Die katholische Kathedrale von Reykjavik, die Christ-König-Basilika. Bei ihrer Einweihung 1929 war sie die größte Kirche des Landes. (Quelle) |
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Eine
unlängst zur katholischen Kirche übergetretene Dame hatte keine Ruhe, bis sie
das römische Missale (das Messbuch des Priesters) durch einen des Lateins
kundigen Protestanten hatte untersuchen lassen. Sie hatte nämlich immer gehört,
dass der Priester bei der heiligen Messe über das anwesende Volk durch gewisse
Zaubersprüche und Beschwörungsformeln den Fluch herabrufe. Nun konnte sie sich
selbst überzeugen, wie sehr das gerade Gegenteil der Fall war.
Die
tiefgewurzelten Vorurteile gegen die katholische Kirche erklären dann auch das
Aufsehen und den Schrei der Entrüstung, der sich vorläufig noch fast bei jeder
Konversion erhebt. Der „Unglückliche“ wird als Apostat betrachtet und
dementsprechend selbst von den eigenen Eltern und Geschwistern behandelt. Es
braucht wirklich Mut, um trotzdem den Schritt zu tun. Gott sei gelobt, fehlt es
nicht an solchen mutigen, großherzigen Seelen. Übrigens wird die feindselige
Stimmung in dem Maße schwinden, wie die noch recht kleine Zahl isländischer Katholiken
wächst.
Die
Hauptaufgabe der Mission besteht vorläufig darin, den Schutt der alten Vorurteile
langsam wegzuräumen, und in dieser Hinsicht ist der Erfolg handgreiflich. Die
arme kleine Kapelle ist jeden Sonntag angefüllt und kann oft die Leute nicht
fassen. Der Isländer ist sehr wissbegierig, und diese Wissbegier oder Neugier füllt
die Kirche. Man will sehen, was dort vor sich geht, und hören, was gesagt wird.
So kommen viele unter den Einfluss des aufklärenden Lichts.
Gerade
unter den hervorragendsten, geistig bedeutendsten Männern des Landes zählt die
katholische Kirche einige aufrichtige Freunde und Bewunderer. Man höre
z. B., wie der gefeierte vaterländische Dichter und protestantische
Prediger Mathies Jochumson im „Nordei“, dem ersten isländischen Blatte, sich
ausspricht: „Alles, was man gegen die gebenedeite Mutter, die erhabene Kirche,
vorbringt, ist Unwahrheit, Lüge und Verleumdung. Alles, was die katholische
Kirche, diese Versammlung der Heiligen, predigt und lehrt, hat kein anderes
Ziel als Heiligung der Seelen.“
Der
Obere der katholischen Mission hatte den Dichter gebeten, einige Kirchenlieder
ins Isländische zu übersetzen. „Was Sie schreiben“, so erwiderte derselbe, „entspricht
ganz der Wahrheit. Unsere einheimische Literatur ist reich an Dichtungen zu
Ehren Mariens, und es ist daher für den isländischen Dichter sehr leicht, Lieder
zu Ehren U.L. Frau zu verfassen oder zu übersetzen, und ich habe nie verstehen
können, warum unser ‚heiliger‘ Vater Luther ihre Verehrung so gewaltig geächtet
hat.“
Eine
kräftige Stütze der Predigt bietet Spital und Schule. Das erste beweist, dass
die katholische Kirche das Liebesgebot des Meisters nicht vergessen hat, die
zweite, dass sie keine Feindin der Bildung und des Fortschritts ist. Beide Anstalten
sind in den Händen der St. Josephsschwestern von Chambery trefflich aufgehoben.
Diese haben sich die allgemeine Liebe und Verehrung in hohem Grad gewonnen. Der
Ruf ihres Spitals ist weit ins Land gedrungen, und oft werden Kranke aus
weitentlegenen Gegenden hergebracht trotz der Nähe protestantischer
Krankenhäuser. Der frühere Stiftsamtmann von Reykjavik veröffentlichte sowohl
über Spital wie Schule überaus wohlwollende lobende Aufsätze in der Presse.
Auch die Schule hat sich aus sehr ärmlichen Anfängen heraus recht günstig
entwickelt. Man vergesse nicht, dass Reykjavik eine Stadt von 10.000 Einwohnern
ist und ganz modern eingerichtete Schulen besitzt. Das armselige katholische
Schülchen erregte daher anfangs nur Spott; man dachte sicher, es würde aus sich
selbst wieder eingehen. Nur sehr wenige Familien verstanden sich dazu, ihre
Kinder der Schule anzuvertrauen. Aber die trefflichen Erfolge brachten bald
eine Wendung. Der frühere Stiftsamtmann und mehrere angesehene Familien, ja
selbst protestantische Prediger sandten ihre Kinder. Heute zählt sie 56 Kinder;
es ist die höchste Zahl, die in dem kleinen unansehnlichen Bau Platz hat.
Die
Lage der Mission ist also eine recht günstige; es ist nur zu bedauern, dass sie
bisher die Mittel nicht aufbringen konnte, um ein würdigeres Gotteshaus und ein
stattliches Schulgebäude aufzuführen.
(Aus:
die katholischen Missionen, 1908)