Donnerstag, 28. Januar 2016

Große Missionsbischöfe: Ein Missionsgeneral fällt – Msgr. Ferdinand Hamer C.I.C.M., Apostolischer Vikar der Südwest-Mongolei (Teil 2)

Gedenktafel an Msgr. Hamers Geburtshaus mit dem Wappenspruch „Per te Virgo sim defensus“ aus dem Stabat Mater. (Quelle: Willemnabuurs)

Fortsetzung von hier

Der Bischof gab ihnen ein Schreiben an die Missionäre von San-tao—ho mit, in welchem er auch ihnen seinen Entschluss mitteilte, allen für ihre Liebe und ihren Eifer dankte, sie um Verzeihung bat für alle begangenen Fehler und sich ihrem Gebet empfehlend Abschied nahm für dieses Leben. „Aus jeder Zeile sprach das liebende Herz des heiligen Mannes und der Eifer des Apostels, der 35 Jahre lang sich ganz für das Heil dieser Völker geopfert hatte.“ Während die Missionäre dem Befehl Folge leisteten, setzte der greise Veteran die Residenz mit den Christen, so gut es ging, in Verteidigungszustand, ließ Schanzen aufwerfen und sprach allen Mut zu. Die Boxerhorden wagten denn zunächst auch keinen Angriff, setzten aber rings in der Gegend alle Christendörfer in Brand. Am 11. Juli fand der erste Angriff auf Ol-sche-se-tsing-ti statt. Er wurde abgeschlagen. Ein zweiter Sturm am 13. Juli gleichfalls. Inzwischen war aber der Feind durch 100 Mann regulärer Truppen verstärkt worden.

Am Morgen des 20. Juli wurde ein heftiger Angriff gemacht und das Hauptwerk der Christen, die befestigte Kirche, erstürmt. Der Bischof befand sich gerade mit seinem einheimischen Diakon Thaddäus Jang in der Sakristei, um sich zum heiligen Opfer vorzubereiten. Er selbst sollte diesmal das Opfer sein. Ein furchtbares Morden begann. An 500 Christen wurden niedergemacht. Vier Mordgesellen fanden endlich den Bischof. Er empfing sie ruhig und gefasst. Sofort wurde er von rohen Fäusten gefasst und herausgeschleppt. Man riss ihm die Kleider vom Oberkörper, durchbohrte die Stelle zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt und zog durch die Wunde eine Kette, an welche auch der Diakon befestigt wurde. Dann wurden beide auf die Landstraße vor dem Dorf hinausgeführt, dort an einen Pfahl gebunden und dem Gespött des Heidenpöbels preisgegeben. Inzwischen wurde im Dorf das Mord- und Zerstörungswerk vollbracht. In einer Zwischenpause, da der Bischof allein war, gelang es einem treuen Christen Namens Wang-öl, sich heranzuschleichen. Msgr. Hamer gab ihm den Auftrag, die Kunde von dem Geschehenen nach San-tao-ho zu bringen. „Wie kann ich das? Man wird mich töten.“ – „Geh nur,“ sagte der Bischof, „du hast meinen Segen.“ Hiernach wurden Bischof und Diakon auf einen Karren geworfen und unter starker Geleitschaft nach der 30 Meilen entfernten „Blauen Stadt“ gebracht. Auf dem Weg und in den Herbergen hörte der tapfere Bischof nicht auf, der neugierig zuströmenden Menge den wahren Glauben zu verkünden. Der Obermandarin der „Blauen Stadt“ wollte indes mit der Angelegenheit nichts zu tun haben, und so ging der Zug weiter nach dem 20 Meilen entlegenen Tu-o-tseng. Hier sollte der gefangene Bischof die Palme erringen.

Wir entnehmen die näheren Einzelheiten über sein Ende einem Brief des hochw. P. Eyck vom 3. Januar 1901. „Vier Tage hindurch wurde der ehrwürdige Greis, seiner Kleider beraubt, durch die Straßen geführt und auf den öffentlichen Plätzen an einen Pfahl gebunden ausgestellt. Jeder konnte mit dem Bischof nach Herzenslust seinen Mutwillen treiben. Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Unbilden er von dem rohen Pöbel erfahren musste. Der eine raufte ihm Bart- und Haupthaare aus, ein anderer gab ihm Backenstreiche, ein dritter schnitt ihm mit seinem Schwert oder Messer Stücke Fleisch vom Leib und dergleichen mehr. Der heiligmäßige Greis hatte auf alle Rohheiten nur die eine Antwort: ‚Ich verzeihe euch und werde für euch beten.‘

Nach diesen tagelangen Quälereien gab der Mandarin den Bekenner den Soldaten und Boxern preis, die mit dem Sterbenden ein grässliches Spiel trieben. Sie hingen ihn an einem eisernen Haken auf, den Kopf nach unten. In die Wunden stopften sie Watte und zündeten sie an. Die Eingeweide wurden aus dem Leib genommen. Dabei zwangen die Boxer, so erzählte man, einen Bettler, das Herz des Bischofs zu verzehren. Das Fett, das aus dem Leichnam tropfte, wurde in Töpfen aufgefangen und später in kleine Gefäße zerteilt und um hohen Preis verkauft, da man ihm einen wunderbare Heilkraft zuschreibt, besonders gegen Eitergeschwüre, an denen die Chinesen viel leiden. So wenigstens erzählen die chinesischen Christen von Ol-sche-se-tsing-ti, die es aus dem Mund von Augenzeugen gehört. Die Heiden hielten den Bischof wegen seines langen Bartes für einen Greis von 200 Jahren. Wahrlich, Msgr. Hamer hat sein 35-jähriges Apostolat glorreich beschlossen, und es steht zu hoffen, dass wir ihn eines Tages auf den Altären sehen werden.“


(Aus: die katholischen Missionen, 1901)