Dienstag, 3. September 2013

Solche Probleme hat der Klerus wohl nur in der Mission...

Quelle: Kevin Pluck

(…) Auch die Missionsstation stand damals unter dem Zeichen des Löwen. Kurze Zeit vorher war nachts ein Löwe in die Mission eingebrochen und hatte die Schuppen und Stallungen des Viehhofes revidiert. 

Da es ihm nicht gelungen war, in die Viehställe einzudringen, so hatte er sich den Wohnungen der Missionäre zugewandt. Über eine Veranda spazierend, erschaute er das offene Fenster eines Zimmers, in dem ein Bruder den Schlaf der Gerechten schlief. 
Interessiert hob der Löwe die Vorderpranken auf das Fensterbrett und streckte seine Nase zwischen den nur fingerdicken Holzstäben der Vergitterung hindurch. Er hätte nur einen leisen Ruck mit dem Kopf zu machen brauchen, und das Gitterwerk wäre zertrümmert gewesen. 

Durch das Knurren des Raubtieres erweckt, schaute der Bruder nach dem Fenster hin und erblickte dort das furchtbare Löwenhaupt. Eine Waffe hatte er nicht zur Hand und fliehen konnte er nicht, da die Türe seines Zimmers gleichfalls auf die Veranda führte. 

So lag er denn, starr vor Schrecken, auf seinem Lager und wagte kaum zu atmen. Endlich trat der Löwe vom Fenster zurück und ließ sich behaglich knurrend unter der Veranda nieder. – Er konnte warten! – Noch stundenlang hielt er durch sein Schnauben und Schmatzen den geängstigten Bruder munter, bis schließlich der werdende Tag den Unhold vertrieb.

Als nach all diesen Erzählungen ein junger Pater mir bei Sonnenuntergang die Kaffeeplantage zeigte, blickte er von Zeit zu Zeit scheu zur Seite und gab mir auf meine Frage, wonach er denn so eifrig ausspähe, die Versicherung, dass gewiss ebenso wie an den vorhergehenden Abenden auch jetzt wieder ein Löwe in der Nähe sei. – Augenscheinlich fingen die Löwengeschichten an, alle Welt in Mrogoro nervös zu machen.“(…)


(Aus: die katholischen Missionen, 1900)