Papst Pius XI. bei der Einweihung des neuen Campus der Päpstlichen Universität Urbaniana. Anwesend sind Kleriker (wohl Seminaristen) aus verschiedenen Missionsländern |
Fortsetzung von hier
(…) Ich
schließe. Mein Blick schweift zurück zum Areopag in Athen. Dort steht der große
Völkerapostel Paulus vor den Vertretern der heidnisch-griechischen Kultur. Er
gibt Zeugnis von der Pflicht der Missionierung des ganzen Erdkreises durch
Boten Christi. Er ist sich bewusst, dass die Erfüllung dieser Pflicht auch
durch reiche Erfolge in der Zukunft belohnt werde. Denn er glaubt an den Sieg
des Kreuzes Christi. Zwar führt sein jetziges Auftreten in Athen nur wenige aus
der Zuhörerschar der Kirche Christi zu. Aber, durch seinen Meister belehrt,
weiß er, dass die Missionsarbeit in Christi Namen, für Christi Reich, durch
Christi Kraft vollzogen , nach und nach die ganze Welt erobern wird.
Einen
Widerhall dessen, was Paulus damals hinsichtlich der Missionspflicht darlegte
und hinsichtlich der Missionspflicht darlegte und hinsichtlich der Missionserfolge
voraussah, erlebte ich in Rom in der Peterskirche bei dem großen Missionsfest
zu Pfingsten 1922. Der welterobernde Erfolg der Missionsarbeit der Kirche trat überwältigend
vor mein Auge. Wohl 80.000 Menschen aus der ganzen Welt waren zu diesem Missionsfest
im Petersdom zusammengeströmt. 250 Bischöfe aus allen Erdteilen waren hier
versammelt. Neben mir zur Rechten saß ein schwarzer Bischof aus Südindien,
neben mir zur Linken ein Bischof aus Kanada und vor mir ein Bischof aus
Australien.
Thomas Kardinal Tien S.V.D., der erste Kardinal Chinas und wahrscheinlich der erste Kardinal der Neuzeit, der aus dem Heidentum konvertierte. Er wurde erst im Alter von 11 Jahren getauft. |
Alle diese Söhne und Töchter der verschiedenen Völker und Nationen
des Erdkreises, Bischöfe, Priester und Laien, sind seit den Tagen des Herrn in
ihren Vorfahren, manche erst in ihren Vätern, wieder andere sogar erst jüngst
durch die Missionsarbeit zu Jüngern Christi, zu Gliedern seiner Kirche, zu
Schäflein in der einen Hürde unter dem einen obersten Hirten gemacht worden.
Sie sind die Abgesandten von mehr als 250 Millionen Katholiken auf dem ganzen
Erdball. Sehen Sie da den gewaltigen Erfolg der Missionsarbeit, die Paulus vor
fast 1900 Jahren auf der Hochburg der heidnisch-griechischen Kultur begann.
Das
Papstamt im Petersdom beginnt. Nach dem Evangelium besteigt der Hl. Vater die Cathedra,
die in der Apsis in der Peterskirche hinter dem Hochaltar für ihn aufgerichtet
ist. Er spricht von der Missionsarbeit der Kirche. Durch die Jahrhunderte
schreitend bringt er in Erinnerung die gewaltigen Leistungen, welche die
katholische Kirche in den Heidenländern für Christi und sein Reich und für das
Seelenheil der Heiden vollbracht hat. Sein Auge leuchtet, als er von den
Großtaten der Missionare und Missionarinnen in den Heidenländern der
Vergangenheit und der Gegenwart berichtet. Seine Bewegungen werden lebhafter,
als er zu sprechen kommt auf das, was insbesondere auch die Propaganda in Rom
in den 300 Jahren ihres Bestehens für die Missionierung der Heidenwelt getan
hat. Seine Stimme wird stärker und eindringlicher, als er vor dem geistigen
Auge der um ihn gescharten Kardinäle und Bischöfe, Priester und Laien die
großartigen Gesamterfolge der Missionsarbeit der Kirche erstehen lässt.
Jetzt
wendet sich der Papst den weiten Länderstrecken zu, die noch in Finsternis und
Todesschatten liegen. Er spricht von der furchtbaren Verantwortung, die auf
ihm und den Bischöfen und den Priestern und dem gesamten katholischen Volke
lasten für das Seelenheil dieser ungezählten Millionen Heiden. Und je mehr
der Heilige Vater sich vertieft in die Betrachtung dieser Seelennot des größten
Teils der Menschheit und je mehr er die dieser Seelennot gegenüberstehenden
Missionspflicht der Kirche ermisst, desto bewegter wird seine Stimme, desto
wärmer schlägt sein Herz, desto mehr füllen sich seine Augen mit Tränen, sodass
er Mühe hat, der Wehmut und Rührung Herr zu werden.
