Sonntag, 15. Juni 2014

Grausame Kirchenverfolgung in Ecuador – Was man über den „besten Ecuadorianer“ sonst nicht hört

Der angeblich „beste Ecuadorianer“, Präsident Eloy Alfaro Delgado (1842-1912)

Die Kirchenverfolgung, in Ecuador, über deren Beginn und Verlauf wir im vorigen Jahrgang S.235 (hier und hier) einen zusammenfassenden Bericht gegeben, nimmt immer noch ihren Fortgang, und die Gewalttaten, die aus den letzten Monaten des verflossenen Jahres gemeldet werden, sind wahrhaft empörend. 

Am 2. August v. J., dem 21. Jahrestag der Ermordung Garcia Morenos (eigentlich war es der 6. August), wurde der ausgezeichnete katholische Schriftsteller Victor L. Vivar auf Befehl des radikalen Generalgouverneurs von Quito auf öffentlichem Platz erschossen, nachdem man ihm zuvor die Finger der rechten Hand, welche so oft die Feder geschickt und mannhaft für die gute Sache geführt, einzeln abgeschnitten hatte. 

Ein Schrei der Entrüstung ging durch ganz Ecuador; allein der Usurpator Alfaro (Eloy Alfaro war mehrfach Präsident von Ecuador, Freimaurer [es ist sogar eine Loge nach ihm benannt] und  wurde 2005 zum „besten Ecuadorianer“ gewählt) ist umgeben von einer auserlesenen Schar Blutmenschen, zumeist Ausländer, die mit ihm des souveränen Volkes spotten. Manche der verübten Schandtaten sind gar nicht mitzuteilen. 

Leider scheiterte der im letzten Sommer gemachte Versuch der Gutgesinnten, das unerträgliche Joch Alfaros abzuschütteln und geordnete Zustände zurückzuführen. An Begeisterung fehlte es nicht, selbst Frauen und Kinder nahmen am Befreiungskampf teil; allein es fehlte die notwendige Einigkeit, und so wurde es Alfaro ziemlich leicht, den „Aufstand“ blutig niederzuwerfen. Nach der erwähnten Ermordung Vivars waren zahlreiche Verhaftungen und Gütereinziehungen an der Tagesordnung. Unter den Verhafteten befinden sich auch eine größere Anzahl Priester, wie z. B. der eifrige, verdienstvolle Pfarrer von Cayamba, Dr. Negrete. 

So sind die Gläubigen in der Erzdiözese wie anderswo vielfach jeder geistlichen Hilfe beraubt, da ihre Seelsorger entweder in den Gefängnissen liegen oder flüchtig in den Wäldern umherirren und von den Spießgesellen Alfaros wie das Wild gehetzt werden.

Große Aufregung verursachte die gewaltsame Vertreibung der Salesianer Don Boscos, die hier, wie in anderen Staaten Südamerikas, seit mehreren Jahren eine sehr segensreiche Tätigkeit entfaltet hatten. 

In der Nacht vom 23. August ließ der Gouverneur Franco (der Mörder Vivars) alle Salesianer in Quito verhaften; ohne ihnen Zeit zu geben, die notwendigsten Kleidungsstücke mitzunehmen, brachte man die sieben italienischen Priester zur Polizeistation, von dort wurde sie den 24. um 4 Uhr morgens abgeführt; man brachte elende Lasttiere herbei und hieß die Patres aufsteigen. So wurden sie denn, ohne jede Vorbereitung oder Bequemlichkeit, umgeben von einer zahlreichen Wache, in nördlicher Richtung fortgeschleppt.
Wir glaubten alle, dass man sie an die Grenze von Kolumbien bringen wollte. Welcher Schrecken erfasste uns, als wir vernahmen, dass die Patres nicht nach Kolumbien, sondern über Pailes durch den wilden Urwald nach der Stadt Esmeraldas gebracht und dort auf das nächstbeste Schiff geladen werden sollten!

Und womit begründet man diese Gewalttat? Man sagt, die Salesianer hätten konspiriert! Natürlich glaubte niemand daran. Welch ein großer Schaden für Quito, das ganze Land, insbesondere für die Armen, denen die guten Patres nicht nur religiöse und technische Ausbildung, sondern auch das tägliche Brot, Kleider usw. gratis gaben, aus der Aufhebung jenes segensreichen Institutes folgt, ist noch gar nicht zu bemessen.

