Sonntag, 22. Januar 2012

Besuch am Grabe des hl. Märtyrers P. Peter Chanel auf der Insel Futuna


St. Peter Chanel


Ein heiliger Missionar, den ich besonders verehre, der allerdings nur wenig bekannt ist, ist der heilige Pater Pierre Louis Chanel. Zunächst war er Pfarrer in Crozet, einem Dorf nahe Genf, dessen Einwohner durch den starken Einfluss des Kalvinismus in der Region vom Glauben nicht mehr viel wissen wollten. Dieser Teil seines Lebens weist interessante Parallelen zum Wirken des Hl. Pfarrers von Ars auf. Durch seine große Sehnsucht nach den Missionen schloss er sich den Maristen an, um auf der Südsee-Insel Futuna (Teil des französischen Übersee-Gebiets Wallis und Futuna) als Missionar zu wirken. Er lebte dort einige Jahre zusammen mit einem der zwei Könige (siehe Text) und starb den Martertod, nachdem die engsten Vertrauten des Königs ihren Einfluss schwinden sahen und beschlossen, sich an dem Vertreter der fremden Religion zu rächen. 1954 wurde er von Papst Pius XII. heiliggesprochen. Der folgende Text beschreibt eine Wallfahrt von Maristenpatres nach Futuna, wo sich schon kurz nach dem Tod von P. Chanel fast die gesamte Bevölkerung bekehrte.

Gewiss werden sich unsere Leser noch an die kleine Insel Futuna erinnern, den Schauplatz des so glorreichen heil. Lebens und Leidens des ersten Märtyrers der Südsee, Peter Ludwig Maria Chanel S.M., und mit Freuden der Einladung folgen, in Begleitung eines Mitbruders des Seligen (Anm. Pater Chanel war damals noch nicht kanonisiert), des P. E. Thomas, eine kleine Wallfahrt nach der heiligen Stätte zu unternehmen.

„Endlich“, so schreibt derselbe, „kam auch Futuna in Sicht, das vom Blut unseres glorreichen Mitbruders betaute Eiland. Unsere Herzen schlugen schneller, als wir in der Ferne seine schroffen Felszacken vor uns aufsteigen sahen. Wir wurden von den guten, heute fas ganz katholischen Insulanern aufs Herzlichste empfangen. In brüderlichen Gesprächen Mit P. Quibilier, dem Missionär von Sigawe, wo wir landeten, verstrich die Nacht. In der Frühe des anderen Morgens schlugen wir über Alo den Weg nach Poï (der Stätte des Martyriums) ein. In Alo empfing uns der alte Musulamu, einer der Mörder P. Chanels, und bewirtete uns mit einem Festgericht von gebratenen Schweinen und anderen Speisen.
Musulamu ist gegenwärtig der König dieser Seite der Insel; denn wie Sie wissen, hat Futuna zwei voneinander unabhängige Könige, den von Sigawe, ‚der König der Besiegten‘, und den von Alo, ‚den König der Sieger‘.
„Während wir dann an den wild zerrissenen Berghängen, die uns von Poï trennten, hinanstiegen, steuerte der Duchassault (das französische Kriegsschiff, das die Missionäre gebracht) seewärts um die Insel, um auch seinerseits die Wallfahrt zu machen, und legte sich gerade im Angesicht der schönen Wallfahrtskirche vor Anker. Dieselbe erhebt sich in der Nähe von Poï genau auf der Stelle, wo der Selige am 28. April 1841 gemartert wurde. Die gefährlichen Riffe, welche rings die Ufer der Insel einfassen, machen das Landen für größere Schiffe fast untunlich. Das war der Grund, weshalb wir den beschwerlichen Landweg über Alo eingeschlagen hatten. Ein zweistündiger angestrengter Marsch über diese steilen Berghöhen, mit nüchternem Magen und unter den Strahlen der Tropensonne, und das alles nach einer Fahrt, die uns mit den traurigen Wirkungen der Seekrankheit gründlich bekannt gemacht hatte, — das hieß sterben vor Durst und Ermüdung. Aber wir wollten nun einmal um keinen Preis auf das Glück verzichten, am Grabe unseres Seligen die heilige Messe zu lesen.
Endlich um 9 Uhr morgens erreichten wir unser Ziel. Ich will Ihnen nicht lange erzählen, was wir in Poï gesehen haben. Gesehen haben wir wenig, aber umso mehr gefühlt. Das Herz hatte hier zu tun, weniger das Auge. Nur einige Stunden waren uns an der geweihten Stätte vergönnt, und doch — wie viel hatten wir dem Seligen zu sagen und von ihm zu erbitten! Sie haben früher eine Abbildung der achteckigen Wallfahrtskirche (Jahrgang 1890) gesehen, welche P. Quiblier, der Nachfolger des sel. P. Chanel, zu Ehren des Seligen errichtet hat.
Was für ein frommer, liebenswürdiger Mitbruder! Die Kirche ist in ihrer Art ein Meisterwerk der Baukunst und des guten Geschmacks. Einen solchen Bau an einem einsam gelegenen Orte, acht Stunden von der Residenz des Paters entfernt, aufzuführen, war ein wahres Kraftstück. Gott weiß, welch unsägliche Geduld dazu erforderlich war. Aber wie gut man hier beten kann! Man fühlt sich wie im Familienkreis, da der Selige ja uns Maristen und Missionären doppelt und dreifach ein Bruder ist. Während der zweiten heiligen Messe des P. Olier gab der Duchassault zur heiligen Wandlung auf ein Signal hin eine Salve von sieben Kanonenschüssen ab, die an den hohen Bergwänden donnernd widerhallten und gewiss auch im Himmel oben dem Seligen zu Ehren ein freudiges Echo fanden.
„Nun mussten wir wieder von Poï Abschied nehmen. Es geschah mit schwerem Herzen, und mehr denn einmal wandten wir uns auf dem Rückweg wieder um, um einen letzten Blick auf den Ort zu tun, wo wir so gerne ganz geblieben wären.
Wieder ging es die steilen Höhen hinauf, die P. Chanel so oft mit seinem Schweiße benetzt. Es war uns als ob wir seine Fußstapfen noch sähen und in den Lüften einen Widerhall des Ave Maria vernähmen, das fas unaufhörlich für die Bekehrung seiner lieben Futunier von seinen Lippen tönte.“

(Aus: die katholischen Missionen, 1893)

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