Donnerstag, 24. Mai 2012

Vergiftung eines Christen in China durch seine heidnische Familie

(Aus: die katholische Missionen, 1890)
Die bittere, feindselige Stimmung der heidnischen Bevölkerung gegen das Christentum spiegelt sich recht anschaulich in dem folgenden Schreiben eines der auf der Insel Hong Kong tätigen christlichen Schulbrüder, des Fr. Basil. Marie, Direktor der dortigen Waisenanstalt, an den Generaldirektor des Werkes der heiligen Kindheit.
„Ich erlaube mir, Ihnen folgenden Vorfall mitzuteilen, der wohl im Stand sein dürfte, die Teilnahme der Leser Ihrer Zeitschrift zu erregen.
Unter unseren teuren Kindern befand sich auch ein Jüngling, der bei uns das Schreinerhandwerk gelernt und seit einem Jahre als Gehilfe in unserer Anstalt arbeitete, ein ebenso guter Christ als geschickter Arbeiter.
Obschon er bereits 19 Jahre alt, befiel ihn das Heimweh, und er verlangte dringend nach seinen Eltern, welche auf dem Festland zehn Tagereisen von Hong Kong entfernt lebten. Seit längerer Zeit schon hielt er um die Erlaubnis an.
Endlich gaben wir seinem Drängen, das ja natürlich und gerechtfertigt war, nach. Da seine Abwesenheit wohl zwei Monate dauern konnte, und er die Schwierigkeiten voraussah, in seiner Heimat mitten unter den Heiden und bei seinen Eltern, die eifrige Götzendiener sind, seinen religiösen Pflichten zu genügen, wünschte er vor seiner Abreise noch einmal zu beichten und zu kommunizieren.
Das war eine besondere Gnade und Eingebung von oben, wie sich später zeigen sollte. Unser Neophyte langte bei seiner Familie zu einer Zeit an, wo die Heiden gerade ihr herkömmliches Ahnenfest begingen. Man lud ihn also ein, daran teilzunehmen, den Seelen der Toten Weihrauch zu streuen und auch den übrigen heidnischen Gebräuchen beizuwohnen.
Er erwiderte bescheiden, aber fest, er sei ein Christ, und seine Religion verbiete ihm, dergleichen abergläubische Dinge mitzumachen. Diese entschiedene Erklärung rief großen Unwillen bei der ganzen Verwandtschaft hervor.
Doch hielten sie anfangs ihren Zorn zurück und versuchten es, erst durch Schmeicheleien, dann durch Drohungen ihn zu bewegen, den alten Landesgebräuchen sich zu fügen und dem Verlangen seiner Eltern nachzugeben. Umsonst.
Auf die Schmeicheleien hörte der Neophyte nicht, und auch die Drohungen, die er übrigens nicht so ernst nahm, verfehlten ihre Wirkung. Doch hatte er sich getäuscht, denn die Drohworte waren nur zu ernst gemeint. Aufgebracht durch seine Halsstarrigkeit, wie sie es nannten, und durch die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen, verschworen sich schließlich die Verwandten im Einverständnis mit den Eltern, den standhaften Jüngling gelegentlich aller Stille bei Seite zu schaffen. Sie ließen ihn also vorderhand in Ruhe und drängten nicht weiter.


Die Gelegenheit, für die erlittene Schmach und Verdemütigung Rache zu nehmen, ließ nicht lange auf sich warten. 
Einige Tage nach dem Feste nämlich zeigte der Neophyte seinen Eltern die Absicht an, bald wieder in die Anstalt von Hong Kong zurückzukehren und bestimmte den Tag der Abreise. Die Eltern, weit entfernt, etwas dagegen einzuwenden, trafen sogar die Anstalten für ein kleines Abschiedsmahl, wie es bei der Abreise eines Familienmitgliedes im Land üblich ist.
Als man sich am festgesetzten Tage zum Mahl niedersetzte, war der junge Mann, durch das ihm erzeigte Wohlwollen getäuscht, ganz heiter und aufgeräumt und freute sich, noch einmal im Kreise seiner Angehörigen zu sein.
Er bemerkte nicht den seltsamen, tückischen Zug in den Gesichtern der Anwesenden und wusste nicht, dass eine verruchte Hand ein langsam wirkendes Gift in die Speisen gemischt hatte, die er ahnungslos zum Mund führte. Dann nahm er Abschied von den Seinigen und bestieg, von einem Onkel begleitet, eine Barke, die ihn den Kuang Tong hinunter gen Hong Kong bringen sollte.
Am zweiten Tag begann das Gift zu wirken und veranlasste ein heftiges Erbrechen, das der junge Mann jedoch den Wirkungen der Seekrankheit zuschrieb. Der Schurke von einem Onkel kannte sehr wohl die wahre Ursache; denn er hatte seinen Neffen nur deshalb begleitet, um im gegebenen Augenblick den Leichnam ohne Aufsehen fortzuschaffen.
Das Erbrechen wurde von Tag zu Tag stärker und bösartiger, bis der Arme endlich am siebenten Tag unter heftigen Schmerzen den Geist aufgab. Der elende Mensch, der sich seinen Onkel nannte, nahm den Leichnam, band einen großen Stein an seinen Hals und versenkte ihn, von einigen Mitfahrenden unterstützt, in die Fluten des Kuang Tong.
Das ist keineswegs ein vereinzelter Fall, wie sich die Heiden an Mitgliedern ihrer Familie rächen, welche sich weigern, die heidnischen Religionsgebräuche mitzumachen, sei es, weil sie bereits Christen sind, oder weil sie im Begriffe stehen, es zu werden.
Das Gift spielt überhaupt in China eine große Rolle; es ist das gewöhnliche Mittel, einen Feind, einen Nebenbuhler oder sonst eine missliebige Persönlichkeit aus der Welt zu schaffen.
Will man das Gift nicht selber geben, so genügen einige Piaster, um den rechten Mann dafür zu finden. Ist das Verbrechen geschehen, so schließt die Frucht vor einem ähnlichen Schicksal den Eltern oder Freunden des Opfers den Mund, und niemand wagt es, die Sache vor Gericht zu bringen.



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