(Bildquelle: JoMaSch) |
Rede in der Festversammlung des Franziskus-Xaverius-Vereins in Breslau am 15. September 1924.
Von Dr. Christian Schreiber, Bischof von Meißen in Bautzen
Es war ein weltgeschichtlicher
und wegweisender Augenblick, als der Völkerapostel auf dem Areopag zu Athen
stand, um an die heidnisch-griechische Welt heranzutreten und sie zu
missionieren – weltgeschichtlich, weil hier zum ersten Mal ein Apostel mit der
Hochburg der heidnisch-griechischen Kultur zusammentraf; wegweisen, weil hier
die Tragik der Missionsarbeit für alle Zukunft sich bereits enthüllte, jene
Tragik, die darin besteht, dass gerade bei den Intellektuellen die Missionsarbeit
oft so geringen Erfolg hat, auch wenn man ihnen mit den überzeugendsten Gründen
und mit der kraftvollsten Rede entgegentritt, wie es Paulus auf dem Areopag
tat.
Wegweisend ist dieser Augenblick
auch deshalb, weil er uns einen tiefen Einblick gewährt in den Pflichtcharakter der Missionsarbeit.
Von seinen Missionsabsichten und
seiner Missionstätigkeit will Paulus auf dem Areopag die Gründe vorbringen.
Angesichts der Inschrift eines
Altares „Ignoto Deo“ – dem unbekannten Gotte – weist er auf die Einheit Gottes hin: auf die
Tatsache, dass der eine Gott allen Menschen und jeder Mensch dem einen Gott
zugehört.
Er weist hin
auf die Einheit des Menschengeschlechts:
auf die Tatsache, dass alle Menschen als Abkommen eines Stammvaters eine
einzige Familie bilden und deshalb miteinander verbunden sind durch das Gesetz
der Solidarität.
Er weist
auf die Einheit der Erlösung:
auf die Tatsache, dass Christus für alle Mensch geworden ist, um alle selig zu
machen, dass deshalb niemand von der Erlösung und Gnade ausgeschlossen sei,
welcher Sprache und welcher Hautfarbe, welcher Nationalität und welcher
Staatsgemeinschaft er auch sein möchte.
Paulus
weist hin auf die Einheit des zukünftigen Gerichtes: auf die Tatsache, dass
alle Menschen vor dem einen Richter sich zu verantworten haben – auch darüber, wie sie ihrer Solidaritätspflicht in Bezug auf das übernatürliche
Wohl und Wehe des Mitmenschen gerecht geworden sind.
Paulus
weist schließlich hin auf die Allgemeinheit der natürlichen Gotteserkenntnis: auf die Tatsache, dass in jeder
gesunden und normalen Menschenseele eine Ahnung von Gott und der natürliche
Drang nach Gott vorhanden ist.
Aus dieser
Tatsache folgert Paulus stillschweigend, dass er Gott, Christus und der
Menschheit gegenüber das Recht und die Pflicht habe, wie alle Menschen so auch
die Athener zu missionieren, mit Christi Lehre und Gesetz bekannt zu machen,
für Christus und die Kirche zu gewinnen.
Auf dem
Areopag tat der Völkerapostel also kund, dass die Missionsarbeit eine heilige
Pflicht ist, die wir gegen Gott, gegen Christus und gegen die Menschheit zu
erfüllen haben.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1925)
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