Samstag, 31. März 2012

Der Rosenkranz bei den Südsee-Insulanern


Joseph Mataafa, Oberhäuptling von Samoa, mit Rosenkranz um den Hals


Im Jahre 1837 langten die zwei ersten Missionäre auf den Inseln von Zentral- und Westozeanien, P. Bataillon auf Wallis und der ehrwürdige P. Chanel, dessen Seligsprechung unmittelbar bevorsteht [bereits heiliggesprochen], auf Futuna, mit je einem Laienbruder an. Mit der Sprache noch gänzlich unbekannt, mussten sie anfangs einer direkten apostolischen Tätigkeit sich gänzlich enthalten.
Da sie also zu den Menschen von Gott nicht sprechen, durften, verlegten sie sich um so mehr darauf, zu Gott von den Menschen zu sprechen. Die Waffe des lebendigen Wortes konnten sie nicht gebrauchen, aber die Waffe des Gebetes in Anwendung zu bringen konnte ihnen niemand wehren.
Sie griffen daher als wahre Mitglieder der Gesellschaft Mariä zur mächtigen, unbesieglichen Waffe des heiligen Rosenkranzes, und mit dieser Waffe in der Hand trugen sie einen glänzenden und glorreichen Sieg davon.
Als P. Chanel, dieser ehrwürdige Apostel und Märtyrer, den Rosenkranz in der Hand, die Ortschaften durcheilte und so den Boden seines Arbeitsfeldes mit Ave Marias gleichsam besäte und mit Gnaden betaute, da fragten sich neugierig die Insulaner untereinander: „Was bedeutet denn diese kleine Kette, welche diese Weißen immer in den Händen tragen? Was diese Körner, die stets durch ihre Finger gleiten, und was gar die Worte, welche sie an jemand richten, den man nicht sieht?“ Das waren auch die ersten Fragen, welche sie an die Missionäre richteten, sobald diese anfingen, ihre Sprache zu verstehen.
Die Beantwortung derselben bot den Missionären Gelegenheit, den Eingeborenen die erhabensten Geheimnisse der heiligen Religion auseinanderzusetzen und ihnen die notwendigsten Gebete zu erklären und beizubringen. Die Insulaner fanden Gefallen daran.
Bald verlangten sie auch solche Ketten zu besitzen und fingen an, zuerst in europäischen Melodien, dann aber in ihren langsamen und feierlichen einheimischen Weisen die Gesetze des heiligen Rosenkranzes zu singen.
Der heilige Rosenkranz war damals, wo diese Kinder der Wildnis noch nicht lesen konnten, ihre einziges Buch, so wie er auch ihre erste Predigt und die hauptsächlichste Veranlassung zu ihrer Bekehrung gewesen war.
Aber auch heute noch fährt der heilige Rosenkranz fort, bei den Insulanern seine seelenrettende Tätigkeit auszuüben, und obgleich jetzt Bücher in allen Sprachen der Insulaner vorhanden sind, ist dennoch der Rosenkranz das populärste Buch und der verständlichste Prediger, der beständig, auch wenn die Missionäre schweigen, in Tätigkeit ist und am meisten verlorene Schäflein dem Schafstall Christi zuführt.
Dieser Prediger hat eben das Eigentümliche, dass er nicht allein „pflanzt und begießt“, sondern auch zugleich bewirkt, dass „Gott das Wachstum verleiht“. Man singt ein Gesetz vor dem Unterricht und eines nach demselben. Man singt den Rosenkranz während der heiligen Messe, beim Gang zu den Sterbenden und bei Leichenbegängnissen.
Und was das Schönste ist, allabendlich, wenn das gemeinschaftliche Gebet in der Kapelle verrichtet ist, verfügen sich die einzelnen Familien in ihre Häuser und beten daselbst mit Lauter Stimme je ein Gesetz des Rosenkranzes, indem sie dabei ein Liede singen, welches das betreffende Geheimnis des Rosenkranzes zum Gegenstand hat.
Auf diese Weise üben diese Leute nicht nur einen beständigen lebendigen Rosenkranz, dessen Geheimnisse allmonatlich gewechselt werden, sondern auch ein beständiges lebendiges Apostolat.