Wie
Feuerfunken sprühen die Worte des Papstes in die Herzen der um ihn versammelten
Kardinäle und Bischöfe, Priester und Laien, seine apostolischen Gedanken, sein
glühender Seeleneifer, seine tiefgehende Bewegung teilen sich ihnen mit
überwältigender Wirkung mit. Alles steht unter der Wucht des Gedankens: Die
Missionsarbeit ist für uns alle eine heiligste Pflicht und schwerste
Verantwortung.
Der Papst
stimmt das Credo an. Die versammelten Kardinäle und Bischöfe beten es alle mit
ihm, und die den weiten Petersdom füllenden 80.000 Christen bekennen im Herzen
dasselbe, was der Papst mit den um ihn gescharten Bischöfen des Erdkreises mit
Herz und Mund bezeugt. Was war das doch für ein unvergessliches Erlebnis! Diese
sichtbare Darstellung der einen heiligen, katholischen und apostolischen
Kirche! Alle, die aus dem ganzen Erdenkreis hierher zusammen kamen, bekennen
sich überzeugungsvoll zu demselben katholischen Glauben in allen seinen
Einzellehren, zu demselben katholischen Sittengesetz in allen seinen
Einzelsatzungen, zu demselben heiligen Tugendstreben nach dem Beispiel Christi
und der Heiligen, zu derselben großen Allgemeinheit der unter dem Papst und den
Bischöfen stehenden Gläubigen, und jeder der hier anwesenden Bischöfe besitzt
den Adelsbrief seiner Abstammung von einem der Apostel. Aus dem Munde der aus
den verschiedenen geistlichen Kollegien Roms gebildeten Schar von 900 Sängern,
die die Pfingstmesse nach den Choralmelodien der Vaticana vortragen, dringen
jetzt die Worte an unser Ohr: „et unam
sanctam, catholicam et apostolicam ecclesiam – ich glaube an die eine,
heilige, katholische und apostolische Kirche.“
Herz und
Auge wird beim mächtigen Klang dieser Worte unwillkürlich emporgehoben. Ich schaue
nach oben. Über uns wölbt sich die gewaltige Kuppel, die Michelangelo in kühnem
Wagen in die Lüfte hinauf getürmt hat. Am unteren Rand dieses Riesenbaus lese
ich in schwarzen Lettern auf goldenem Grund das Wort des Herrn: „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo
ecclesiam meam et portae inferi non praevalebunt adversus eam – Du bist
Petrus der Fels, und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen, und die
Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“
Niemals in
meinem Leben ist mir mit größerer Deutlichkeit und Wucht die gewaltige Größe
der katholischen Kirche zum Bewusstsein gekommen – jener Kirche, die wahrhaft
die ganze Welt umspannt, die in ihrer Einheit, Heiligkeit, Allgemeinheit und
apostolischen Nachfolge vor den Augen der ganzen Menschheit emporragt als „der
Berg des Hauses des Herrn, fest gegründet auf dem Gipfel der Berge und erhöht
über die Hügel. Und alle Völker werden zu ihm strömen und die Völker werden
hinwallen und sprechen: kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berge des Herrn und
zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns seine Wege lehre und dass wir auf
seinen Pfaden wandeln, denn von Sion wird das Gesetz ausgehen und das Wort des
Herrn von Jerusalem.“ (Is. 2,2-3)
Für eine solche Kirche leben und
arbeiten, auch als Laienapostel, auf allen Gebieten der Gottes- und
Nächstenliebe, in der katholischen Stadt, im katholischen Dorf, aber auch in
der Heidenmission oder für die Heidenmission, durch gutes Beispiel, durch
christliche Kindererziehung, durch Gaben und Spenden, seien sie auch noch so
klein; dieser Kirche durch die Missionsarbeit in Erfüllung der Missionspflicht
immer größere Scharen von Menschen zuführen: das ist wahrhaft „das göttlichste
aller göttlichen Dinge“. Das ist das Hehrste und Erhabenste, was wir für Gott,
für Christus, für das Heil der Menschen tun können.
Dieser Kirche wollen wir
heute Abend wiederum unsere Treue und unsere Mitarbeit geloben, von ihr wollen
wir nicht wanken und weichen, ihr gehört unser Verstand und unser Wille und unser Herz und unsere Tat. So lasst uns
denn frohbewegt und begeistert einstimmen in das Lied, das uns schon von Jugend
auf lieb und teuer geworden ist, in das Lied:
„Fest soll mein Taufbund immer stehn, ich
will die Kirche hören.“
(aus: die
katholischen Missionen, 1925)
Gesegnete Ostern!