärken.‘ Sie hatte dies im heiligsten Sakrament gefunden.


Es ist der Brauch der Indianer, im Frühling und Herbst gruppenweise zu unserer Mission zu kommen. Sie lagern um die Residenz und verbleiben mehrere Wochen, um ihre Seele durch Empfang der heiligen Sakramente und Anhörung des Unterrichts wiederum zu kräftigen.
Es ist bei dieser Gelegenheit immer leicht, diejenigen herauszufinden, welche ein besonderer Kummer drückt. Das unfehlbare Zeichen dafür ist der häufigere Empfang der heiligen Kommunion.
Hier suchen und finden sie Trost. Ein Indianer hatte seinen einzigen Sohn verloren. Er befand sich unter anderen, die gerade auf einige Tage zu uns gekommen waren.
Nach dem Empfang der heiligen Kommunion drückte er dem Missionär unter Schluchzen die Hand. ‚Warum weinst du denn noch immer?‘ fragte ihn dieser; ‚du weißt doch, dass dein Sohn nur halb gestorben ist und dass du ihn bald in der Seligkeit des Himmels wiederfinden wirst.‘ – ‚ Ja Vater,‘ gab er zur Antwort, ‚ich weiß das; und seit ich deinen Worten gelauscht und die gute Medizin, die das Herz stark macht, empfangen habe, weinen zwar meine Augen noch, das ist wahr; aber mein Herz weint nicht mehr.‘
Wie wunderschön ist dieses Wort im Munde eines armen Wilden!

Denkt man da nicht unwillkürlich an den Ausspruch des Erlösers:
‚Und die Letzten (die armen Wilden) werden die Ersten, und die Ersten (so manche alte Christen) werden die letzten sein‘?


(Aus: die katholischen Missionen, 1894)

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