Da nämlich die dortigen Häuser keine Mauern zum Abschluss haben und die Ozeanier mit voller Stimme beten und singen, kann man des Abends aus allen Wohnungen weithin die Ave Marias und die frommen Lieder erschallen hören, und so kommt es, dass auch solche, die noch nicht bekehrt sind, vom bloßen Hören der Lieder die Geheimnisse und Gebete der heiligen Religion kennen lernen.
In manchen Kirchen betet man jeden Sonntag alle 15 Geheimnisse des Rosenkranzes, fünf die Männer, fünf die Frauen, fünf die Kinder. Aber auch als Privatandacht wird der Rosenkranz eifrig geübt.
Ein Neubekehrter betete 15 Jahre lang täglich alle 15 Gesetze des heiligen Rosenkranzes für die Bekehrung seiner Frau und beklagte sich manchmal beim hochwürdigsten Bischof Lamaze, dass sein Gebet nicht erhört worden sei. Endlich bei einer seiner letzten Rundreisen sah der hochw. Bischof den betreffenden Neophyten mit seiner Frau, welche nun auch den Rosenkranz um den Hals trug. „Da ist sie nun endlich“, sagte der wackere Katholik; „sie ist getauft; täglich gehen wir zur heiligen Messe und beten gemeinschaftlich in unserer Hütte den Rosenkranz zum Dank für die Bekehrung. Aber nun musst du ihr auch einen größeren Rosenkranz geben; sie hat nur einen kleinen, und sie weiß, dass ich sie auf deinen Rat hin durch den Rosenkranz bekehrt habe.“
Unseren Lesern nicht unbekannt ist sicher auch der durch die Vorgänge auf Samoa berühmt gewordene Häuptling Mataafa.
Derselbe ist Katholik und durch Msgr. Eloy, dem Vorgänger des hochw. Bischofs Lamaze, zum Christentum bekehrt worden. Was man nun immer vom Mataafas politischer Stellung halten mag, er scheint persönlich ein guter Christ zu sein, was derselbe auch schon damit bewiesen hat, dass er bei dem Schiffsunglück zu Apia bei der Rettung der Verunglückten persönlichen und tätigen Anteil genommen hat. „Unser Feind Mataafa zeigte sich höchst edel“, schreibt von ihm der Obersteuermannsgast Fik von der „Olga“. „Er hatte Wachen aufgestellt, dass nicht gestohlen werde, und alle übrigen Kanaken mussten Hilflose retten. Einem Kanaken, welcher, statt Menschen zu retten, sich eine dahertreibende Kiste mit Tabak angeeignet hatte, soll einer der Häuptlinge den Kopf abgeschlagen haben.“
Von diesem Mataafa, der die Feindesliebe so edel übte, berichten die Missionäre, dass er jede Tage seit seiner Bekehrung den ganzen Rosenkranz betet und seit einem Jahr auch täglich den Schmerzhaften Rosenkranz hinzufügt und außerdem de Kreuzweg betet und der heiligen Messe beiwohnt, so oft die Nähe einer Kirche es ihm gestattet.
Man erinnert sich wohl noch, wie vor drei Jahren der hochw. Bischof Lamaze im Namen Sr.Heiligkeit des Papstes Leo XIII. der Königin von Wallis einen äußerst kostbaren Rosenkranz, dessen Körner aus Edelsteinen bestanden, als Geschenk überbrachte.
Der ganz Hofstaat und das ganze Volk war versammelt, als der hochw. Bischof in Begleitung der Offiziere eines französischen Kriegsschiffes denselben der Königin feierlich überreichte. Ehrfurchtsvoll küsste sei das Kreuz und ließ dann in ihrer Umgebung das wertvolle Geschenk von Hand zu Hand gehen. Dieser liebevolle Akt Sr. Heiligkeit hat nicht wenig dazu beigetragen, die Rosenkranzandacht bei den guten Insulanern noch zu vermehren.
Nicht mit Unrecht ist darum der hochw. Bischof und Apostolische Vikar stolz auf seinen Angehörigen, indem er glaubt, dass in dieser Beziehung seine lieben Insulaner eine hervorragende Stelle unter allen katholischen Christengemeinden der Welt einnehmen.
Indessen geben die kindlich Gesinnten Inselbewohner viel darauf, einen großen Rosenkranz zu haben, das sie gewohnt sind, denselben am Hals zu tragen, um sich immer als Kinder Mariä und der wahren Kirche ihres Sohnes zu bekennen.

(Aus : die Katholischen Missionen, 1889)

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