Sonntag, 20. Oktober 2013

Armes Kirchlein zwischen prächtigen Heidentempeln


„Muzalffarpur“, schreibt uns P. Joseph O.F.M.Cap., „ist die bedeutendste Hindustadt in der Apostol. Präfektur Bettiah. 
Sie zählt 50.000 Einwohner und ist der Sitz vieler reicher Herrschaften. Schwere Hindutürme, worin hässliche Götzengestalten stehen, überragen die Stadt, leichte Kuppeln und Türmchen von Göttertempeln leuchten durch das Grün schlanker Palmen und spiegeln sich in heiligen Teichen, in denen Tausende sich baden.
Von hohen Minaretts prunkvoller Moscheen tönen die Gebetsrufe der Muselmänner. Eine englische Kirche öffnet ihr Tor den Anhänger des Protestantismus. 
Aber kein Glockenton vom Turme eines katholischen Gotteshauses klingt über die Stadt, um die 80 Gläubigen der wahren Kirche Christi zum Gottesdienst zu laden.

Was ist das katholische Gotteshaus in dieser reichen Stadt? Ein armseliges Gelass. Da saß ich eines Abends mutterseelenallein in dem Kapellenzimmerlein und schaute in die indische Nacht. Auf einmal fing es an, sich allerorten zu regen. Unter Tisch und Stuhl hüpften Kröten, Unken quakten in den Ecken, Fliegen und Käfer, Wespen und Bienen, Moskitos und Fledermäuse flogen durch den Raum, und am alten Dachgebälk rasselten schwer die fliegenden Hunde. 
Da dachte in unwillkürlich an den Vers des Psalmes, den der Priester beim Lavabo betet: ‚Herr ich liebe deines Hauses Glanz und den Ort deiner Wohnung‘. 

Doppelt schmerzlich fühlte ich den Gegensatz zwischen der Pracht der Tempel zu Ehren scheußlicher Menschengebilde und dem elenden Kämmerlein, mit dem der Herr der Heerscharen sich begnügen soll. 
Aber auch doppelt schmerzlich ging mir das Elend der Heidenwelt zu Herzen. Da ist doch alles hohl und leer; alles tönt herb wie der Klang des Gong, dumpf wie das Muschelhorn an den heiligen Teichen, spitz und zerreißend wie die kurzen Schläge der Metallinstrumente, die eben ertönten.

Man braucht kein Missionär zu sein, um zu verstehen, wie meine Wünsche nach einem würdigen Kirchlein in dieser Stadt gingen. Von Herzen empfahl ich das Anliegen demjenigen, der mich in dieses Heidenland gesandt, damit ich die frohe Botschaft verkünde. Gott sei Dank, der Grundstein konnte bereits gelegt werden. Wann wird die Stunde schlagen, da das Glöcklein laut jubelnd zum Altar des Gotteslammes lädt? Lieber Leser, du kannst sie rasch herbeiführen.“


(Aus: die katholischen Missionen, 1913)