Samstag, 8. März 2014

Vor 140 Jahren: Inhaftierung des „brasilianischen Athanasius“ im Kampf gegen die Freimaurerei (Teil 1)

Der Diener Gottes Vital Maria Gonçalves de Oliveira O.F.M. Cap.
Wir haben in den katholischen Missionen bereits zweimal über die in Brasilien ausgebrochene Kirchenverfolgung Nachricht gebracht; heute wollen wir diese Angaben vervollständigen und in kurzen Umrissen ein Gesamtbild der kirchlichen Kämpfe im Kaiserreich Brasilien entwerfen.

Den Ursprung und die Veranlassung dieser Verfolgung bespricht in eingehender Weise ein Brief des hochwürdigsten Herrn Bischofs von Olinda (Pernambuco) (Dom Vital Maria Gonçalves de Oliveira), den dieser am 2. August aus seinem Gefängnisse, der Festung S. João in der Bai von Rio de Janeiro, an den hochwürdigsten Herrn Bischof von Buenos Aires gerichtet hat.

Im Allgemeinen gesprochen, ist auch die brasilianische Kirchenverfolgung ein Ring in der Kette all der Bedrängungen und Anfeindungen, mit denen das Freimaurertum der katholischen Kirche zusetzt. 
Die nächsten Veranlassungen zum Angriff waren nach dem oben genannten Brief folgende: Ein Geistlicher in Rio de Janeiro schloss sich der Loge an und hielt an einem Maurerfest ganz im Logenstil eine Rede, die bald auch durch den Druck verbreitet wurde. Sein Bischof, der hochwürdigste Herr Pedro de Lacerda, zog ihn darüber zur Rechenschaft und belegte ihn mit den kanonischen Strafen. 

Auf einmal waren alle Logenmänner in rührigster Tätigkeit. Die beiden Hauptlogen in Rio de Janeiro, die bisher gegenseitig sich angefeindet hatten, versöhnten sich, wie dereinst Herodes und Pilatus; die Freimaurerpresse eröffnete einmütig einen wütenden Kampf gegen alle Einrichtungen und Lehren der katholischen Kirche, plötzlich tauchte eine Anzahl Blätter auf, die nach den Absichten des Geheimbundes das Volk bearbeiteten und „öffentliche Meinung“ machten.

Nach diesen Einleitungen legte man es geradezu darauf ab, Schritte und Erklärungen der Bischöfe gegen die Loge hervorzurufen. Am 29. Juni 1872 wurde zur festlichen Erinnerung an die Gründung einer Freimaurerloge in der Kirche des Apostelfürsten Petrus zu Pernambuco eine Messe verlangt und alle „Brüder“ (d.h. Freimaurer) eingeladen.

Der Bischof Vital Antonio Gonçalves de Oliveira aus dem Kapuzinerorden, der erst am 24. Mai seinen feierlichen Einzug als Bischof gehalten hatte, untersagte natürlich eine solche Feier und die Geistlichkeit stand fest und treu zu ihrem Oberhirten. Die Loge wiederholte dasselbe Manöver am 3. Juli. Es folgte das gleiche Verbot des Bischofs und der gleiche Gehorsam des Klerus. 

Nun entlud sich der Hass der Geheimbündler von neuem gegen die Kirche, besonders wurde die Andacht zur Gottesmutter und diese selbst in frechster Weise verhöhnt. 
Der sorgsame Oberhirte empfahl den Pfarrern, die Gläubigen durch Predigt und Unterricht gegen die ausgestreuten Lügen und Verleumdungen sicher zu stellen und durch Gebete die Gotteslästerungen zu sühnen. 

Als Antwort darauf veröffentlichten die Logenblätter die Namen jener, die Freimaurer seien und dennoch in den kirchlichen Bruderschaften als Präsidenten, Schatzmeister und Sekretäre eine hervorragende Stelle einnähmen. Zugleich wurde ein anerkannter Freimaurer und Ungläubiger von reinstem Wasser von einer dieser Bruderschaften zum Präsidenten gewählt. 

