Sonntag, 2. September 2012

Das chinesische Kruzifix

Das chinesische Kruzifix

Unser diesjähriges Titelbild (siehe oben) gehört einem Bilderzyklus an, welchen P. Baffeur S.J. für seine chinesischen Neophyten zu veröffentlichen begonnen hat, um ihnen die Hauptgeheimnisse unserer heiligen Religion stets ins Gedächtnis zurückzurufen.
Das Kreuz war stets ein Ärgernis für die Juden und eine Torheit für die Heiden; nirgendwo tritt dies aber klarer hervor als in China.
Als im Jahr 1663 P. Aleni S.J. ein „Leben unseres Heilandes Jesus Christus“ in chinesischer Sprache mit Bildern herausgab, beeilte sich der Obermandarin Jan-Kwang-Sien, ein unversöhnlicher Feind der Christen, das Bild des zwischen den beiden Schächern am Kreuze hängenden Heilands nachdrucken zu lassen und es mit einer schändlichen Schmähschrift gegen den Heiland in Tausenden von Exemplaren durch das ganze Reich zu verbreiten.
Eine blutige Verfolgung wurde dadurch angefacht. Auch heute noch erregt manchmal das Bild des gekreuzigten Heilands den Spott und das Gelächter der heidnischen Chinesen.
P. Baffeur nun hat durch das Bild, das er entworfen, diesen Spott in etwa verhindern wollen, indem er mit dem Kreuz einige der durch den Kreuzestod erzielten Wirkungen darstellt. Zugleich auch bietet dieses Gemälde gewissermaßen die Erklärung zu einem Gebet zu den heiligen fünf Wunden, welches die chinesischen Christen fast täglich zu verrichten pflegen. Die Anrufungen, welche auf den von Engeln getragenen Schriftrollen stehen, lauten:

1. Ich bete Dich an, Wunde der rechten Hand; gib mir Kraft, zu überwinden die Verführungen der Welt, nicht nachzugeben dem Stolz; Herr, rette meine Seele. Vater unser. Gegrüßet seist du, Maria.

2. Ich bete dich an, Wunde der linken Hand; gib mir Geduld, zu besiegen das Leiden, nicht zu verzweifeln im Unglück; Herr, rette meine Eltern, meine Freunde, meine Wohltäter. Vater unser. Gegrüßet seist du, Maria.

3. Ich bete dich an, Wunde des rechten Fußes meines Erlösers; gib mir heiligen Eifer, gute Werke aller Art zu tun und den Himmel zu verdienen; erlöse, o Herr, die armen Seelen im Fegfeuer. Vater unser. Gegrüßet seist du, Maria.

4. Ich bete dich an, Wunde des linken Fußes meines Erlösers; gib mir die Furcht Gottes, dass ich fliehe die Sünde, dass ich nicht stürze in die Hölle; Herr, bekehre die armen Sünder. Vater unser. Gegrüßet seist du, Maria.

5. Ich bete dich an, Wunde des heiligsten Herzens; gib mir die göttliche Liebe, damit ich liebe Gott im Himmel und meinen Nächsten auf Erden; Herr, rette alle meine Feinde. Vater unser. Gegrüßet seist du, Maria.

Die Anrufungen am Fuße des Kreuzes lauten:

„O reinste und kostbarste Wunden meines Herrn, ich bete euch an und betrachte euch mit Liebe. Ihr seid für mich fünf Quellen, die meinen Durst löschen auf meiner Pilgerbahn; fünf Sticke, die mich retten im Schiffbruch; fünf Tore, die mir wiederöffnen den Himmel; fünf Geldstücke, die mich loskaufen aus der Sklaverei; fünf Siegel, die mir aufdrücken das Zeichen der Auserwählten; fünf Strahlen, die mir leuchten in der Verbannung.
Indem ich diese Unterpfänder des Heiles betrachte, beweine ich bitterlich meine Sünden und preise deine Barmherzigkeit.
Dank Dir, o süßester Heiland, der Du mich loskaufest, mich bezeichnest mit dem Siegel der Auserwählten, mir gibst einen Strahl der Hoffnung, meinen Durst löschest, mich rettest vom Schiffbruch, und mich aufnehmen wirst in den Himmel.
Möge ich euch nie verlieren durch die Sünde, euch Unterpfänder des Heils, göttliche Quellen, himmlische Tore, leuchtende Sterne in meiner Verbannung.


(Aus: die katholischen Missionen, 1878)

1 Kommentar:

  1. Nichts von dem hier Mitgeteilten kannte ich bisher. Es gefällt mir sehr. Danke!

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