Freitag, 31. Juli 2015

Zum 85. Todestag von Pater Robert Streit O.M.I.


Heute jährt sich der Tod von P. Robert Streit O.M.I. zum 85. Mal. Den regelmäßigen Lesern dieses Blogs wird er kein Unbekannter sein, da ich häufig Ausschnitte aus seinen Predigten und Büchern veröffentliche. P. Streit war einer der bedeutendsten Pioniere auf dem Gebiet der Missionswissenschaft und Mitglied der Vorbereitungskommission für die Vatikanische Missionsausstellung im Jahr 1925. Hier ein Link zu seinem Nachruf. Der Verfasser, P. Bahlmann O.M.I., sagte über seine verstorbenen Mitbruder: Es ist keine bloße Redensart, wenn man sein Wirken für die Kenntnis, oder besser gesagt, für die Wiedererkenntnis der katholischen Missionsliteratur als bahnbrechend bezeichnet.

Hier noch die bei ZVAB erhältliche Werke von P. Streit.


Mittwoch, 29. Juli 2015

Der Missionar – ein freiheitsliebender Abenteurer?


Man hat mir schon gesagt. „Euch ältere Missionäre zieht der Drang nach Freiheit in die Mission zurück.“ Freiheit? Gewiss, frische Luft atmen wir dort den ganzen Tag, nicht die verdorbene zwischen vier Wänden. Auch kann Eifer und Tatendrang, weil ungehemmt, dort Großes leisten – dem Bürokratismus sind die Tropen zu schwül. Im Übrigen aber befolgen wir von morgens halb fünf bis abends 10 Uhr eine straffe, anstrengende Tagesordnung: da fehlt keine Übung des religiösen Lebens – nur die nötige Erholungszeit! Unterricht und körperliche Arbeit folgen sich tagsüber, und die Nachtruhe wird meist noch gestört, weil die Schwarzen den Missionär als Arzt und Priester zu jeder Zeit und für jede Kleinigkeit rufen, nicht bloß in Lebensgefahr; an ihm daraus erwachsende Gefahren denken sie nicht.

Die zweite und dritte Ausreise fällt dem Glaubensboten meist schwerer als die erste, wo noch der Reiz der Neuheit und Erwartung ihn trägt. Was aber zieht ihn dennoch wieder in die Mission zurück? Er hat das Elend der Heiden geschaut und ein mitleidsvolles Herz glüht darum in seiner Brust. Hunger und Durst nach der erlösungsbringenden Lehre hat er bei den Naturvölkern gefunden, begeisterte Liebe für Christus und heldenhaften Opfersinn in Erfüllung ihrer Christenpflichten, dazu eine kindliche Anhänglichkeit und tätige Dankbarkeit für ihren Missionär, der ihr Seelenretter und Bringer wahren Glückes ist. Solche Gesinnung ist es, die anzieht.


(Aus: Fräßle, Joseph: Negerpsyche, Herder, Freiburg, 1926)

Sonntag, 26. Juli 2015

„Für die Missionen gut genug“


Pater Joseph Fräßle S.C.J. (1878–1929), 15 Jahre Missionär im Kongo, berichtet:

„Eines Tages wurde ich auf einen Kirchenspeicher geführt. Da lagen am Boden drei verblichene, verschlissene Kirchengewänder. Ich schaute sie an. ‚Wollen Sie diese haben? Wir hier können sie nicht mehr gebrauchen, für die Missionen aber sind sie gut genug. ‚Danke, nein!‘ entgegnete ich. ‚Eine Kirche, die in solchen Lumpen den scharf beobachtenden Augen eines Naturvolkes sich zeigte, fände wenig Anklang. Gottes Ehre fordert übrigens auch in Afrika geziemenden Kult, und ein solcher nur bietet dem Missionär die nötige Kraftquelle. Ein feierlicher Kult lässt der Heiden Augen aufleuchten, erfasst ihre Seelen, führt sie der Religion zu.‘

Was jener Herr ausgesprochen hat, ist leider vielfach Europa-Mentalität und gilt nicht bloß von der materiellen Unterstützung; ich hörte anderswo sogar sagen: ‚Nur mindere und missliebige Elemente schicken wir an die Missionsfront übers Meer.‘

Da braucht man sich ja gar nicht mehr zu wundern, wenn die Christianisierung der Welt so langsam voranschreitet. Wie nur konnte eine solche Mentalität in Europa aufkommen? Kulturstolz trägt die Schuld daran. Wie auf Tiere schauen viele Weiße auf andere Rassen herab, haben kein Verständnis, gar keine Liebe für sie. Weil sie ihr Elend nicht kennen, regt sich auch kein Erbarmen in ihrer Brust; und weil sie die großen geistigen und materiellen Schwierigkeiten nicht ahnen, auf welche die Evangelisation bei einem ganz anders denkenden und in ganz anderen Verhältnissen lebenden Volk stößt, meinen sie, es genüge, der heiligen Kirche für die Heidenmission das zu bieten, was Europa nicht brauchen kann, manchmal unbekümmert darum, ob es möglich ist, Christi letzten Auftrag und Herzenswunsch zu erfüllen. Ich hingegen meine: Neues Ackerland und wilder Boden verlange die besten Pflüge und die stärksten Rosse!

Wer als Missionär hinausgeschickt zu werden wünscht, sollte erst auf die Reinheit seiner Absicht geprüft werden, dass er nicht etwa einer Mission gar zur Last falle und andere in ihrem Wirken hindere. Nur wen Christi Gedanken tragen und treiben, durch hartes Leben, Leiden und Sterben Seelen zu retten und zu beglücken, soll in Länder hinaus, wo Leiden und Entbehrungen tägliche Nahrung sind und nur ein Leidensjünger glücklich ist. Wer andere Beweggründe hat, bliebe im Interesse der Sache und zum eigenen und seiner Mitarbeiter Glück besser daheim.“


(Aus: Fräßle, Joseph: Negerpsyche im Urwald am Lohali, Herder, Freiburg, 1926)