Samstag, 7. April 2012

Die Arbeiterkongregation "Unsere Liebe Frau von den sieben Schmerzen" in Beirut (Teil 2)

Der von dem eifrigen Missionar ins Leben gerufenen Verein erhielt den Titel „Kongregation U.L. Frau von den sieben Schmerzen“. Schon nach zwei Jahren zählte er mehr denn tausend Teilnehmer und wuchs fortan von Jahr zu Jahr.
Ein guter Teil dieser armen Bevölkerung bleibt nur einige Monate in Beirut, um dann anderswo ihr Brot zu suchen oder in die heimatlichen Gebirgsdörfer zurückzukehren. Aber neue Ankömmlinge treten an deren Stelle, sodass jedes Mal bei den Exerzitien ungefähr dieselbe Anzahl neuer Zuhörer und ein gleich fruchtbarer Erfolg zu verzeichnen sind.
Es ist gleichsam eine fortwährende Volksmission an festem Posten. „Gott allein“, bezeugt der unermüdliche Präses der Kongregation, „ist die Unzahl der Bekehrungen bekannt, welche die Gnade in den 25 Jahren, seit denen diese geistlichen Übungen regelmäßig statthaben, vollbrachte.“
Als P. Fiorovich zum ersten Mal vor seiner Zuhörerschaft auftrat, wusste er von der so ungemein wörterreichen und schweren arabischen Sprache nur etwa 200 Wörter. Darum stellte er während seines Vortrags einen guten befreundeten Katholiken, Herrn Nicolaus Comaty, hinter sich, der im Falle der Not den richtigen Ausdruck oder das erforderliche Satzglied einflüstern musste.
Der Hauptmissstand bei diesem System war der, dass der Souffleur zuweilen fehlte. An einem solchen Tag geschah es nun einmal, dass der Pater die Enthauptung des hl. Johannes des Täufers erzählen wollte. Das arabische Wort für Enthauptung wusste er nicht. Was war zu tun? Ohne sich daran zu stören, half er durch einen Gestus nach, der, was er sagen wollte, veranschaulichte. Jedermann verstand ihn, und er bemerkte nicht einmal ein Lächeln bei den Anwesenden.
Natürlich ist der Volksdialekt die einzige Sprache, die in dieser Arbeiterkongregation verstanden wird; auch ihr Direktor spricht keine andere. Die Kraft seiner Beredsamkeit besteht darin, dass er von Herzen zu Herzen spricht. Eines Tages wurde ein anderer junger Pater, der sehr gewandt arabisch sprach, zu einem Vortrag in diesem Verein eingeladen. Sein Stil war rein und fließend.
Nach der Versammlung wollte sich einer von dem Eindruck auf das Volk vergewissern und wandte sich daher an einen Handwerker: „Nicht wahr, heute habt ihr einen schöne Predigt gehört?“ — „Das schon,“ war die Antwort, „aber es war nahhu (Schriftsprache), ich habe es nicht gut verstanden.“ —„Verstehst du den P. Fiorovich?“ — „Ganz gut.“ — „Predigt der gut?“ — „Ja, ja, er predigt besser, als die anderen, er liebt uns Arbeiter eben.“ In der Tat hängt derselbe mit ganzem Herzen an „seinen Kinder“, wie er die Arbeiter nennt.
Aber sie hängen auch an ihm und nehmen von ihm alles, auch eine ernste Warnung, einen öffentlichen Tadel, ein hartes Wort gut auf.
Die Beiruter Arbeiterkongregation hat auch dazu beigetragen, im Orient die Wallfahrten zu den heiligen Orten einzuführen. Unglaublicherweise gingen aus Syrien, das den Toren Jerusalems doch so nahe ist, nur sehr selten Pilger dorthin. P. Fiorovich musste erst den Anstoß geben, indem er alljährlich mit 50-60 Männern die Hauptheiligtümer Palästinas besuchte.
In der heiligen Stadt begaben sich die Beiruter ins Franziskanerkloster zu Casa Nova zu zweitägigen Exerzitien. Dann pilgerte man zu allen heiligen Stätten Jerusalems und der Umgegend, machte öffentlich den Kreuzweg, kam nach Bethlehem und Hebron. Die meisten empfingen während der 18tägigen Wallfahrt täglich die heilige Kommunion.
Auf dem Weg gingen sie in Ordnung zu zwei und zwei und sangen laut auf Arabisch die Litanei vom göttlichen Herzen und die der allerseligsten Jungfrau. „Das ist die Kongregation, das ist P. Fiorovich!“ hieß es, wo die Männer, hinter dem reitenden Pater einhergehend, vorbeikamen, und alles eilte herzu, den frommen Zug zu sehen.

Fortsetzung folgt

(Aus: die katholischen Missionen, 1891)

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