(Bildquelle: KliB/KDC, Nijmegen) |
Unsere
katholischen Missionsbischöfe stehen im Kampf nicht, wie sonst meist die
Generale und Heerführer, hinter der Schlachtlinie und außer Schussweite. Darum
lichtet ein heftiger Kampf stets zuvörderst auch ihre Reihen. Das hat sich
wieder bei der letzten furchtbaren Verfolgung in China [Boxeraufstand] gezeigt.
In den am meisten betroffenen Nord- und Binnenprovinzen sind nicht weniger als
7 Bischöfe, 5 durch blutigen Tod, 2 infolge der ausgestandenen Drangsale,
gefallen. Dazu brachte der Beginn dieses Jahres noch zwei weitere
Todesmeldungen. Wie furchtbar der Sturm durch die blühende Mission der Mongolei
gerast, haben wir früher wiederholt berichtet. Außer den 8.000 Christen und den
8 Missionaren, die ihm zum Opfer fielen, krönte auch der Apost. Vikar der
Südwest-Mongolei, Msgr. Ferdinand Hamer, aus der belgischen Kongregation vom
Unbefleckten Herzen Mariä von Scheutveld seine lange apostolische Laufbahn mit
dem Tode des Bekenners.
Er
war der letzte der vier Pioniere, welche 1865 die mongolische Mission eröffnet
hatten. Geboren zu Nijmegen in Holland am 21. August 1840, schloss sich Hamer
bald nach seiner Priesterweihe (10. August 1864) der neu gegründeten
Genossenschaft und den Missionären an, die 1865 zuerst die weite Fahrt nach den
mongolischen Steppen wagten. 1878 finden wir ihn als ersten Apost. Vikar von
Kansu wieder, von wo aus er die Mission in Ili-Kuldscha (Ost-Turkestan) gründete.
Etwa 10 Jahre später (1889) wurde er als Apost. Vikar nach der Südwest-Mongolei
versetzt. Wir übergehen vorläufig seine überaus segensreiche Tätigkeit auf
diesem Posten, um ausführlicher bei seinem glorreichen Ende zu verweilen.
Kurz
vor dem Ausbruch der Verfolgung hatte Msgr. Hamer seine Residenz nach
Ol-sche-se-tsing-ti verlegt, einem Mittelpunkt blühender Christengemeinden.
Bereits im Juni 1900 begannen die Boxer ihr blutiges Spiel. Bald trafen von
allen Seiten Hiobsbotschaften ein. Anfang Juli fanden sich in Ol-sche-se-tsing-ti
eine Anzahl Missionäre zur Beratung
zusammen. Ihr Plan war, sich mit den Christen in der bischöflichen Residenz
einzuschließen und um ihr Leben zu fechten. Alle waren fest entschlossen, bei
ihrem Bischof und den Christen ähnlich wie ihre Mitbrüder in der Zentral- und
Ost-Mongolei auszuharren. Es kam auf die Entscheidung des greisen Oberhirten
an. Dieser zog sich einige Zeit in die Kapelle zurück, um vor dem Allerheiligsten
die Lage zu erwägen. Ruhig und gefasst kehrte er nach einer Weile zurück. „Meine
lieben Patres,“ so sprach er nach dem Bericht eines Augenzeugen, „ich bin der
Fu-Mu (d. h. Vater und Mutter, chinesischer Ausdruck für die Obrigkeit)
nicht bloß meiner Christen, sondern auch meiner Priester. Ich habe vor Gott
meine Pflicht erwogen, und ich erkläre, dass ich es nicht mit meinem Gewissen
vereinigen kann, meine sämtlichen Missionäre der sicheren Todesgefahr
auszusetzen. Solange sich also ein Ausweg bietet, muss ich ihn nehmen, um meine
Mission nicht ihrer Priester zu berauben. Steht nicht in der Schrift: ‚Wenn man
euch in einer Stadt verfolgt, so fliehet in eine andere‘? Eine rasche Flucht
bietet allein noch Aussicht auf Rettung. Deshalb befehle ich, dass alle hier
befindlichen Missionäre noch diese Nacht nach San-tao-ho (die westlichste
Station, von wo der Weg nach Zentralasien offen lag) aufbrechen. Was mich
angeht, so bin ich alt, und meine Tage sich gezählt. Falls es unserem Herrn
gefällt, das Opfer anzunehmen, so setze ich mein Leben bereitwillig daran für
meine Christen und meine Missionäre. Möge Gott meine Missionäre, die wackeren
Apostel der Mongolei, bewahren!“
Alle
waren bei diesen Worten tief ergriffen und manche Träne rollte über den Bart
hinab. Umsonst protestierten alle gegen den Entschluss des Bischofs. Er blieb
fest und erwiderte ruhig: „Ich bleibe allein hier; ihr seid unter schwerer
Sünde zum Gehorsam verpflichtet. Geht, meine Kinder; Gott sei mit euch.“ Es
musste also sein. Unter Tränen und Schluchzen wurde Abschied genommen. Noch
einmal spendete ihnen der ehrwürdige, allgeliebte Oberhirte seinen Segen, und
dann ging’s hinaus in die dunkle Nacht. Alle fühlten: es war auf
Nimmerwiedersehen hienieden.
(Aus:
die katholischen Missionen, 1901)
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