Ich hatte, so schreibt P. Groenewegen S.J. aus
Muntilan (Java), einen Missionsausflug nach dem fünf Stunden entfernten
Ralibawang gemacht, wo 200 Katholiken in einigen armen Bergdörfchen wohnen,
dort die Kranken besucht, einige Kinder getauft, einige neue Häuschen
eingesegnet und einen Bauplatz für eine Kapellenschule ausgesucht.
Müde von der Klettertour in der tropischen
Hitze, war ich gegen Abend nach Hause zurückgekehrt und wollte mich ein wenig
ausruhen, als man mir einen Javaner anmeldete, der sein Söhnchen zu unserer
Schule bringen wollte.
Es war ein netter Mann, Beamter an der
(staatlichen) Opiumregie in Djatinom. Sein äußerst gebildetes Benehmen fiel mir
sofort auf. Er hatte ein Anliegen, das ihm noch mehr am Herzen lag als die
Schulfrage.
„Ich bin auch Katholik“, begann er plötzlich,
mit einer Überzeugung, die mich überraschte. „Ich bin zwar noch nicht getauft,
aber ich glaube. Ich glaube alles wie die Katholiken, und ich möchte gerne die
heilige Taufe empfangen.“
„Ja, wie seid Ihr denn zu diesem Glauben
gekommen?“ frug ich ihn verwundert. „Es ist das Werk des Geistes Gottes.“
„Kennt Ihr die Gebete?“ „Ja, alle.“ „Betet einmal das Vaterunser.“ Wirklich, er
wusste alles. Und doch war er noch nie in einer katholischen Kirche gewesen und
kaum je mit einem Katholiken zusammengetroffen.
Vor etwa einem Jahr hatte er, von Gottes Gnade
angetrieben, hierher geschrieben und um einen Katechismus und ein Gebetbuch
gebeten. Das hatte er dann studiert. Er wohnte viel zu weit weg, um hierher zur
Kirche kommen zu können. Als Beamter hatte der Mann nur zwei Tage Urlaub; bis
zu seiner Wohnung war’s fast eine Tagereise; am nächsten Morgen um 8 Uhr wollte
er den Rückweg antreten. Das Taufexamen musste also sofort beginnen. Es war zum
Verwundern, wie genau der Katechumene auf alles zu antworten wusste, über
Schöpfung, Erbsünde, Erlösung usw.
Auf meine Frage, wer ihm das alles so gut
erklärt habe, hatte er nur die alte Antwort: „Es ist das Werk des Geistes
Gottes.“
Als er mir darauf sagte, er habe auch die
Heilige Schrift gelesen, dachte ich, vielleicht hätten Protestanten ihn
unterrichtet. Darum begann ich ihn über die Mutter Gottes zu fragen, über Papst
und Altarssakrament.
Aber er wusste genau, dass Maria frei von der
Erbsünde und unsere mächtigste Fürsprecherin im Himmel sei. „Und wer ist das
Haupt der Kirche?“ „Früher die Apostel, jetzt der Papst.“ (es war natürlich
immer schon der Papst) „Wer war das Haupt der Apostel?“ Er zögerte mit der
Antwort. Der fremde Name schien ihm schwer zu behalten. Aber wie ich Petrus
nannte, fügte er sofort bei: „O ja, der zuletzt Simon hieß.“ Dann kam das
heilige Altarssakrament.
Es war ergreifend, diesen Mohammedaner, der
noch nie das Glück gehabt hatte, am Fuß eines Altars zu knien, sorgfältig
erklären zu hören, dass man in der heiligen Kommunion unter den Gestalten von
Brot den wirklichen Leib Christi empfange und unter den Gestalten des Weines
sein heiliges Blut.
Als ich auf die Beichte kam, schien es mir
zuerst, als glaube er, man müsse seine Sünden nur Gott bekennen, und als wolle
er von einem Bekenntnis vor dem Imam (Priester) nichts wissen. Sobald ich aber
den Ausdruck „Pastor“ gebrauchte, war er sofort wieder im rechten Gleis. Beim
Wort Imam (das man im Malaiischen auch für den Missionär gebraucht) schien er zu
viel an einen mohammedanischen Geistlichen gedacht zu haben.
Da ich bei dem Mann so viel Wissen und ein
solches Verlangen nach dem Christentum sah, glaubte ich mit dem hl. Petrus
sagen zu müssen: „Was kann uns noch abhalten, ihn zu taufen?“ Sofort wurde
alles bereitgemacht. Noch eine kurze Vorbereitung, dann beteten wir zusammen,
und am selben Abend taufte ich ihn zu seiner übergroßen Freude auf den Namen
Emanuel.
Dann führte ich den Neugetauften durch die Kirche, erklärte ihm Altar,
Kommunionbank, Beichtstuhl, dann auch den Kreuzweg usw.
Wie freute er sich darauf, am nächsten Morgen
zu ersten Mal in seinem Leben der heiligen Messe beiwohnen zu dürfen! Und erst
die heilige Kommunion! Wie andächtig lauschte er jedem Wort! Und dann ging sein
Blick immer wieder unwillkürlich nach dem Tabernakel und seine Augen glänzten
vor Verlangen.
Noch nie sah ich Gottes Gnade so offensichtlich wirken wie in
diesem Mann.
Am folgenden Morgen empfing Emanuel voller
Ehrfurcht die erste heilige Kommunion. Um 5 Uhr schon war er zugegen bei der
heiligen Messe, folgte ihr voll Andacht und blieb danach sitzen, um auch der
Sechsuhr-Messe beiwohnen zu können.
Überglücklich kehrte er dann nach Hause
zurück, fest entschlossen, seine Angehörigen womöglich desselben Glückes
teilhaftig zu machen.
(Aus: die katholischen Missionen, 1918)