Montag, 4. Februar 2013

Ein Aussätzigenheim in der Karibik und seine frommen Bewohner (Teil II)

Die Dominikanerinnen beim Versorgen der Aussätzigen


Fortsetzung von hier

Ebenso fromm starb Maria Manelli. Im Anfang ihrer Krankheit hatte es ihr viel gekostet, das Opfer ihres Lebens zu bringen, und die ersten Tage ihres Aufenthaltes im Leprosenhaus schienen ihr sehr traurig.
Aber die Gnade Gottes siegte; großmütig ergab sie sich vollständig in den heiligen Willen Gottes, und der Friede und die Freude kehrten in ihr Herz ein. Sie sah dem Tod so freudig entgegen, dass man auf ihre Bitte an ihrem Sterbelager stets Lieder zu Ehren der allerseligsten Jungfrau singen musste; diese hat sie denn auch am letzten Tag des ihr gewidmeten Maimonats (1875) von den Banden ihres Körpers befreit und zu sich in den Himmel genommen. Beinahe ihre ganze Familie ist dem Aussatz verfallen; zwei ihrer Brüder sind bereits daran gestorben, einen anderen Bruder und eine Schwester ließen sie im Spital zurück, und bei dem vierten und letzten ihrer Brüder hat sich auch schon die schreckliche Krankheit gezeigt. 

Bei dieser Aufzählung der eines wirklich seligen Todes gestorbenen Aussätzigen dürfen wir vor Allen nicht Maria Johanna, eine sechzehnjährige Jungfrau, vergessen, denn sie war gleichsam der Schutzengel unseres Spitals; wenn unsere jungen Kranken fromm sind, so verdanken wir es ihr, denn sie verstand es, die Frömmigkeit liebenswürdig zu machen.
Dreimal täglich vereinigte sie um ein kleines Altärchen, das sie sich gemacht hatte, alle aussätzigen Frauen und Mädchen, um mit ihnen den Rosenkranz, Litaneien usw. zu beten. Der Aussatz hatte ihr einen Teil ihrer Füße weggefressen, so dass sie sich nur kriechend fortbewegen konnte; dennoch wohnte sie fast täglich der heiligen Messe bei und versäumte auch nicht während des Tages den lieben Heiland im heiligen Sakrament zu besuchen. Um halb vier Nachmittags fand man sie sicher in der Kapelle und sie bleib dort bis halb sieben.
Während dieser langen Zeit kniete sie bewegungslos mit gekreuzten Armen und geschlossenen Augen und betete ihren Rosenkranz oder betrachtete, während heiße Tränen über ihre von der Krankheit halb verzehrten Backen herabflossen.
An den Kommuniontagen verlängerte sie ihre Besuche, und wenn ihre Wunden ihr den Besuch der Kapelle ganz unmöglich machten, fand man sie vor ihrem kleinen Altar auf den Knien. 
Sie hatte das Geheimnis der christlichen Abtötung begriffen; nie kam eine Klage aus ihrem Mund, dagegen fügte sie ihren Leiden noch freiwillige Bußübungen hinzu. Ihre Lieblingsandacht war zu dem am Kreuz leidenden Heiland, ,und während ihrer letzten Tage wiederholte sie ohne Unterlass den Seufzer: ‚O mein gekreuzigter Jesus!‘
Das gute Kind war bei seinem Tod erst sechzehn Jahre alt; eine Brave Frau hatte dasselbe ganz verlassen auf dem Weg liegend gefunden und uns gebracht. Glücklich, wer so stirbt wie diese armen Aussätzige!

Am 14. November 1875 hatten wir in unserer Kapelle die feierliche Taufe von 7 Kindern; zwei von ihnen gehörten heidnischen Eltern. Da diese in Cocorita wohnen, hatte man bei der Geburt ihrer Kinder sich  Mühe gegeben, sie zu veranlassen, dass sie dieselben taufen ließen, aber der Vater hatte nichts davon wissen wollen.
Jetzt kam er von freien Stücken, um für seine Kinder diese Gnade zu erbitten. Am bestimmten Tage fand sich die ganze Familie in Festkleidern ein; der Vater mit einem langen, weißen, hemdartigen Gewand bekleidet, führte seinen fünfjährigen Sohn an der Hand, die Mutter, in einem großen Schleier dicht gehüllt, trug ihre erst wenige Monate alte Tochter.
Sie schienen tief durchdrungen von der Wichtigkeit der Handlung und folgten aufmerksam den Zeremonien, die sie nicht verstanden. Seither wohnt nun auch die ganze Familie regelmäßig dem Gottesdienst bei, und wir hegen die begründete Hoffnung, dass die Gnade die Herzen der Eltern ganz umschaffen und sie bestimmen wird, auch selbst die heilige Taufe zu verlangen. 

Das neue Jahr haben wir in unserem Spital mit einer großen Gnade begonnen; der hochw. Herr Erzbischof von Port of Spain, Msgr. Gonin, kam mit den beiden Patres Stephan und Hyacinth, um bei uns die heilige Firmung zu spenden.
47 Aussätzige, unter ihnen 15 neubekehrte Kulis, waren durch mehrmonatlichen Unterricht auf den Empfang dieses Sakraments vorbereitet worden und zwei der letzten empfingen zugleich die erste heilige Kommunion aus der Hand des Erzbischofs.
Unsere arme Kapelle hatten wir aufs Beste mit Palmzweigen und Blumen geschmückt; die 47 Firmlinge, alle weiß gekleidet, empfingen den hochwürdigsten Herrn an der Pforte des Hauses und führten ihn zur Kapelle, wo er ihnen zuerst eine ungemein rührende Anrede hielt, darauf die heilige Messe feierte, während welcher alle kommunizierten, und endlich die Firmung spendete.
Wie glücklich fühlten sich diese 47, sonst von der Menschheit gleichsam Ausgestoßenen, dass der Erzbischof sich so freundlich zu ihnen herabließ, und durch die Tat ihnen bewies, dass die christliche Liebe keinen Unterschied kennt!“

(aus: die katholischen Missionen, 1876) 

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