Tschuwaschen |
Sehr bezeichnend für den Wert der Missionstätigkeit, wie sie
die russisch-schismatische Kirche übt, ist folgende aus Russland uns zugehende
Mitteilung. Ein großer Teil der Völker im Norden Russlands, wie die Samojeden,
ist bis heute überhaupt nicht evangelisiert worden. Die in der Umgebung von
Kasan, Nischni-Nowgorod, Perm, Kirow und Urschumsk ansässigen Fremdvölker der
Mordwinen, Wotjaken [Udmurten], Permier, Tschuwaschen, Tscheremissen u. a. (im
ganzen schätzungsweise 4 Millionen), die sich noch heute von den Russen in
Kleidung, Sprache, Sitten und Gewohnheiten streng absondern, sind nicht durch
Evangelisierung und Unterricht, sondern durch Gewaltmittel oder bedingte
Zuwendung verschiedener Privilegien zur Annahme der orthodoxen Taufe gebracht
worden. Von einem Übertritt aus Überzeugung war keine Rede.
„Die orthodoxe
Geistlichkeit war weder mit der Sprache und den Sitten, noch mit den
Lebensanschauungen ihrer ‚Neubekehrten‘ bekannt. Sie tat auch nichts, um sie
über die elementaren Wahrheiten des Christentums aufzuklären, so dass diese
sog. Christen nach wie vor unter dem unmittelbaren Einfluss ihrer alten
Götzenpriester blieben.“
Nur die Furcht vor den Polizeimaßregeln hielt dieselben
davon ab, ihre alten heidnischen Gebräuche auch offen fortzusetzen. Im Geheimen
wucherte das alte Heidentum ruhig fort. „Die ganze Tätigkeit der orthodoxen
Geistlichkeit beschränkte sich auf die Einsammlung der Stolgebühren und anderer
Beiträge für den Unterhalt der Kirchen und des Klerus, was selbstverständlich
die Neubekehrten noch mehr reizte und der Geistlichkeit und Kirche entfremdete.
Und so warteten diese halben Heiden und halben Christen nur auf eine Gelegenheit,
um die ihnen fremde Religion und verhasste Geistlichkeit abzuschütteln. Eine
solche Gelegenheit bot sich ihnen bei Verkündigung des kaiserlichen Ukas über
die Gewissensfreiheit. Sofort fielen sie scharenweise von der orthodoxen Kirche
wieder ab.“
Wie aus zuverlässigen Mitteilungen von Landeskundigen
hervorgeht, bringen diese Stämme heute ihre heidnischen Opfer wie ehemals im Dunkel
der Wälder dar. Das beliebteste Opfertier ist der Schwan, an dessen Stelle man
sich mit einer weißen Ente oder Gans begnügt. An Ehrlichkeit übertreffen diese
Heiden das russische Landvolk bei weitem, weisen sie doch selbst Trinkgelder
für geleistete Dienste zurück.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1907)
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