Hiermit war, Gottlob, ein wunder Fleck im kirchlichen Leben Brasiliens bloßgelegt. Schon seit geraumer Zeit hatten nämlich die Männer von Kelle und Schurzfell, angelockt von den reichen Geldmitteln der kirchlichen Bruderschaften, welche diese zur Erhöhung der kirchlichen Festfeier und zu umfassenden Wohltätigkeitszwecken durch die Beiträge der Mitglieder und frommen Vermächtnisse zuflossen, sich in die Bruderschaft aufnehmen lassen und arbeiteten so gewissermaßen im Inneren der Kirche selbst an deren Zerstörung. 

Aber der mutige Bischof von Pernambuco griff das Übel in seinem Sitz an. Er befahl durch ein Rundschreiben vom 28. Dezember kraft seiner oberhirtlichen Amtsgewalt den kirchlichen Bruderschaften, diejenigen, die nicht alsbald und öffentlich der Loge abschwören würden, aus dem Bruderschaftsverband unverweilt auszuschließen. Eine dreimalige oberhirtliche Mahnung blieb fruchtlos. 
Da wurde über die widerspenstigen Bruderschaften das kirchliche Interdikt verhängt. 
Ein lichtvolles Hirtenschreiben klärte die Gläubigen über das Vorgefallene auf und wies nach, wie die Teilnahme am Freimaurerbund von jeher und mit vollem Recht durch die strengsten kirchlichen Strafen sei untersagt worden. 
Katholik sein wollen und zugleich Logenbruder – das suchte man in Brasilien ins Leben einzuführen und das erklärte der hochw. Herr Bischof für unvereinbar, für unmöglich.

Wie der Bischof von Pernambuco (oder Olinda) in seinem oben erwähnten Brief hervorhebt, macht das ganze Vorgehen gegen die Kirche in Brasilien den Eindruck eines in den tonangebenden Kreisen längst zuvor abgekarteten Spiels. So verklagten denn die Bruderschaften beim Präsidenten der Provinz Pernambuco den Bischof wegen „Missbrauch der Amtsgewalt“. Dieser übermittelt die Anklage den Staatsrat nach Rio de Janeiro. Der Staatsrat findet das Benehmen der Bruderschaften ganz in Ordnung, entrüstet sich höchlichst über den Bischof, der die Maurerei, „diesen ganz unschuldigen und nur für Wohltätigkeitszwecke gegründeten Verein“, verurteile, und befiehlt ihm, sein Interdikt zurückzunehmen, sonst würde die kaiserliche Regierung die kirchlichen Strafen für null und nichtig erklären. 
Das Alles verordnete der Staatsminister wahrscheinlich in getreuer Erfüllung seines Eides, die katholisch-apostolisch-römische Religion aufrechterhalten zu wollen. 

Kaiser Pedro II. von Brasilien

Dieses Dekret, vom Kaiser Dom Pedro II. unterzeichnet, wurde dem Bischof am 22. Juni 1873 zugestellt. Am gleichen Tag erhielt er ein Breve des heiligen Vaters, in dem seinem Benehmen die vollste Billigung ausgesprochen und namentlich auch die brasilianische Freimaurerei verurteilt wurde.

Sel. Papst Pius IX.

Das Auftreten des Bischofs von Pernambuco und dieses päpstliche Breve rief nun den gesamten Episkopat von Brasilien zum Kampf gegen das um sich greifende Übel auf. Und sie haben sich in apostolischer Entschiedenheit und Festigkeit bewährt.
Durch die fast unermesslichen Landstrecken Brasiliens erschollen die Hirtenworte der Bischöfe und fanden allenthalben unter den Gläubigen ein freudiges und glaubensvolles Echo. Die Geistlichkeit erhob sich und sprach in begeisterten Ausdrücken ihre Anhänglichkeit und Treue gegen die Bischöfe aus, die Gläubigen vereinten sich zur Gründung katholischer Vereine, um kirchliches Leben und kirchliche Anschauungen in alle Kreise zu tragen. Die Worte der Bischöfe fanden auch in der Loge ihren Widerhall und in den von ihr angesteckten und so entarteten Bruderschaften, freilich in ganz anderer Weise – nun, die Maske fiel und das war gut. Die Antwort, die sie z.B. in den rohen Pöbelexzessen von Pernambuco gaben, haben wir bereits früher berichtet.

(Aus: die katholischen Missionen, 1875)

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