Sonntag, 24. August 2014

Gottes Segen des Missionärs Trost

Neulich brachten diese Blätter eine Illustrierung der von allen Theologen geteilten Ansicht, Gott wisse Mittel und Wege zu finden, um Heiden, die nach bestem Wissen und Willen handeln, zur Gnade zu verhelfen, müsste er selbst ein Wunder dazu wirken (siehe hier). Einen weiteren Beleg für diese tröstliche Wahrheit bieten zwei Tatsachen, die der Karmeliterpater Gereon aus Verapoly (Vorderindien) unter dem Titel „Gottes Segen des Missionärs Trost“ an die „Katholischen Missionen“ berichtet.

„Es war in den Monaten April und Mai des Jahres 1907“, schreibt der Missionär, „dass die Blattern in der Stadt Kottayam und Umgebung schrecklich wüteten. Viele Heiden und Christen fielen ihnen zum Opfer. Da gab es denn Arbeit in Hülle und Fülle für die Missionäre, und mehr als einer hat sich in der kurzen Zeit die Gesundheit für immer untergraben.

Ein treuer Gehilfe des Missionärs in der Umgegend von Kottayam war der Karmeliterbruder Rochus. Ohne Furcht vor Ansteckung pflegte er täglich die Spitäler und Häuser mit Blatternkranken zu besuchen und die Toten zu begraben. Zu Katholiken und Protestanten, Jakobiten (d. .h. Malankarisch-Orthodoxen) und Heiden drang er vor und ermahnte alle, sich auf den Tod vorzubereiten. Seine Arbeit ward oft mit auffallenden Bekehrungen belohnt.

Eines Tages besuchte er einen priesterlichen Freund, der ebenfalls an den Blattern darniederlag. Auf der Heimfahrt, die er auf einem kleinen Kahne machte, kam ihm plötzlich der Gedanke: ‚Du hast heute noch keine Seele bekehrt. Du solltest es doch in dieser Gegend versuchen.‘ Sofort lässt der Bruder den Kahn halten, steigt aus und nimmt seinen Weg durch einen großen Kokospalmgarten. Und siehe da, in der Ferne unter den Palmen erblickt er ein sonderbares Blätterdach, nur so weit über den Boden erhoben, dass ein Mensch darunterkriechen kann. Er geht hin und findet unter dem Dach ein heidnisches, von den Blattern ganz entstelltes Weib. Aber kaum hatte die Frau den Bruder bemerkt, als es wie ein Lächeln über ihr Antlitz ging. Mit der letzten Kraft hauchte sie: ‚Ich will katholisch werden, ich will getauft werden.‘ Zögern war hier nicht am Platz. Der Bruder unterrichtete sie in den wichtigsten Wahrheiten und taufte sie. Nach ein paar Stunden befand sich die Seele in der glückseligen Ewigkeit – War das alles Zufall?

Noch ein Beispiel von Gottes Fügung.

Es war am Karfreitag 1909 in Ernakulam (Verapoly). Eine Frau aus der Kaste der Palmbesteiger, die wir nicht kannten, begehrte schon lange nach der heiligen Taufe, aber es standen große Hindernisse von Seiten der Familie und der Kaste im Wege. Da sie durch Umgang mit katholischen Frauen ziemlich genau die Lehren des heiligen Glaubens kannte, sah sie klar die Notwendigkeit der heiligen Taufe ein und lebte somit in großer Angst um ihre ewige Seligkeit. Täglich flehte sie zur allerseligsten Jungfrau um die Gnade, sie doch nicht im Heidentum sterben zu lassen.

Die arme Frau wurde krank. Ohne Erfolg bat sie ihre Tochter, eine Heidin, doch einen katholischen Priester zu rufen. Die junge Heidin blieb den innigen Bitten ihrer Mutter gegenüber gefühllos. Was tun? Sie konnte nicht aufstehen und zum Missionär gehen, noch hatte sie jemand anders zur Hand als ihre Tochter, der ihren Wunsch hätte erfüllen wollen. Sie probierte nun das letzte Mittel, das ihr zu Gebote stand. Ihre Kräfte zusammenraffend, rief sie mit lauter Stimme, damit man es draußen auf der Straße hören könnte. ‚Ich will Christin werden! Ich will Christin werden!‘ Einige Katholiken hörten die verzweifelten Rufe und eilten zum Karmeliterkloster. Ein Pater machte sich schnell auf den Weg zur kranken Frau. Nach Art der Katholiken empfing sie den Missionär mit dem Gruß: ‚Gelobt sei Jesus Christus‘ und bat innig, sie doch sofort in die Kirche aufnehmen zu wollen. Dieser fand, dass eine lange Vorbereitung hier unnötig sei. Zwar widersetzte sich die Tochter energisch dem Wunsch der Mutter; aber diese hörte nicht auf das Flehen ihres Kindes. Mit inniger Andacht empfing sie das heilige Sakrament, und sie pries Gott, dass er ihr durch die Krankheit zum höchsten Glück verholfen habe.
„Wahrhaftig, Gottes Segen des Missionärs Trost!“

(Aus: die katholischen Missionen, 1912)