Freitag, 24. April 2015

Große Missionsbischöfe: der „Hammer der Schismatiker“ – ehrw. Anastasius Hartmann O.F.M. Cap., Apostolischer Vikar von Patna und Bombay, päpstlicher Thronassistent und römischer Graf (Teil 2)



Fortsetzung von hier

Ein Höhepunkt der Anmaßung der Schismatiker war die versuchte Übernahme der Kirche St.
Michael in Mahim, einem Vorort von Bombay. Der Pfarrer versuchte mit einigen Gleichgesinnten die Übergabe der Kirche an die goanesische Partei vorzubereiten. Als Bischof Hartmann davon erfuhr, begab er sich zu der Kirche, um sie gemeinsam mit einigen treugebliebenen Gläubigen zu besetzen. Selbst die englische Polizei drängte den Bischof auf Räumung seiner rechtmäßigen Kirche. Bischof Hartmann blieb standhaft und es kam so weit, dass die Schismatiker die Türen zunagelten – der Diener Gottes und 24 treue Katholiken aus der Fischerkaste blieben in der Kirche zurück. Es war Palmsonntag. Als die Belagerer merkten, dass noch ein Fenster halb geöffnet war und die Gefangenen noch einigermaßen Kühlung und frische Luft bekamen und ihnen Helfer von außen Wasser herunterließen, nagelten sie auch dieses zu. Dennoch harrten alle aus, auch wenn die Schismatiker anboten, die herauszulassen, die es wünschten. Durch diese Standhaftigkeit verbittert, wollten sie Bischof Hartmann und seine Getreuen ausräuchern. Doch schließlich kam der englische Regierungsvertreter Confield, der die Türen durch die Polizei öffnen ließ und dieser befahl, die Katholiken zu schützen. Das Schlimmste war ausgestanden und die Karwoche konnte dort regulär begangen werden; dennoch musste von nun an die Kirche Tag und Nacht bewacht werden, um einen neuen Stürmungsversuch von Seiten der Goanesen zu verhindern. Das Ende dieses Konflikts war, dass am 25. Juni 1854 die englische Verwaltung vor Gericht den Schismatikern die Kirche zusprach. Bischof Anastasius konnte als Ersatz eine neue Kirche bauen, deren Grundstein er am 10. Dezember 1854 legte. Am selben Tag ging die Nachricht aus Rom ein, dass er von Papst Pius IX. wegen seiner Verdienste zum päpstlichen Thronassistenten und römischen Graf ernannt wurde.

Aber man würde Msgr. Hartmanns Größe schmälern, wenn man nur die Bekämpfung des goanesischen Schismas betrachten würde. Er stand schon zu Lebzeiten im Ruf der Heiligkeit. Seine wirklich franziskanische Lebensweise fand auch Anerkennung bei protestantischen Zeitungen, die die bescheidenen Reisegewohnheiten des Kapuzinerbischofs – er reiste im ungefederten, zweirädrigen Ochsenkarren – mit denen der anglikanischen Würdenträger verglich, die selbstverständlich recht schlecht davon kamen. Wie eifrig er war, sollen nur ein paar Worte aus seiner Lebensregel zeigen: „Ich werde mich ohne Rückhalt dem Heile meiner Herde und der Bekehrung derer widmen, die außerhalb des Weges der Wahrheit sich befinden, und in dieser Absicht werde ich allen Widerstand und alle Gefahren verachten. Ich verlange nichts so sehr, als mein Blut zu diesem Zweck zu vergießen.“

1860 kehrte Bischof Hartmann als Apostolischer Vikar nach Patna zurück und schonte sich ebenso wenig wie zuvor. Auf seinen weitausgedehnten Visitationsreisen (bis zu 800 Meilen in knapp 3 Wochen) blieb er auch nicht von Krankheiten und Verletzungen verschont. Die lange Reisezeit überbrückte er durch Beten. Er war tatsächlich ein großer Beter, der auch in den heißen Mittagsstunden sich nicht schonte und lieber die Zeit in der Kirche vor dem Tabernakel verbrachte. Auch seine Nachtruhe war stark verkürzt: er schlief nur von 0 bis 4 Uhr und opferte oft die restliche Zeit für die monumentale Übersetzung des Neuen Testaments ins Hindi. Später kam auch ein Hindi-Katechismus hinzu.

Bischof Hartmanns Tod kam recht plötzlich, auch wenn er schon zuvor ernste Krankheiten hatte. Er hatte nach einer Erkältung, die er wegen seiner apostolischen Arbeiten nicht auskurierte, Ende April 1866 einen Choleraanfall, knapp ein Jahr nach dem ersten. Dieser aber sollte tödlich verlaufen. Am 24. April ließ er sich von seinem Sekretär P. Anton Maria O.F.M. Cap. mit großer Andacht die Sakramente spenden und verstarb am Abend. Es war das Fest seines Ordensbruders, des heiligen Märtyrers Fidelis von Sigmaringen, der sein Leben für die kirchliche Einheit ließ. In dem letzten von ihm gegründeten Kloster der Englischen Fräulein, etwa drei Wegstunden entfernt, läutete am selben Abend die Klosterglocke von selbst, ohne dass die Schwestern überhaupt von dem Tod ihres Bischofs erfahren hatten. Die Totenfeierlichkeiten fanden größte Anteilnahme in Patna. Es brauchte beim Requiem vier Missionäre, bis schließlich das Dies irae zu Ende gesungen werden konnte. P. Paolo Tosi, Bischof Anastasius Hartmanns Nachfolger, der den Bischof sehr liebte, war der einzige der vier, dessen Stimme nicht vor Weinen versagte. Der Diener Gottes fand seine letzte Ruhestätte in seiner Kathedrale. Bereits seit 1906 ist sein Seligsprechungsprozess eröffnet. Er wird als einer der bedeutendsten Missionsbischöfe der Neuzeit betrachtet.



(Quellen: die katholischen Missionen, 1875, die Weltmission der katholischen Kirche, 1927, Nr. 9/10, Seraphisches Weltapostolat des hl. Franz von Assisi, 1926)