Mittwoch, 26. März 2014

Bischof Schreiber über die Missionspflicht der Katholiken (Teil 3)

Vaterunser auf Latein
Fortsetzung von hier

Einen zweiten Beweis für die Tatsache, dass auch die Laien durch die Gottesliebe verpflichtet sind, Missionsarbeit zu leisten, bietet das Vaterunser.

Das „Vaterunser“ ist ein Gebet von unerschöpflichem Inhalt. Jeder Mensch findet für jede Lebenslage in ihm Belehrung und Ermunterung, selbst auch in Hinsicht auf den Pflichtcharakter der Missionsarbeit. Durchgehen wir die einzelnen Bitten des „Vaterunser“.

Vaterunser auf Hebräisch (Bildquelle: Anton 17)

Wir beginnen das Gebet des Herrn mit den Worten: „Vater unser, der Du bist im Himmel.“ 
Damit bekennen wir die Einheit Gottes für alle Menschen, wir sagen aus, dass alle Menschen Gottes Kinder sind und dass Gott ihr Vater ist.

Kinder Gottes schon in der natürlichen Ordnung, denn sie sind hervorgegangen aus der Hand Gottes. Gott bildet aus dem durch ihn erschaffenen Stoff nach den von ihm geschaffenen und geordneten Naturkräften den Leib eines jeden Menschen. Die Seele aber, der formgebende Wesensbestandteil der menschlichen Natur, wird bei jedem Menschen unmittelbar dem Leib einerschaffen. So ist der Mensch ein Kind Gottes in viel höherem Maße, als er ein Kind seiner Eltern ist. 
Oder fehlt uns Gott gegenüber etwa das, was uns im innersten zu Kindern unserer Eltern macht, die Ebenbildlichkeit? Durchaus nicht, denn wenn unser Leib im Sein Gott wiederspiegelt, so trägt unsere Seele als Geist in sich den Abglanz des geistigen Wesens Gottes.

Nach dem Empfang der Taufe sind die Menschen Kinder Gottes auch in der übernatürlichen Ordnung. Die heiligmachende Gnade, die in der Taufe ihrer Seele von Gott eingegossen wird, ist in ihrem Wesen eine noch viele höhere Ebenbildlichkeit Gottes als die Seele in ihrem natürlichen Wesen es ist. Noch mehr: Durch die heiligmachende Gnade wird der Getaufte in dem Maße Kind Gottes, dass er Bruder des Sohnes Gottes Jesus Christus ist und den Anspruch auf das Erbe Christi des Sohnes Gottes im Himmel erhält. (…)


„Wir fahren fort: Der Du bist im Himmel“. Damit drücken wir die Erkenntnis und den Wunsch aus, dass wir Menschen allesamt in den Himmel kommen sollen. In der Tat: wo der Vater seine Wohnung hat, dorthin gehören auch seine Kinder, und wo der Vater ewig beheimatet ist, dort muss auch die Gottesfamilie der Menschen in der Ewigkeit sich zusammenfinden.
Wenn die einzelnen Glieder dieser Gottesfamilie ihren Vater im Himmel aber wahrhaft lieben, werden sie alles daransetzen, dass ihre Brüder und Schwestern auf erden auch wirklich einmal in den Himmel kommen, sie werden die heilige Pflicht anerkennen, mitzuarbeiten an der Missionierung der ganzen Welt.

Vaterunser auf Tamil (Bildquelle: Anton 17)

Wir fügen hinzu: „Geheiligt werde Dein Name“.
Ganz allgemein sprechen wir diese Bitte aus, ganz allgemein wünschen und verlangen wir also, dass Gottes Name in Ehren gehalten werde, von allen Menschen auf der ganzen Erde. Wie könnte man es mit diesem ausgesprochenen Wunsch aber vereinbaren, wenn es einen Beter gäbe, der für seine Mitbrüder und Mitschwestern auf Erden keine Hand rühren und keinen Willensentschluss fassen möchte dafür, dass sie alle Gottes Dasein, Gottes Wesen, Gottes Herrlichkeit erkenne und seine Majestät verherrlichen?

„Zu uns komme Dein Reich“. Zu uns ohne Ausnahme, auch zu denen, die im Todesschatten und in der Finsternis des Heidentums sitzen. Dein Reich, das ewige Reich des Himmels und Dein Gottesreich auf Erden: die katholische Kirche. Und indem wir so beten, werden wir uns wieder der heiligen Pflicht bewusst, in jeder uns möglichen Weise dazu mitzuwirken, dass die Kirche Christi, sein Reich auf erden, wirklich allen Menschen zu teil werde, dass sie auch dorthin dringe, wo jetzt noch keine Ahnung ist von der göttlichen Erhabenheit der Kirche, und dass schließlich alle eingehen in das Reich Gottes über den Sternen, in dem ewigen Himmel.

Vaterunser auf Koreanisch (Bildquelle: Laubrière)
„Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden.“ Auf der ganzen Welt soll Gottes Wille stets geschehen. Und so soll er allen Menschen Leitstern und Richtschnur sein, wie er für die Himmelsbewohner höchste Norm, süßeste Pflicht, tiefster Lebensinhalt ist. Möchte, o Gott, fürwahr die ganze Menschheit Deinen heiligen Willen erkennen, den Du niedergelegt hast in Deinen zehn Geboten und in Deinem christlichen Gesetze! 

Möchte die ganze Menschheit, durchdrungen von der Weisheit und Heiligkeit, Gerechtigkeit und Gütigkeit Deines Willens, es als ihre erste und letzte Lebensaufgabe betrachten, Deinen heiligen Willen immer zu erfüllen. So beten, so wünschen wir, und indem wir so beten und wünschen, wird unser Herz lebendig, unser Wille bewegt, unser Inneres vorwärts getrieben, unser Entschluss geformt: wir wollen alles aufbieten, was wir können, zu dem einen Ziele, dass Gottes Wille stets geschehe, wie bei uns so auch in der Heidenwelt.


(Aus: die katholischen Missionen, 1925)

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