Gedenktafel an Msgr. Hamers Geburtshaus mit dem Wappenspruch „Per te Virgo sim defensus“ aus dem Stabat Mater. (Quelle: Willemnabuurs) |
Fortsetzung von hier
Der
Bischof gab ihnen ein Schreiben an die Missionäre von San-tao—ho mit, in
welchem er auch ihnen seinen Entschluss mitteilte, allen für ihre Liebe und
ihren Eifer dankte, sie um Verzeihung bat für alle begangenen Fehler und sich
ihrem Gebet empfehlend Abschied nahm für dieses Leben. „Aus jeder Zeile sprach
das liebende Herz des heiligen Mannes und der Eifer des Apostels, der 35 Jahre
lang sich ganz für das Heil dieser Völker geopfert hatte.“ Während die
Missionäre dem Befehl Folge leisteten, setzte der greise Veteran die Residenz
mit den Christen, so gut es ging, in Verteidigungszustand, ließ Schanzen
aufwerfen und sprach allen Mut zu. Die Boxerhorden wagten denn zunächst auch
keinen Angriff, setzten aber rings in der Gegend alle Christendörfer in Brand.
Am 11. Juli fand der erste Angriff auf Ol-sche-se-tsing-ti statt. Er wurde
abgeschlagen. Ein zweiter Sturm am 13. Juli gleichfalls. Inzwischen war aber
der Feind durch 100 Mann regulärer Truppen verstärkt worden.
Am
Morgen des 20. Juli wurde ein heftiger Angriff gemacht und das Hauptwerk der
Christen, die befestigte Kirche, erstürmt. Der Bischof befand sich gerade mit
seinem einheimischen Diakon Thaddäus Jang in der Sakristei, um sich zum
heiligen Opfer vorzubereiten. Er selbst sollte diesmal das Opfer sein. Ein
furchtbares Morden begann. An 500 Christen wurden niedergemacht. Vier
Mordgesellen fanden endlich den Bischof. Er empfing sie ruhig und gefasst.
Sofort wurde er von rohen Fäusten gefasst und herausgeschleppt. Man riss ihm
die Kleider vom Oberkörper, durchbohrte die Stelle zwischen Schlüsselbein und
Schulterblatt und zog durch die Wunde eine Kette, an welche auch der Diakon
befestigt wurde. Dann wurden beide auf die Landstraße vor dem Dorf
hinausgeführt, dort an einen Pfahl gebunden und dem Gespött des Heidenpöbels
preisgegeben. Inzwischen wurde im Dorf das Mord- und Zerstörungswerk
vollbracht. In einer Zwischenpause, da der Bischof allein war, gelang es einem
treuen Christen Namens Wang-öl, sich heranzuschleichen. Msgr. Hamer gab ihm den
Auftrag, die Kunde von dem Geschehenen nach San-tao-ho zu bringen. „Wie kann
ich das? Man wird mich töten.“ – „Geh nur,“ sagte der Bischof, „du hast meinen
Segen.“ Hiernach wurden Bischof und Diakon auf einen Karren geworfen und unter
starker Geleitschaft nach der 30 Meilen entfernten „Blauen Stadt“ gebracht. Auf
dem Weg und in den Herbergen hörte der tapfere Bischof nicht auf, der neugierig
zuströmenden Menge den wahren Glauben zu verkünden. Der Obermandarin der „Blauen
Stadt“ wollte indes mit der Angelegenheit nichts zu tun haben, und so ging der
Zug weiter nach dem 20 Meilen entlegenen Tu-o-tseng. Hier sollte der gefangene
Bischof die Palme erringen.
Wir
entnehmen die näheren Einzelheiten über sein Ende einem Brief des hochw. P.
Eyck vom 3. Januar 1901. „Vier Tage hindurch wurde der ehrwürdige Greis, seiner
Kleider beraubt, durch die Straßen geführt und auf den öffentlichen Plätzen an
einen Pfahl gebunden ausgestellt. Jeder konnte mit dem Bischof nach Herzenslust
seinen Mutwillen treiben. Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Unbilden er
von dem rohen Pöbel erfahren musste. Der eine raufte ihm Bart- und Haupthaare
aus, ein anderer gab ihm Backenstreiche, ein dritter schnitt ihm mit seinem
Schwert oder Messer Stücke Fleisch vom Leib und dergleichen mehr. Der
heiligmäßige Greis hatte auf alle Rohheiten nur die eine Antwort: ‚Ich verzeihe
euch und werde für euch beten.‘
Nach
diesen tagelangen Quälereien gab der Mandarin den Bekenner den Soldaten und
Boxern preis, die mit dem Sterbenden ein grässliches Spiel trieben. Sie hingen
ihn an einem eisernen Haken auf, den Kopf nach unten. In die Wunden stopften
sie Watte und zündeten sie an. Die Eingeweide wurden aus dem Leib genommen.
Dabei zwangen die Boxer, so erzählte man, einen Bettler, das Herz des Bischofs
zu verzehren. Das Fett, das aus dem Leichnam tropfte, wurde in Töpfen
aufgefangen und später in kleine Gefäße zerteilt und um hohen Preis verkauft,
da man ihm einen wunderbare Heilkraft zuschreibt, besonders gegen
Eitergeschwüre, an denen die Chinesen viel leiden. So wenigstens erzählen die
chinesischen Christen von Ol-sche-se-tsing-ti, die es aus dem Mund von
Augenzeugen gehört. Die Heiden hielten den Bischof wegen seines langen Bartes
für einen Greis von 200 Jahren. Wahrlich, Msgr. Hamer hat sein 35-jähriges
Apostolat glorreich beschlossen, und es steht zu hoffen, dass wir ihn eines Tages
auf den Altären sehen werden.“
(Aus:
die katholischen Missionen, 1901)