Die Kongo-Ausstellung in London. Der Feldzug der
englisch-protestantischen Missionsgesellschaft „gegen die Gräuel in
Belgisch-Kongo“ dauert fort. Das letzte Ziel der ganzen Bewegung ist klar
genug. Man gönnt dem kleinen katholischen Belgien seinen herrlichen, ihm durch
die Berliner Konferenz vom 25. Februar 1885 zugesprochenen Besitz nicht und
sähe ihn lieber unter britischer Oberhoheit. Daher macht man es wie weiland
Amerika, als es die „spanischen Untaten“ auf Kuba und den Philippinen „enthüllte“,
um einen Vorwand zum Einspruch und zur schließlichen Besitzergreifung zu
gewinnen. Stimmungsmache gegen Belgien war auch der Zweck der
Kongo-Ausstellung, welche die englische Baptistenmission unter Mitwirkung der
amerikanischen Baptisten, der „Kongo-Balolo-Mission“ und der „schwedischen
Mission“ in den Sälen der Königl. Gesellschaft für Gartenkunst in Westminster
im September bis Oktober [1909 oder 1910] veranstaltete.
Was hier in verschiedenen Abteilungen von den Produkten des
Kongogebietes, den häuslichen und religiösen Sitten und Gebräuchen der
Eingeborenen, der Tätigkeit der protestantischen Mission vorgeführt wurde, war
ja ganz schön, diente aber nur als Aushängeschild, um das Publikum zu den
Vorträgen zu ziehen, die von protestantischen Predigern und Missionsfrauen über
die „Gräuel am Kongo“ gehalten werden. Farbensatte Riesenbilder und Plakate,
die z. B. einen Neger mit abgeschnittenen Gliedmaßen darstellen, sollten die
Wirkung der ohne nähere kontrollierbare Angaben vorgebrachten Räubergeschichten
noch erhöhen. Da sah man in Bild und kinomatographischer [sic] Vorführung ganze
in eine verlassene Wüste verwandelte Landschaften. Dass der Grund dieser
strichweisen Entvölkerung kein anderer als die schreckliche Schlafkrankheit
ist, erfahren die Zuhörer und Zuschauer natürlich nicht. An allem müssen
selbstverständlich die bösen Belgier schuld sein. Die Untaten einzelner werden
dem ganzen Volk und der Regierung auf Rechnung gesetzt. Kein Wort von den
großartigen Leistungen Belgiens am Kongo nicht nur in materieller, sondern auch
in zivilisatorischer Hinsicht und von seinen Verdiensten um das Missionswerk.
Man muss mit Bedauern feststellen, dass in diesem ganzen Antikongo-Feldzug die
sonst mit Recht gerühmte britische Fairness in auffallender Weise vermisst wird
und das pharisäische: „Ich danke dir, dass ich nicht bin wie jener [belgische]
Zöllner“ in wenig erquicklicher Weise durchklingt.
(Aus: die katholischen Missionen,1910)
In einem anderen Artikel über dieses Thema bezeugt jemand, dass er selbst sicher weiß, dass ein Einheimischer, der seine Hand angeblich wegen belgischer Gräuel verloren hätte und der als Paradebeispiel von den europäischen Medien angeführt wurde, in Wirklichkeit durch einen Jagdunfall, und zwar durch die Explosion des Gewehrs, verstümmelt wurde. Ich hoffe diesen Artikel posten zu können, wenn ich ihn wiederfinde.
Ich hab da mal ein bisschen Recherche betrieben: https://nolitetimereweb.wordpress.com/2021/03/12/die-kongograuel-teil-1-entstehung-und-system-des-kongo-freistaats/
AntwortenLöschen- Crescentia
Sehr interessant, werde ich bei Gelegenheit unbedingt lesen!
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