Pilger in Betlehem, Weihnachten 1890 |
Ein
Bericht über Volksmissionen, die 1875 von den Franziskanern im Heiligen Land
gehalten wurden:
Nach
Beit-Dschala kam das Dorf der Hirten an die Reihe. Es liegt auf dem Hügel von
Betlehem selbst, etwa 20 Minuten unterhalb der Stadt gegen Osten. Der Hügel ist
reich an Höhlen, in welchen man irdene Lampen und Gefäße aller Art, steinerne
Messer und Werkzeuge findet, zum Beweise, dass vor Alters diese Höhlen bewohnt
waren. Jetzt wohnen nur mehr etliche arme Familien darin. Der Stall von Bethlehem
war eine solche Grotte; in der am weitesten nach Osten gelegenen Höhle sollen
die Hirten gewacht haben, als ihnen der Engel die Geburt des Heilandes
verkündigte. Das Dorf der Hirten zählt gegenwärtig ungefähr 1.000 Bewohner, von
denen sich eine beträchtliche Anzahl vom Schisma zur katholischen Religion
bekehrt hat. Diesen geistigen Nachkommen der Hirten predigten wir von dem Gott
der Patriarchen, seinem Sohne, seiner Kirche; und auch sie haben sich ob der
frohen Kunde gefreut, sie haben den Heiland gefunden und verkünden nun anderen
den Trost, welchen sie in seiner Nähe verkostet haben.
Von
dort wendeten wir uns nach Betlehem selbst. Unter den 5.000–6.000 Einwohnern
von Betlehem finden sich 3.500 Katholiken, arbeitsame, betriebsame Leute.
Besonders gewandt sind sie in Anfertigung von Schnitzarbeiten, welche
Geheimnisse des Evangeliums darstellen; auch Kreuze aus Perlmutter und
Rosenkränze aus den Körnern des Ölbaumes verfertigen sie und bringen sie selbst
nach Europa und sogar bis nach Amerika zum Verkauf. Sie tragen ein Gewand aus
blauem Stoff, einen wollenen, weiß und rot gestreiften Mantel und eine schwere,
unförmige Kopfbedeckung. Die Frauen gehen barfuß, vielfach auch die Männer.
Dürftige gibt es keine unter ihnen; ihre Sitten sind patriarchalisch; nur hat
die häufige, meistens feindliche Berührung mit den Nomadenstämmen der Wüste
ihren Charakter etwas verwildert; sie sind streit- und rachsüchtig, lieben auch
das Geld gar zu sehr, so dass sie zuweilen ihre Töchter um den Preis von
5.000–6.000 Piaster den Schismatikern verkaufen. Das waren die Leute, denen wir
das Jubiläum zu predigen hatten, und auch hier waren unsere Bemühungen von
Erfolg gekrönt. „Ihr habt uns Predigten gehalten, die Steine hätten erweichen
mögen; nun, wir wollen, was wir früher getan, nicht wieder tun“ –so sprachen am
Ende der Mission einige von denen zu uns, die sich der eben erwähnten Vergehen
schuldig gemacht hatten.
(Aus: die katholischen Missionen, 1876)
(Aus: die katholischen Missionen, 1876)