Mittwoch, 11. Mai 2016

Die Entbehrungen und Freuden des Afrikamissionars



„Große Opfer“, berichtet der Missionär [P. Joseph Fräßle S.C.J.] weiter, „verlangt das Apostolat in Zentralafrika. Schon das Klima setzt dem Europäer heftig zu. In den 20 Jahren der Missionstätigkeit am Kongoflusse haben Malaria, Schwarzwasserfieber und Dysenterie über 200 jugendliche Apostel jäh ins Grab gestürzt. Die Wohnungen bieten für gewöhnlich nicht den nötigen Schutz, und die Nahrung, die meistens aus Maniokwurzeln, Fischen und Bananen besteht, vermag den raschen Kräfteverfall durch das Tropenklima nicht zu hemmen.  Dazu bereitet die große Armut der Evangelisation viele Hindernisse. Hätten wir Mittel zum Reisen, fünfmal mehr Erfolge könnten wir erzielen.

Und wie steht’s nun mit meiner Missionsstation? Monatelang fuhr ich in meiner Piroge stromauf, stromab, um die Dörfer zu gewinnen. Oder es ging auf den engen Pfaden der Wilden, gebückt und in Schweiß gebadet, durch den Urwald, über Baumwurzeln und gefallene Waldriesen, über Termitenhügel und durch Ameisenprozessionen, durch Sümpfe bis unter den Arm, durch Bäche bis an den Kopf, sieben, acht, neun Stunden lang. Da winkt denn bald ein knurrender Gorilla mit dem Knüttel, oder eine Elefantenherde versperrte den Weg. Die Neger aber drohten anfangs in den Dörfern beim Absteigen mit Lanzen oder warfen brennende Holzscheite auf mein Fahrzeug oder liefen davon. Wo ich Zutritt erhielt, war erst eine Hütte der Wilden meine Wohnung. Im Freien fand Unterricht und Gebet statt, bis ich mit eigenen Händen einen Schuppen aus Pfählen und Blättern errichtet hatte. Verstand und Herz öffneten sich allmählich, als die Leute die Werke sahen, die die neue Lehre gebietet: Nächstenliebe und Barmherzigkeit. So mancher, der unter dem harten Joch von Häuptlingen oder Arabern gelitten hatte, schloss sich dem Missionär an. Sie wurden mit den aus der Sklaverei losgekauften Knaben erzogen und bildeten den Kern, aus dem die erste christliche Gemeinde immer mehr emporwuchs. Die vor fünf Jahren gegründete Mission zählt heute 1.800 Christen und 3.000 Katechumenen, in 32 Ortschaften zerstreut, wo wir sie alle 2–3 Monate besuchen und unterrichten, die heiligen Sakramente spenden und die Prüfungen über Wissen und Leben jener anstellen, die um die heilige Taufe bitten. Für die Erprobten beginnt die nähere Vorbereitung auf das Sakrament der Wiedergeburt. Und fließt dann das Wasser auf die Stirn der leiblich und geistlich aus Sklavenketten befreiten Armen, so vermischen sich oft die Freudentränen des Missionärs mit denen seiner glücklichen Kinder. In solchen Augenblicken sind alle Mühen vergessen, ist der Lohn überreich, und der Missionär wäre bereit, noch zehnmal größere Opfer zu bringen.“

(Aus: die katholischen Missionen, 1912)


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