Montag, 18. Februar 2013

„Wenn ich Rom nicht gesehen hätte…“


Rila, das größte orthodoxe Kloster Bulgariens - mögen seine Mönche sich auch einst mit Rom versöhnen! (Bildquelle:  Dennis Jarvis)


„Seine bischöfl. Gnaden, Msgr. Raphael Popoff (Bild hier), ist am Montag den 6. März (1876) plötzlich hinweggerafft worden. Er hatte sich gegen Mittag in den Konak (das Amtsgebäude) des türkischen Generalgouverneurs begeben, um mit den großherrlichen Kommissären über die Ausführung der neuen Reformen Rücksprache zu nehmen.
Als er das Gebäude verließ, fühlte er sich etwas gedrückt,  machte aber doch den ziemlich weiten Weg zu Fuß, in Begleitung eines seiner Brüder. Zu Hause angekommen, unterhielt er sich mit seinen Brüdern, als er plötzlich zusammensank. Ein Priester, der in der nebenanliegenden Kirche gerade die Vesper betete, war rasch zur Hand, allein es war zu spät; ein bald herbeigeeilter Arzt versuchte vergebens, das Bewusstsein zurückzurufen; der Bischof war schon verschieden.

Msgr. Raphael Popoff wurde im Jahr 1830 in Stretelhia, einem Dorf etwa 8 Stunden von Philippopel, geboren; sein Vater war Pope. Noch jung trat er als Mönch in das berühmte Kloster von Rila; nachdem er die Diakonenweihe empfangen hatte, wurde er verschiedenen Bischöfen als Sekretär beigegeben.
Im Jahre 1860 befand er sich in Konstantinopel und wurde hier einer der Hauptbeförderer der Unionsbewegung (d.h. des Anschlusses der Orthodoxen an die römisch-katholische Kirche). Darauf ging er nach Rom mit Msgr. Sokolski, den Papst Pius IX. selbst zum ersten katholisch-bulgarischen Bischof weihen wollte, und der junge Diakon hatte das Glück, dieser Weihe in der sixtinischen Kapelle beizuwohnen.
Der Anblick Roms und des päpstlichen Hofes machte auf ihn einen unauslöschlichen und entscheidenden Eindruck; von dieser Zeit an war er mit ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben. ‚Wenn ich Rom nicht gesehen hätte,‘ sagte er manchmal, ‚würde ich es nach dem Verschwinden des Msgr. Sokolski wie die anderen gemacht haben; auch ich hätte die Union verlassen.‘
Er bewahrte für diesen unglücklichen Prälaten, der, wie man weiß, plötzlich verschwand und, wie es scheint, noch immer als Gefangener in einem russischen Kloster zu Kiew zurückgehalten wird, eine zärtliche und innige Liebe, und nie wollte er zugeben, dass derselbe der Union entsagt habe 
(d.h. wohl nach damaligem Sprachgebrauch soviel wie "er hielt es nicht für möglich" oder ähnliches; wie dem Wikipedia-Artikel über Josif Sokolski und den "katholischen Missionen" zu entnehmen ist, ist er unter mysteriösen Umständen verschwunden, wohl von Russen entführt worden, aber nie zum Schisma zurückgekehrt. Ein Bild folgt unter diesem Artikel).

Als nach dem noch immer unerklärten Verschwinden ihres ersten Bischofes die meisten Bulgaren zum Schisma zurückkehrten, blieb er fast allein zurück. Von dem damaligen apostolischen Delegaten, Msgr. Brunoni, zum Priester geweiht, wurde er nach Adrianopel (Edirne) geschickt, und man darf wohl sagen, dass es ohne seine Dazwischenkunft schon längst keine unierten Bulgaren in Adrianopel und der Umgegend geben würde.
Im Jahre 1865 wurde er vom heiligen Stuhle zum apostolischen Administrator der unierten Bulgaren ernannt und am 17. November des nämlichen Jahres zum Bischof geweiht. Als solcher durchwanderte er 1866 Thrakien und Makedonien, um seine zerstreute Herde kennen zu lernen.
Beim vatikanischen Konzil war er einer der ersten, welche die Petition und die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit unterzeichneten, und alle Versuche, ihn zur Inopportunitätspartei hinüberzuziehen, waren vergeblich.
Nach seiner Rückkehr hatte er die Freude, einen bulgarischen Bischof, Msgr. Nilos, in die wahre Kirche aufzunehmen und eine neue Bewegung zur Union entstehen zu sehen. Den vorigen Winter brachte er in Makedonien zu, um die neubekehrten bulgarischen Dörfer zu besuchen, und eine seiner letzten Handlungen war die Approbation der Regeln der neuentstandenen uniert-bulgarischen Klöster vom hl. Theodorus Studita, von Suadschak und von Mostarlty. 

Sein Begräbnis fand am Mittwoch, den 8. März, statt; eine ungeheure Menschenmenge hatte sich eingefunden, die Konsuln von Belgien, Italien, Österreich und Spanien beteiligten sich an der Feier, welche Msgr. Nilos Isworoff abhielt. Seine Leiche wurde beigesetzt vor dem Altare, an welchem er noch am Morgen seines Todestages die heiligen Geheimnisse gefeiert hatte. R.I.P.


(Aus: die katholischen Missionen, 1876)

Die Union der Orthodoxen, besonders der Bulgaren, mit der katholischen Kirche liegt mir sehr am Herzen, weil mein Großvater auch aus Bulgarien kam.
Nachfolgend ein Video der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen der bulgarisch-katholischen Kirche im byzantinischen Ritus.
Von den etwa 50.000 Katholiken Bulgariens gehören die meisten dem römischen Ritus an, nur 10.000 sind Mitglieder der bulgarisch-katholischen Kirche, die im byzantinischen Ritus zelebriert. Die prachtvolle und erhebende Liturgie wird vor allem ab Minute 4:49 gezeigt.




Bischof Josif Sokolski

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