Die Nachricht von der Vertreibung der Salesianer gelangte erst in die Öffentlichkeit, als jene bereits über Berg und Tal waren. In der Aufregung, welche infolgedessen unter der Bevölkerung entstand, tauchte das Gerücht auf, dass man die Franziskanerpatres gleichfalls ausweisen wolle. 
Während die Männer in der Stadt und außerhalb sich aus Angst versteckt hielten, kamen Frauen und Kinder in Scharen herbeigezogen, stellten sich vor dem Franziskanerkloster auf und erhoben ein weithin hörbares Klagegeschrei. Da eilten auch zahlreiche Männer herbei und es entstand ein gewaltiges Gedränge. Der Gouverneur ließ Soldaten aufmarschieren, und die Menge empfing sie mit dem Ruf: „Es lebe die Religion!“ „Es leben die Franziskaner!“

Da das Volk nicht weichen wollte, gaben die Soldaten Feuer; als die Menge sich zerstreut hatte, fand man 18 Tote, Männer, Frauen und Kinder, auf dem Platz liegen. Die Regierung befürchtete indes eine allgemeine Erhebung und ließ deshalb verkünden, dass sie nie vorgehabt hätte, die Franziskaner zu vertreiben.

Die furchtbare Feuersbrunst, die vorigen Herbst die Hafenstadt Guayaquil heimsuchte und nach einigen Angaben fast drei Viertel der Stadt in Asche legte, wird allgemein als ein Strafgericht Gottes betrachtet. Da Guayaquil der Stapelplatz für fast sämtliche Waren ist, die nach dem Inneren bestimmt sind, wird das ganze Land durch das Unglück betroffen. Guayaquil hat die Züchtigung reichlich verdient. Es war der Herd fast aller Revolutionen, die das schöne Land so unsäglich unglücklich gemacht, und hatte seit langem die Führerschaft in dem geistigen Kampf gegen Kirche und Religion übernommen. 

Guayaquil nach dem großen Brand von 1896

In sittlicher Hinsicht wurde die Stadt schon oft mit Sodoma und Gomorrha verglichen. Der letzte Bischof, Msgr. Barriga, starb gebrochenen Herzens über die unsäglich traurigen Zustände, die dort herrschen. Sein Vorgänger, Msgr. del Pozo, wurde bei seiner Rückreise aus Rom von der Bevölkerung seiner Stadt verhindert, ans Land zu steigen, und musste nach Lima weiterfahren, wo er heute noch in der Verbannung lebt. Er war es, der beim Eintreffen der Unglücksnachricht als erster eine Sammlung zu Gunsten der betroffenen Stadt mit 1.000 Dollar unterzeichnete – ein schönes Beispiel christlicher Rache.

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde auf der großen Plaza in Guayaquil der am meisten verhasste Bischof von Portoviejo, Msgr. Schumacher, in effigie öffentlich verbrannt, wobei der aufgehetzte Pöbel in wilder Ausgelassenheit um das Feuer tanzte. Als dagegen der Revolutionär Alfaro bei seiner Landung in Guayaquil den Bewohnern verkündete: „Ich bin gekommen, um die Theokratie (die katholische Kirche) zu stürzen“, jubelte das Volk ihm begeistert zu und erhob ihn zum Nationalgott.

Von hier aus hat auch diese letzte Revolution wie ein schmutziger, verheerender Schlammstrom sich über das Land ergossen. Bischof Schumacher weilt seitdem in stiller Zurückgezogenheit in Kolumbien, ist aber auch hier unablässig tätig zum Heil der Seelen. 

Noch immer lassen die Radikalen in den öffentlichen Blättern ihre ganze Wut an ihm aus und verbreiten über in die schmählichsten und zugleich lächerlichsten Gerüchte und Verleumdungen. Dieselben haben den Bischof Ezequiel Moreno Diaz von der Diözese Pasto in Kolumbien veranlasst, in einem Hirtenschreiben den Bischof Schumacher glänzend zu verteidigen. „Ein großer Ruhm ist es“, heißt es unter anderem, „wenn der gnädigste Bischof Schumacher geschmäht, verfolgt und verbannt wird. Diese Verfolgung ist der sicherste Beweis dafür, dass er die erhabene Mission des katholischen Apostolats erfülle, die schönste Empfehlung, welche er für seine Unbescholtenheit im Glauben aufweisen kann.“

Bischof Schumacher hat einer späteren Nachricht zufolge für eine kurze Zeit die Stille des Waldes verlassen und sich nach der Stadt Pasto begeben, um dort sein Werk zu veröffentlichen, welches er schon seit langem vorbereitete.

Noch sind, Gott sei Dank, zahlreiche gute Elemente in Ecuador. Es braucht auch diesmal einen Führer von der Art eines Garcia Moreno, um sie zu gemeinsamem Vorgehen zu einigen. Wir empfehlen das unglückliche Land recht dringend dem Gebet unserer Leser.

(Aus: die katholischen Missionen, 1897)