Donnerstag, 9. Mai 2013

Tod des P. Leo Perrig S.J. im Dienste der Pestkranken




Über den schönen Tod dieses deutschen Missionärs brachten die Blätter bereits vor längerer Zeit kurze Meldungen. Wir wollten erst einen ausführlichen, genauen Bericht abwarten. Tumarikop, wo P. L. Perrig, ein Schweizer (Anm.: damals wurde der Begriff "deutsch" auch auf Schweizer und Niederländer ausgedehnt), seit 1894 tätig war, ist ein weltverlorenes Dorf im Süden der Diözese und zählt unter rund 1.500 Einwohner 500 Christen, meist arme Leute. 
Mit der ganzen Hingabe eines echten, selbstlosen Apostels arbeitete P. Perrig hier unverdrossen daran, die in geistlicher Hinsicht ziemlich verwahrlosten Gemeinde in besseren Stand zu bringen und auch die materiellen Verhältnisse seiner Schäflein nach Kräften zu bessern.
„Man kann sich denken,“ schreibt die protestantische Times of India in einem warmen Nachruf, „was es zumal für einen Europäer heißt, in einem solchen Dorf zu leben, das 21 englische Meilen (33 ½ km) von dem nächsten Marktplatz abliegt, und dies zu jeder Jahreszeit, 6 volle Jahre lang. Der gute Pater musste sich zufrieden geben mit dem wenigen, was der Ort ihm bot. Bequemlichkeiten wollte und konnte er keine haben; trotzdem war er stets guter Dinge und zufrieden.“

Da brach im letzten Sommer in Tumarikop die Pest aus. An ärztliche Hilfe u.dgl. war in dem abgelegenen Dorf nicht zu denken. Die einzige Hilfe, die die armen Leute hatten, war ihr Missionär, und dieser opferte sich, der eigenen Gefahr nicht achtend, ganz für die Seinigen auf. 
Hören wir, wie der goanesische Priester, der hochw. Herr Marshall d’Souza, darüber in einem Brief an P. Theopil Perrig, den Bruder des Hingeschiedenen und gleichfalls Missionär in Indien, berichtet:

„Ihr lieber Bruder Leo ist als Märtyrer der Liebe und treuer Pflichterfüllung gestorben. Die Pest wütete in Tumarikop mit schrecklicher Heftigkeit. Tag und Nacht war Leo in den Hütten der Sterbenden, spendete die Sakramente und geistlichen Trost, verteilte Arzneien und Lebensmittel. 
Letzte Woche sandte er zweimal zu mir um etwas bessere Kost, während er sonst nur aß wie die armen Leute im Dorf. Das beunruhigte mich, und ich besorgte gleich, er müsse erkrankt sein. Ich schrieb ihm sofort, ich wolle nach Hubli, der nächsten Stadt, kommen, um ihn einstweilen zu ersetzen. 
Seine Antwortet lautete: ‚Ich befinde mich wohl, die Pest lässt nach.‘ (Das war am Samstag.) 

Am  Montag wurde P. Leo in einem Ochsenwagen nach Hubli gebracht, bereits besinnungs- und regungslos. Am Samstag hatte er einen Pestkranken versehen und kehrte mit Fieber zurück. Dennoch blieb er in Tumarikop, um am Sonntag die heilige Messe zu lesen. Am Sonntag wurden die Glocken wie gewöhnlich geläutet; die Kirche war gefüllt, aber der Pfarrer — kam nicht. 
Man fand ihn im Armsessel, die Hände gefaltet, die Augen zum Himmel erhoben. An die heilige Messe war nicht zu denken. Der Zustand verschlimmerte sich. 
Am Montag äußerte er den Wunsch, nach Hubli gebracht zu werden. Eine schreckliche Fahrt von 6 Stunden. (…) In Hubli war er besinnungslos aus den Wagen gehoben und ins Pfarrhaus gebracht. 
Ich langte um 4 Uhr von Dharwar an und sprach ihn bei seinem Namen an. Zum Erstaunen der Umstehenden öffnete er die Augen, bot seine Hand und sagte: ‚Hier bin ich.‘ Dann flüsterte er leise, unverständliche Laute in der Kanari-Sprache. Um 11 Uhr in der Nacht kehrte das Bewusstsein zurück. Er verrichtete häufig Stoßgebetlein, erweckte Reueakte, empfing die Lossprechung und der hochw. Herr d‘ Cruz erteilte ihm die letzte Ölung und den päpstlichen Segen. 
Um 1 Uhr begann der Todeskampf; es war ein sehr leichter. Voll Andacht küsste er das Kruzifix, und während wir die Sterbegebete verrichteten, atmete er noch dreimal auf und hauchte dann seine Seele aus. Es war der 20. August. Wir hatten alles aufgeboten, um ihn zu retten. Drei Spitaldiener und alles Nötige war zur Stelle geschafft worden. 
Ihr Bruder war hier sehr beliebt, die Teilnahme allgemein. Mehrere Damen hatten sich angeboten, ihn zu pflegen. Ich lehnte es dankend ab. Wir unterließen nichts und pflegten ihn wie eine Mutter ihr Kind. 
Am nächsten Tag lasen wir in Gegenwart der Leiche zwei heilige Messen für die Ruhe seiner Seele. Den ganzen Tag war die Kirche von Gläubigen besucht. Am Abend fand das Begräbnis statt. 5 Priester und über 300 Gläubige gaben ihm das letzte Geleit. Jedermann betrachtete ihn als einen Märtyrer der Liebe. Da er an der Pest gestorben, durfte er nicht in der Kirche begraben werden. So ging denn der Trauerzug nach dem Gottesacker, wo er in der Grabkapelle beigesetzt wurde. 
In Wahrheit, Ihr Bruder starb als Märtyrer. Ich selbst und alle meine Pfarrkinder sind glücklich, dass er hierher kam, um hier zu sterben. Wir betrachten es als eine besondere Fügung und Gnade Gottes. Möchten wir doch alle sterben wie er.“

P. Perrig hatte bereits 70 seiner pestkranken Schäfchen versehen und begraben, als ihn der Tod ereilte. „Er war“, schrieb sein Oberer, „ein furchtloser und völlig selbstloser Mann. Ich hatte ihm einen Gehilfen angeboten, damit er sich etwas ausruhen könne. Er lehnte ab, vermeinend [sic]: ‚es wäre meine Schmach, seinen Posten gerade jetzt zu verlassen.‘“

P. Leo Perrig war geboren am 3. April 1862 im Schweizerkanton Wallis von hochachtbaren Eltern und trat 1882 in die Gesellschaft Jesu, in welche ihm zwei Brüder bereits vorausgegangen waren. Im Oktober 1894 in Indien angelangt, erhielt er schon bald den schwierigen Posten, auf dem er sich seine schöne Himmelskrone verdient hat. RIP.

(aus: die katholischen 

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