Das Leben Augustin Olberts fiel in eine bewegte Zeit der
Weltgeschichte. Im Jahr 1895 in der Bergstraßengemeinde Dossenheim geboren,
wurde er während seiner Gymnasialzeit im Steyler Missionshaus St. Wendel wie
so viele Kleriker zum Frontdienst im Ersten Weltkrieg gerufen. Nach seiner
Rückkehr trat er 1920 ins Noviziat ein. Auf die Priesterweihe im Jahr 1926 folgte
wenig später die Sendung nach China. Seine ersten Posten befanden sich in der
Schantung-Mission der Steyler Missionare, darunter auch in Tsangkow, einer Vorstadt von Tsingtao. Es herrschte Aufruhr im Nordosten Chinas. Die Truppen
der Zentralregierung durchzogen das Gebiet im Kampf gegen meuternde Armeen, und
auch an den in China so häufigen Räuberbanden fehlte es nicht. In Tsangkow richtete P.
Olbert eine ambulante Krankenpflege für die vielen Binnenflüchtlinge ein.
Im Jahr 1928 wurde er in den Distrikt Chucheng versetzt, wo
der heilige Josef Freinademetz 50 Jahre vorher das Evangelium gepredigt hatte.
Doch in 6 Jahren blieb die missionarische Ausbeute gering; Olberts Tätigkeit
beschränkte sich so auf die bereits bestehenden Christengemeinden in der
weitgehend heidnischen Umgebung.
Die Versetzung nach Kaomi im Jahr 1936 brachte gleichzeitig
die Ernennung zum Provinzial der neuen Ordensregion „vom heiligen Kreuz“ mit
sich, die die Vikariate Tsingtao und Lini umfasste. Eine der Hauptaufgaben des
Regionals war es, den religiösen Geist der Mitbrüder zu stärken. Die
einstweilige Ruhe in Schantung wurde bald durch den Einmarsch der Japaner
gestört, die die Mission aber unbehelligt ließen. In dieser Zeit flüchteten sich
tausende Chinesen in die Missionsstationen der Steyler Missionare. Nach der
Stabilisierung der Lage machte sich P. Regional Olbert an den Bau eines
neuen Ordenshauses und besuchte die Missionare auf ihren Stationen. In der „Kaomi-Korrespondenz“
behandelte er pastorale Fragen wie die christliche Überwindung des Aberglaubens.
Eine harte Prüfung wurde der frühe Tod des Bischofs von Tsingtao, Georg Weig
S.V.D., im Oktober 1941. Mit dem Fortschreiten des Zweiten Weltkriegs
verschlechterte sich die Situation der Mission. Die Gegend wurde
kommunistisch unterwandert, 1942 wurde P. August Hättig, 1944 P. August
Müller ermordet.
Das offizielle Ende des Zweiten Weltkriegs brachte für China
nur die Veränderung, dass nun der Bürgerkrieg zwischen Kuomintang und Kommunisten
wieder aufflammte. Noch stand Tsingtao unter dem Schutz der Amerikaner, und
P. Olbert fand Zuflucht bei Bischof Tien. Dieser wurde jedoch bald zum Kardinal
und Erzbischof von Peking ernannt, wodurch Olbert als Provikar zeitweise die
bischöflichen Aufgaben übernehmen musste, bevor er 1948 selbst zum Bischof von Tsingtao
ernannt wurde. Bei seiner Inthronisation sagte Bischof Olbert: „Wir wollen in
heiliger Pflichterfüllung treu ausharren, wenn alles um uns fällt, um zuletzt
wenigstens Zeugen für das Gottesreich auf Erden zu opfern und – wenn es sein muss
– zu verbluten.“
Im Oktober 1949 wurde schließlich die Volksrepublik
ausgerufen, Tsingtao war bereits im Juni in die Hände der Kommunisten gefallen.
Die offizielle religiöse Toleranz der frühen kommunistischen Herrschaft nutzte
Bischof Olbert, um 40 Präsidien der Legion Mariens zu gründen, die in China die
Speerspitze des katholischen Widerstands gegen den Kommunismus bildete. Der
religiöse Eifer der Katholiken wuchs, gleichzeitig wurden die Schwierigkeiten
durch die neue Regierung immer größer. Bald war die Schule ganz für die
katholische Mission verloren. Antireligiöse Hetze trat an ihre Stelle. Es folgte
die Verhaftung von Legionären und die Agitation zur Gründung der staatlich
gelenkten „patriotischen Kirche Chinas“. In der Nacht auf den 4. August 1951
wurde schließlich auch Bischof Olbert mit einigen Missionaren verhaftet. In stundenlangen
Verhören, oft unter schwerer Folter, musste der Missionsbischof seine „Sünden“
gegen Volk und Staat erforschen. In typisch kommunistischer Manier wurden dann
einige Waffen und ein Radio zusammengetragen, neben den der „Volksfeind“ für
ein Foto posieren musste, als Beweis für die angeblichen imperialistischen
Machenschaften der Missionare. Die darauffolgende Haft des Bischofs wurde zu
einer psychischen Tortur, da sein Zellennachbar, ein Katholik, ihn ständig dazu
drängen wollte, zuzugeben, dass eine „unabhängige“ chinesische Kirche einen
eigenen Papst wählen dürfte. Dem Mann war versprochen worden, dass er sich und
seine Familie durch diesen Dienst an der kommunistischen Sache retten könnte.
Die schlimmste Strafe folgte im Juni 1953, als Bischof Olbert, der sein Missionsgebiet
um keinen Preis verlassen wollte, schließlich aus China ausgewiesen wurde.
Statt sich von seinen Strapazen und den traumatischen
Erlebnissen der Verfolgungszeit auszuruhen, entfaltete Olbert eine rege pastorale
Betätigung als Weihbischof in seiner Heimatdiözese Freiburg, in deren Laufe er
hundert Kirchen konsekrierte und mehr als hunderttausend Gläubigen das
Sakrament der heiligen Firmung spendete. Msgr. Augustin Olbert S.V.D., der
dritte Bischof von Tsingtao, starb am 18. November 1964 in Heidelberg. In
seiner Grabrede zitierte Erzbischof Schäufele den Verstorbenen zu dessen
bewegtem Leben: „Ich habe viel gelitten, und ich habe viel dabei gelernt. Ich
danke Gott für alles.“
(Quelle: Steyler Missionschronik 1966)
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