Montag, 15. Oktober 2012

Kirchenverfolgung in Kolumbien



Die Radikalen der Republik Kolumbien beuten ihren letztjährigen Sieg über die katholisch-konservative Partei des Landes in rücksichtsloser Weise aus. Bereits im Mai v.J. votierte das Repräsentantenhaus der verbündeten Staaten ein äußerst tyrannisches Gesetz der Überwachung der Kulte, und mehrere Einzelstaaten, hiermit nicht zufrieden, haben dasselbe noch empfindlich verschärft.
So der Staat von Cauca, der bei Strafe von 1-5-jähriger Verbannung und 600-800 Piastern den Priestern untersagte, die Gläubigen zur Teilnahme an den religiösen Feierlichkeiten aufzufordern und Sammlungen zum Besten der hartbedrängten Kirche zu veranstalten.
Desgleichen verbot er den Priestern, den zwischen den Staats- und Kirchengesetzen bestehenden Widerspruch zu beweisen oder auch nur auseinanderzusetzen und die Eltern auf die kirchlichen Zensuren aufmerksam zu machen, denen sie verfallen, indem sie ihre Kinder in die Staatsschulen schicken.
Endlich untersagte das gleiche Gesetz bei Strafe von 10-jähriger Verbannung und 300-8.000 Piastern die Errichtung oder Förderung religiöser Genossenschaften, ja auch nur solcher Vereinigungen, welche bei den Behörden im Verdachten stehen könnten, „religiöse oder rebellische“ Zwecke zu verfolgen.
Unter gleicher Strafe wird der feierliche Gottesdienst verboten. An Stelle der religiösen Genossenschaften organisiert man demokratische Vereine. Dank solchem „Fortschritt“ hat die Sicherheit der Person und des Eigentums aufgehört, und zahlreiche Bewohner wandern nach Ecuador und anderen Nachbarländern aus.

Noch weiter ging der Staat von Cundinamarca. Nachdem auch er den äußeren Kult unter strenger Strafe verboten hatte, legte er Hand an die Gotteshäuser und den Kirchenschmuck, indem er sich vorbehielt, deren weitere Benützung den Geistlichen unter willkürlichen Bedingungen zu gestatten.
Alle Kirchengüter wurden — vorgeblich wenigstens — zu gleichen Teilen unter die öffentlichen Anstalten für Wohltätigkeit und Unterricht verteilt; da sich jedoch diese noch fortwährend auf Almosen und Kollekten angewiesen sehen, so liegt die Vermutung nahe, dass jene Güter noch immer nicht über die Taschen gewisser „Väter des Vaterlandes“ hinausgekommen sind.
Das Seminar wurde in ein Staatsgefängnis verwandelt, und während der Kirche und den religiösen Genossenschaften die staatliche Anerkennung entzog, gewährt man dieselbe in der verbindlichsten Weise der Freimaurerei.
Das Abgeordnetenhaus des Staates Magdalena (…) erließ ein Gesetz, welches die Scheidung von Eheleuten innerhalb der ersten drei Monate nach der Verheiratung gestattet, somit also eine ganze neue Einrichtung, die „Heirat auf Probe einführt“ (…)

Das gesetzliche Verbot, welches auch hier öffentliche Kundgebungen religiösen Charakters untersagt, hinderte übrigens keineswegs ein äußerst pomphaftes Leichenbegängnis, welches jüngst zu Ehren eines im Bürgerkrieg gefallenen religionsfeindlichen Obristen veranstaltet wurde und welchem der Präsident der Konföderation und der Gouverneur des Staates, sowie zahlreiche höhere Beamte, angetan mit dem Abzeichen der Freimaurerei, beiwohnten.


(Die katholischen Missionen, 1876)

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