Dienstag, 1. November 2022

Zum 125. Jahrestag der Ermordung von. P. Nies und P. Henle S.V.D. (Teil 1)

Dieses Jahr jährt sich zum Fest Allerheiligen die Ermordung der ersten Märtyrer der Gesellschaft des göttlichen Wortes, P. Franz Xaver Nies und P. Richard Henle, zum 125. Mal. Die Folgen ihres Todes reichten weit über die Grenzen der Mission der S.V.D. in Südschantung hinaus und machten die Mordtat zu einem der bedeutendsten Ereignisse in der jüngeren Geschichte Chinas.

Werdegang der Patres Nies und Henle

Pater Franz Xaver Nies wurde am 11. Juni 1859 in Rehringhausen, heute Ortsteil von Olpe, geboren und trat 1879 in Steyl ein. Kurz nach seiner Priesterweihe im Jahr 1885 reiste er in die Mission nach Südschantung, wo er sich durch seine stille, demütige und fromme Art auszeichnete. Besondere Liebe zeigte er zum allerheiligsten Sakrament des Altares. So schrieb er am 15. September 1890 von einer Missionsstation: „Ich werde hier den Oktobermonat zubringen, weil ich das Allerheiligste hier aufbewahren kann. Zum ersten Mal in meinem Leben, dass ich das Glück habe, den lieben Heiland Tag und Nacht in meiner Obhut zu haben. Ob es Ihm aber bei mir gefällt, weiß ich nicht. Ich will übrigens gerne alles tun, um Ihm Freude zu machen.“ Im Jahr 1892 erlitt er auf einer Reise eine schwere Armverletzung, die ihn über zwei Monate dienstunfähig machte und bleibende Schäden hinterließ. Kurz vor seiner Ermordung entging er knapp einem Anschlag auf sein Leben. P. Nies hatte bereits früh um die Gnade des Martyriums gebetet, sah sich aber vor Gott als unwürdig an.

Pater Richard Henle wurde am 21. Juli 1865 in Stetten bei Haigerloch geboren und galt bereits als Kind als sehr gewissenhaft in religiösen Dingen. Als 14-jähriger wurde er durch die Steyler Kinderzeitschrift „Schutzengel“ auf Arnold Janssens Gründung aufmerksam und trat im Jahr 1880 dort ein. Im Juni 1889 wurde er vom späteren Kölner Kardinal Anton Fischer zum Priester geweiht und zog drei Monate später, am 15. September, nach China aus. „Wie glücklich bin ich in China! Es ist ein schönes Leben, so als Missionar zu arbeiten. Ich bin stets wohl und gesund. Stets bin ich zu Pferde, heute da, morgen dort.“ So schrieb er nach Hause. Was das einzige Kind seinen betagten Eltern auch später nicht schrieb, waren die vielen Gefahren, denen er ausgesetzt war, sowohl durch die fremdenfeindlichen Einheimischen als auch durch Krankheiten oder sonstige Umstände des Missionslebens. Sein Mitbruder, der spätere Bischof Augustin Henninghaus, schrieb über ihn nach seinem Tod: „P. Henle war eine so liebenswürdige, edle Seele, wie man sie nur selten trifft. Welche Liebe er mir damals erwiesen, werde ich nie vergessen. Wenn ich auf Reisen gehen musste, ging er Stunden weit mit, nur um mir eine Freude zu machen, und wenn er die Zeit meiner Ankunft wusste, so kam er mir Stunden weit entgegen. (…) Das letzte Mal sah ich meinen alten Freund bei Gelegenheit des bischöflichen Namensfestes. Er kam, nachdem er schon einmal Abschied genommen, noch einmal zu mir, um mir zum letzten Mal die Hand zu drücken. Ich war schon am Brevierbeten. Er reichte mir die Hand und sah mich dabei so lange und eindringlich an, als hätte er etwas auf dem Herzen. Es wurde mir dabei, ich weiß nicht warum, so eigen zu Mute, dass ich den Eindruck den ganzen Abend nicht verwinden konnte.“

Die Tat

Pater Henle wurde vor Allerheiligen 1897 von seinem Untergebenen, Pater Georg Stenz, um einen Besuch auf dessen Missionsstation Zhang Jia („Tschandtjadschuang“ in alten Schriften der S.V.D.) gebeten. Henle und Nies kamen und die drei übten am Abend des Allerheiligenfestes noch das Requiemamt ein, bevor sie gegen 22 Uhr zu Bett gingen. P. Stenz hatte seinen Gästen sein Zimmer überlassen und schlief im Pförtnerzimmer, was ihm das Leben retten sollte. „Plötzlich stürmen“, so P. Erlemann in einem Brief, „zwanzig und mehr Kerle über die niedrige Hofmauer aus Lehm, verteilen ihre Posten und suchen in die Priesterwohnung einzudringen. Als aber die Türe nicht nachgab, stießen die Unholde die Fenster ein und fielen dann in beispielloser Wut die beiden Herren mit Messern an, ohne vorher (wegen der Herausgabe des Geldes) Unterhandlungen anzufangen, wie es bei Raubanfällen immer geschieht. Herr Nies, der sehr kräftig war und sich wohl gehörig zur Wehr setzte, erhielt dann im Nu zehn und mehr sehr tiefe Messerwunden (…) Als Herr Henle den Herrn Nies so angefallen sah, rief er laut: ‚O, tötet doch nicht‘, und eilte auf ihn zu, und nun erhält auch er eine Anzahl tödliche Stiche in Brust und Unterleib; er greift dann wohl nach dem Messer, und es werden ihm beim Zurückziehen desselben Fast alle Finger der beiden Hände durchschnitten. Dann sinken sie beide übereinander hin und aus beider Wunden bildete sich um sieh eine große, schreckliche Blutlache. Die Unmenschen hatten ihr Werk vollbracht; sie rafften in Eile, was ihnen in die Hände fiel, zusammen und machten sich im Dunkel der Nacht davon. Das Ganze hat, wie Herr Stenz erzählt, nur die Zeit von etwa 10 Minuten gedauert. Herr Stenz beeilte sich, aus seinem Versteck zu kommen, und nun sah er das Greuliche, was geschehen war; schnell absolvierte er beide und erteilte ihnen die hl. Ölung, wobei Herr Henle ihm noch freundlich zunickte. Herr Nies gab weniger bestimmte Lebenszeichen. Herr Henle lebte dann noch annähernd 10 Minuten und lag noch lange wie lebend mit einem entschlossenen und ruhigen Ausdruck da. Herr Nies aber, der an der Brust sehr tiefe Wunden hatte, behielt auch im Tode noch den Ausdruck des Schmerzes, den ihm diese Wunden aufgedrückt.“

Der Mordanschlag galt eigentlich dem „Langbart“, wie die Mörder P. Stenz nannten, als sie erkannten, dass ihre beiden Opfer fremde Priester waren. P. Stenz war schon früher nur knapp einem Mordversuch entgangen.

Fortsetzung hier

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