Freitag, 3. Februar 2012
Grausamkeiten der Heiden gegen Neubekehrte in China (Teil 2)
Die Gelegenheit, für die erlittene Schmach und Verdemütigung Rache zu nehmen, ließ nicht lange auf sich warten.
Einige Tage nach dem Feste nämlich zeigte der Neophyte seinen Eltern die Absicht an, bald wieder in die Anstalt von Hong Kong zurückzukehren und bestimmte den Tag der Abreise. Die Eltern, weit entfernt, etwas dagegen einzuwenden, trafen sogar die Anstalten für ein kleines Abschiedsmahl, wie es bei der Abreise eines Familienmitgliedes im Land üblich ist.
Als man sich am festgesetzten Tage zum Mahl niedersetzte, war der junge Mann, durch das ihm erzeigte Wohlwollen getäuscht, ganz heiter und aufgeräumt und freute sich, noch einmal im Kreise seiner Angehörigen zu sein.
Er bemerkte nicht den seltsamen, tückischen Zug in den Gesichtern der Anwesenden und wusste nicht, dass eine verruchte Hand ein langsam wirkendes Gift in die Speisen gemischt hatte, die er ahnungslos zum Mund führte. Dann nahm er Abschied von den Seinigen und bestieg, von einem Onkel begleitet, eine Barke, die ihn den Kuang Tong hinunter gen Hong Kong bringen sollte.
Am zweiten Tag begann das Gift zu wirken und veranlasste ein heftiges Erbrechen, das der junge Mann jedoch den Wirkungen der Seekrankheit zuschrieb. Der Schurke von einem Onkel kannte sehr wohl die wahre Ursache; denn er hatte seinen Neffen nur deshalb begleitet, um im gegebenen Augenblick den Leichnam ohne Aufsehen fortzuschaffen.
Das Erbrechen wurde von Tag zu Tag stärker und bösartiger, bis der Arme endlich am siebenten Tag unter heftigen Schmerzen den Geist aufgab. Der elende Mensch, der sich seinen Onkel nannte, nahm den Leichnam, band einen großen Stein an seinen Hals und versenkte ihn, von einigen Mitfahrenden unterstützt, in die Fluten des Kuang Tong.
Das ist keineswegs ein vereinzelter Fall, wie sich die Heiden an Mitgliedern ihrer Familie rächen, welche sich weigern, die heidnischen Religionsgebräuche mitzumachen, sei es, weil sie bereits Christen sind, oder weil sie im Begriffe stehen, es zu werden.
Das Gift spielt überhaupt in China eine große Rolle; es ist das gewöhnliche Mittel, einen Feind, einen Nebenbuhler oder sonst eine missliebige Persönlichkeit aus der Welt zu schaffen.
Will man das Gift nicht selber geben, so genügen einige Piaster, um den rechten Mann dafür zu finden. Ist das Verbrechen geschehen, so schließt die Frucht vor einem ähnlichen Schicksal den Eltern oder Freunden des Opfers den Mund, und niemand wagt es, die Sache vor Gericht zu bringen.
(Aus: die katholische Missionen, 1890)
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