Samstag, 5. November 2016

Zum 5. Sonntag nach Erscheinung


Andächtige Christen!

Das Himmelreich ist gleich einem Sämann, der guten Samen auf seinen Acker streut. Die Kirche steht in den Missionen auf ihrem Eigentum, und wohin sie auch schauen mag, und wohin sie, Samen ausstreuend, gehen mag, sie ist stets auf ihrem Acker. In Wahrheit kann und muss sie bekennen: „Die Welt ist mein Feld.“

Sagte nicht der Heiland zu denen, die er zum Ausstreuen des göttlichen Samens bestimmt hatte: „Gehet in alle Welt und verkündet das Evangelium jeglicher Kreatur“? Zu allen Menschen, für das Heil aller Völker bin ich in die Welt gekommen, und „wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Gehet hin in alle Welt!“

Von Ewigkeit her war es so bestimmt, denn also sprach der Vater zum göttlichen Gründer und Haupt der Kirche: „Mein Sohn bist du, bitte von mir, und ich will dir die Völker zum Erbteil geben und zu deinem Besitztum die Grenzen der Erde.“ „Bitte von mir“, so sprach der ewige Vater; und der Sohn hat gebeten in heißem Flehen und Ringen, und er ist erhört worden, und die ganze weite Welt ist ihm zum Besitztum gegeben worden. Er ist erhört worden, und um alles an sich zu ziehen, hat er den blutigen Thron des Kreuzes bestiegen, und gleichsam um seine Eigentumsrechte geltend zu machen, spannte er seine Arme weit aus. Alles wollte er mit seiner Liebe und Gnade umfassen, die ganze Welt und alle Völker und jede Seele. Nicht auf dem Berge der Versuchung, wo der Teufel an ihn herantrat und zu ihm sprach: „Dies alles will ich dir geben …“, sondern auf dem Berge des Kreuzes wurde ihm alles übergeben, wurden wir und alle Völker der Erde ihm in die Hände geschrieben als sein Erbgut, als sein Eigentum, als sein Ackerfeld.
Auf diesen Acker sandte er seine Kirche, und deshalb ist das Missionsfeld, das den ganzen Erdkreis umfasst, rechtliches Erbgut unserer heiligen Kirche. Darum sehen wir auch ihre Sämänner in allen Ländern. Alle Völker sollen das Heil Gottes schauen, alle sollen den Samen des Evangeliums in sich aufnehmen; er soll heranwachsen und Früchte der Heiligkeit und Gerechtigkeit hervorbringen.

Andächtige Christen!

Es ist ein Bild voll Macht und Majestät, das uns beim Anblick des großen katholischen Missionsfeldes geboten wird, und ein Gebet ringt sich von unseren Lippen: dass allen Inseln und Ländern, allen Tälern und Höhen ein Sämann erstehe, der ihnen guten Samen des Heiles bringen.


(Aus: Robert Streit O.M.I.: Missionspredigten, Herder, 1913)

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