Montag, 22. September 2014

Mord an drei Weißen Vätern durch die Tuareg – angefachter Eifer bei den Mitbrüdern


 (…) Im Monat Januar zeigte Msgr. Lavigerie in einem Hirtenbrief über die algerische Mission die Abreise an mit den Worten: „Drei unserer Missionäre sind in diesem Augenblick im Gebiet der Tuaregs, auf der Reise nach Timbuktu, mit dem Auftrag und mit dem festen Vorsatz, entweder sich in der Hauptstadt des Sudans festzusetzen, oder daselbst für die Wahrheit ihr Leben zu lassen.“

 Diesen Auftrag haben sie erfüllt, sie haben ihr Leben gelassen für die Wahrheit. Nachdem sie die Mission, in welcher sie bisher gewirkt, unter den Chambas in der Nord-Sahara verlassen und in Gegenwart des Obern der Kongregation, des hochw. Herrn Deguerry, unter dem Gesang des Te Deum ihre Reise angetreten hatten, war keine Kunde von ihnen mehr gekommen. 

Man beunruhigte sich über dieses Stillschweigen nicht, weil man wusste, dass sie auf ihrer Wüstenreise wohl kaum Gelegenheit finden würden, Briefe in die Heimat zu senden. Da begann um Mitte April unter den Nomadenstämmen im Norden der Sahara sich das Gerücht zu verbreiten, die drei Missionäre seien ermordet worden; diesem Gerücht legte man kein Gewicht bei, bis eine Depesche aus Laghouat (El Arhuât) an den Generalgouverneur keinen Zweifel mehr gestattete. Straußenjäger hatten ihre Leichen an der Südgrenze der Sahara, aber entfernt von der gewöhnlichen Karawanenstraße, gefunden. Obgleich nähere Nachrichten über ihren Tod noch fehlen, so ist doch wohl sicher, dass sie von den sog. schwarzen Tuaregs oder Isghers ermordet wurden. Die Missionäre waren enthauptet worden, während ihr Führer, ein muhammedanischer Araber aus der Sahara, wie es schien, im Kampf mit Wunden bedeckt gefallen war. Diese verschiedene Todesart scheint anzudeuten, dass die drei Priester für den Glauben den Tod erlitten. Die Araber pflegen nie einen Muhammedaner zu enthaupten, während sie diese Todesart für die Christen gewöhnlich anwenden. 

Der hochw. Herr Deguerry ist abgereist, um die Leichen der Ermordeten abzuholen und nähere Erkundigungen über ihren Tod einzuziehen; vor seiner Rückkehr, die erst nach 1–2 Monaten erfolgen wird, werden wir wohl keine sichere Kunde erhalten. Unterdessen aber ist uns wohl erlaubt, anzunehmen, dass wir die Ermordeten als Märtyrer verehren dürfen, wenn wir auf die Gesinnung blicken, in der sie ihre gefährliche Reise antraten.

„In der Ungewissheit,“ – so schrieb z. B. P. Menoret in seinem unmittelbar vor der Reise abgefassten Testament – „welches Ende diese Reise nehmen und ob sie nicht der letzte Akt meines Lebens sein wird, erkläre und schwöre ich vor Gott, die Hand auf den heiligen Evangelien: 1. dass ich diese Reise nur unternehme zur größeren Ehre Gottes, um zu versuchen, die noch in der Finsternis des Todes lebenden Völker des Sudan zu Jesus Christus zu führen; 2. dass ich lebe und sterbe als demütiger und gehorsamer Sohn der heiligen katholischen und apostolischen römischen Kirche, in der kindlichen Anhänglichkeit an den Stellvertreter Christi, Papst Pius IX.“

Die Nachricht von der Ermordung der drei Missionäre wurde daher auch von ihren Mitbrüdern vielmehr als Freuden- denn als Trauerbotschaft aufgenommen, und in den Kirchen sang man statt eines Traueramtes ein Te Deum.

„Die Kirche,“ – so schrieb Msgr. Lavigerie an die Eltern der Ermordeten in einem herrlichen Brief, den wir bedauern nicht ganz aufnehmen zu können – „die Kirche triumphiert nicht wie die irdischen Gewalten. Diese können nur töten, um zum Sieg zu gelangen. Die Kirche aber hat ein Geheimnis, das sie über allen Widerstand den Sieg davontragen lässt; dieses Geheimnis besteht darin, dass ihre Kinder zu sterben wissen. 
Sie hätten es in Bezug auf Ihre Söhne begriffen, wenn Sie, wie ich, den Eindruck gesehen hätten, den die erste Kunde von ihrem seligen Tod auf ihre Mitbrüder ausübte, wenn Sie, wie ich, diese vor Enthusiasmus und lebendigem Glauben zitternden Stimmen gehört hätten, die gemeinschaftlich den ambrosianischen Lobgesang anstimmten, den nämlichen Lobgesang, unter dessen Klängen Ihre Söhne Ihre Reise angetreten hatten. 
Und nach dem Te Deum schworen alle mit lauter Stimme, sich aufzuopfern für das Land, welches das Blut ihrer Mitbrüder getrunken, und alle verlangten, ihnen in den Kampf nachzufolgen. Würde ihnen das Tor an der einen Seite geschlossen, wollten sie an einer anderen einzudringen suchen und sich nicht aufhalten lassen, bis sie in die Mitte dieses Reiches des Todes vorgedrungen wären. 
Das war nicht mehr bloß das Wort des großen Lehrer von Karthago: ‚Das Blut der Martyrer ist der Samen der Christen;‘ das Blut Ihrer Söhne zeigte sich schon als unerschöpfliche Quelle des Eifers für die afrikanische Glaubenspredigt.“


(Aus: die katholischen Missionen, 1876)