Sonntag, 30. März 2014

Bischof Schreiber über die Missionspflicht der Katholiken (Teil 4)


Fortsetzung von hier


 „Unser tägliches Brot gib uns heute“ so fahren wir fort im Gebet.

Menschliche Beschränktheit denkt hier nur an das leibliche Brot. Aber der göttliche Heiland, der uns das „Vaterunser“ lehrte, hat in dieser Bitte sowohl um das irdische wie um das überirdische Brot zu beten geheißen, denn der Evangelist Lukas (11,3) gibt diese Bitte wieder mit den Worten: „Unser tägliches Brot gib uns heute“, aber der Evangelist Matthäus (6,11) kleidet dieselbe Bitte in die Form „unser überwesentliches Brot gib uns heute“. Beide Evangelisten zusammen geben die Brotbitte in ihrem vollen Inhalt wieder. 
Demnach bitten wir im „Vaterunser“ unseren himmlischen Vater für uns und alle Menschen, dass er uns das tägliche natürliche Brot wie auch das übernatürliche Brot, die hl. Eucharistie, schenken möge. Von Christus unserem Herrn belehrt und ermuntert senden wir also zu Gott das Verlangen empor, dass alle Menschen – auch den Heidenvölkern – neben der täglichen Speise auch das übernatürliche Himmelsbrot, Christi Leib und Blut in der hl. Eucharistie, zu teil werde. 


Und indem wir dieses Verlangen aussprechen, müssen wir anerkennen, dass wir aus Liebe zu unserem Vater im Himmel zur Erfüllung dieses Verlangens auch beitragen müssen: beitragen müssen zur Ausbreitung jener Kirche, die allein auserwählt und bevollmächtigt ist, den Heiland im Sakrament allen Völkern zu bringen.


„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“.

Wir beten es in Wahrheit und Weitherzigkeit. Wir schließen demnach alle Menschen in diese Bitte ein. Wir flehen in unserem Namen und im Namen der ganzen Menschheit zu Gott um Vergebung unserer Schuld. 

Wer aber kann diese Sündenvergebung uns verleihen? Wer anders als Gott! Und wo gewährt uns Gott um der Verdienste Christi willen diese Sündennachlassung? Im heiligen Bußsakrament und in den übrigen Sakramenten der Sündentilgung. Und wem hat Christus diese sündentilgenden Sakramente für die Menschheit übergeben? 
Wem anders als seiner Kirche, an deren Spitze gemäß seiner Anordnung Petrus und die Apostel und ihre Nachfolger stehen! So steigt also in dieser Sündenbitte des „Vaterunser“ aus Mund und Herz des Beters zu Gott der Wunsch empor, dass alle Menschen zur sicheren und vollen Sündennachlassung in der hl. Kirche gelangen. 

Giuseppe Molteni, La confessione
Dieser Wunsch wäre aber eine bloße Lippenbewegung oder gar eine unaufrichtige Schöntuerei, wenn wir nicht auch zugleich den festen Willen hätten, auch in Wort und Tat uns dafür einzusetzen, dass allen Menschen, auch der Heidenwelt, die Sündennachlassung durch Christus in der Kirche ermöglicht werde.



„Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.“

In dieser Bitte ist ausgesprochen die allen Menschen drohende Gefahr der Versuchung, des Sündenfalls, des ewigen Verderbens. Wir stehen alle in der Gefahr, durch die Versuchung aufs Neue in Sünde zu fallen. Die Strafe für das Unterliegen in der Versuchung, für die Begehung der schweren Sünde, ist das Übel aller Übel, die ewige Verdammnis. Furchtbare Wahrheit für uns alle! 


Könnte es einen Beweggrund geben, der uns klarer und blitzartiger, stärker und packender die Missionspflicht vor Augen stellt? Wir alle, Bischöfe, Priester und Laien, sind Kinder des einen Gottes. Wenn wir Gott lieb haben, dann müssen wir Sorge tragen, dass einmal in der Ewigkeit Gottes Kinder bei Gott ihrem Vater sich wiedersehen, dass, soweit es an uns liegt, keines von diesen Gotteskindern dem Übel aller Übel anheim falle, der ewigen Trennung von Gott in der anderen Welt.

Priester und Laien sollen nach Christi Willen das „Vaterunser“ beten, Priester und Laien sollen nach Christi Anordnung aus Liebe zu Gott ihrem Vater das vollbringen, was sie im „Vaterunser“ mit den Lippen beten; sie sollen helfen, dass alle Menschen gelangen zur Einheit der Kindschaft Gottes (Anrede), zur Einheit ewigen Glückes bei Gott (Anrede), zur Einheit der Verherrlichung Gottes (1. Bitte), zur Einheit des Gottesreichs der Kirche und des Himmels (2. Bitte), zur Einheit des göttlichen Gesetzes (3. Bitte), zur Einheit der hl. Eucharistie (4. Bitte), zur Einheit der Sündennachlassung (5. Bitte), zur Einheit der Gnadenhilfe gegen die Versuchung (6. Bitte), zur Einheit der Befreiung von dem Übel aller Übel, von der ewigen Verwerfung (7. Bitte). 

Das „Vaterunser“ ist somit eines der wirksamsten Gotteszeugnisse für die Wahrheit, dass auch die Laien, die es beten, durch die Pflicht der Gottesliebe gehalten sind, an der Missionierung der Menschheit mitzuarbeiten.


(aus: die katholischen Missionen, 1925)

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