Sonntag, 31. März 2013

Bei den Aussätzigen in Madagaskar

Das Aussätzigenheim der Jesuiten in Ambahiworaka, Madagaskar


Über die Anstalt für die Aussätzigen zu Ambahiworaka (spätere Wirkungsstätte des seligen Jan Beyzym), aus der wir unseren Lesern wiederholt erbauliche Züge erzählt hatten, schrieb P. Taix SJ an seinen Obern Msgr. Cazet, den Apost. Vikar von Madagaskar, die folgenden Zeilen:

„Empfangen Sie einige Nachrichten über die gegenwärtige Lage unseres Aussätzigenhauses für die Hovas. Die kleine, aus ‚Zozoro‘, einer Art Röhricht, erbaute und mit ‚Herena‘, einer Grasart, bedeckte Kapelle ist nun vollendet; ich glaube, sie ist fest genug, um einigemal die Regenzeit zu überdauern, bis eine eigentliche Kirche aus Backstein und Ziegeln sie ersetzen wird. Kaum hatten die Arbeiter Türen und Fensterläden eingesetzt, so gab ich in derselben eine kleine Mission. 

Die erste Messe wurde am ersten Freitag im November (1886) gelesen; da konnten die armen Kranken wieder einmal zur heiligen Kommunion gehen.
Welcher Trost, nach dreieinhalbjähriger Entbehrung denjenigen empfangen zu können, der gesagt hat: ‚Selig die Armen!...Selig die Traurigen!‘ Aber es war hohe Zeit für die alten Kranken, den Katechismusunterricht wieder aufzunehmen, und für die neu dazugekommenen Aussätzigen, damit zu beginnen. Sofort machte ich mich an die Arbeit und habe den Kurs heute Morgen beschlossen.
Die Gemeinde von 88 Aussätzigen, Männern und Frauen, welche wir in jeder Hinsicht zu besorgen haben, folgte den Übungen der Mission mit einer Aufmerksamkeit und mit einem solchen gemeinsamen Eifer, dass sich die Bewohner eines Klosters daran hätten spiegeln können.
Morgens um 5 Uhr standen alle beim Glockenschlage auf; es folgte der ‚Engel des Herrn‘ und das gemeinsame Morgengebet, dann die heilige Messe mit Gesang.
Täglich wurden drei Unterrichte gegeben: zwei vormittags und einer nachmittags. Der Tag endete wiederum mit gemeinsamem Gebete und dem Englischen Gruß. Ich hatte nicht notwendig, meinen Zuhörern, wie anderswo, den Wortlaut des Katechismus und den Text der Lieder einzuprägen; unsere Aussätzigen wissen alle Hauptkapitel wörtlich auswendig, und was den Gesang angeht, sind sie in der ganzen Provinz Imeriana berühmt.
Sie werden selber darüber urteilen können, wenn Sie die Anstalt von Ambahiworaka besuchen, um unsere 40 Neubekehrten die heilige Firmung zu spenden.

Lange bevor mir dieses heilige Werk übertragen wurde, hörte ich das Lob dieser armen Kranken; aber was mir unbekannt war und was ich für unmöglich gehalten hätte, wenn ich es nicht mit eigenen Augen sehen würde, ist das verhältnismäßige Glück dieser von der menschlichen Gesellschaft verstoßenen Kranken.
Es ist wirklich wahr, diese Aussätzigen verkosten in dem Heim, das ihnen die katholische Liebe errichtete, einen Frieden, eine Seelenruhe, ja eine Bequemlichkeit, so armselig ihre Wohnung ist, dass ihnen der Aufenthalt nicht nur erträglich, sondern dank der Liebesopfer aus Europa, selbst lieb und angenehm ist. Das wäre ganz gewiss nicht der Fall, wenn diese von der menschlichen Gesellschaft Ausgestoßenen nicht so viele Freunde und Brüder um sich hätten, welche noch mehr durch Glaube, Hoffnung und Liebe mit ihnen verbunden sind, als durch ihr gemeinsames Leiden. Im katholischen Spitale von Ambahiworaka liebt man sich, verträgt man sich, tröstet man sich, besucht sich und ermutigt sich gegenseitig durch Gebet und durch Geduld.
Ein Kreuzchen aus Messing, ein Rosenkranz, ein Skapulier, ein frommes Bild, ein wenig Weihwasser oder Ignatiuswasser, das sind die Geschenke, die Kostbarkeiten, welche hier allein Geltung und Wert haben.
Sträuße aus Rosen und Lilien bilden den Schmuck über die Festtage. Noch heute Morgen konnte ich es nicht ohne Tränen der Rührung sehen, wie diese Aussätzigen nach der heiligen Messe den Hecken entlang humpelten, um einige Blumen zu Sträußchen zu sammeln, während andere die Wohnungen ihrer Freunde reinigten und schmückten.
Bald darauf besuchten sie sich gegenseitig und beglückwünschten sich; sie feierten nämlich das Fest ihres Patrons, des hl. Stanislaus.“ 

Wir Fügen diesem ergreifenden Briefe eine von P. Taix eingeschickte Abbildung der Leprosenanstalt bei (s. oben). Vor den beiden nur aus einem Erdgeschosse bestehenden Häusern für die Frauen und Männern kauern einige Kranke.
Die kleine Kapelle ist durch die Bäume fast verdeckt; nur das Kreuz und der Giebel sind sichtbar. Das mit Stroh gedeckte Häuschen im Hintergrund ist die Wohnung der Missionäre. Wie aus eben eingetroffenen Berichten hervorgeht, sollte die Anstalt, die augenblicklich 102 Aussätzige beherbergt, durchaus vergrößert werden.
Mit blutendem Herzen musste der Missionär bereits 6 Kranke abweisen, welche um Aufnahme baten, weil die Räume überfüllt sind und weil die Missionäre nur mit größter Anstrengung den Unterhalt für die jetzt schon ihre Mittel übersteigenden Kranken bestreiten können!

(aus: die katholischen Missionen, 1888)

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