Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier

Montag, 16. Mai 2016

Zu Pfingsten (Teil 3)



„Als nun diese Stimme erscholl, kam die Menge zusammen und entsetzte sich; denn es hörte ein jeder sie reden in seiner Sprache.“ Andächtige Christen! Die Menge der Juden hatte das Brausen des Sturmes, der die Ankunft des Heiligen Geistes verkündigte, vernommen. In dichten Massen drängten sie sich um den geheimnisvollen Abendmahlssaal. Derselbe Geist, der die Apostel antreibt, hinauszutreten und zu der Menge zu reden, derselbe Geist treibt auch sie an, dies Haus zu umlagern, das in seinen Mauern die eben geborene Kirche Christi birgt. Das Apostelhaus, das neue Sion, wird der Sammelpunkt, an welchem die Menge  der Völker zusammenkommt. „Es waren aber zu Jerusalem Juden wohnhaft, gottesfürchtige Männer, aus allerlei Völkern, die unter dem Himmel sind.“ „Parther, Meder, Älamiter und Bewohner von Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, Pontus und Asien, von Phrygien und Pamphylien, Ägypten und von den Gegenden Libyens bei Cyrene…, Ankömmlinge von Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber.“

So steht auch heute noch, andächtige Christen, das Apostelhaus auf Sion, unsere heilige Kirche, als die Stätte, als der Vereinigungs- und Einigungspunkt, an welchem die Menge der Völker, wenn ihre Stimme erschallt, zusammenkommt. Unsere Kirche ist wahrhaft die Kirche Christi, weil sie die eine Völkerkirche, die allgemeine, katholische Kirche ist. Ihre Missionstat ist die Verwirklichung der Pfingsthoffnung: „Sende aus deinen Geist, und sie werden neu geschaffen, und du wirst das Angesicht der Erde erneuern.“ 

Das Jerusalem des Pfingstfestes wird durch die Ausgießung des Heiligen Geistes zum erklärten Gegensatz Babels. Dort, beim Beginn der Völkergeschichte, wurde die ursprüngliche Einheit in die Vielheit und Verschiedenheit der Sprachen und Religionen, der Götter und Kulte, der Stämme und Nationen aufgelöst. Hier lernen sich die Völker wieder verstehen. Dort trennten sich die Wege der Menschheit. Hier in Jerusalem führen sie wieder zusammen, insofern alle Menschen in der Einheit des Glaubens, in der einen Familie der Kinder Gottes, in der einen, alle Völker und Zeiten umfassenden Kirche Christi vereinigt werden sollen.

Noch ein anderer Gegensatz waltet zwischen Babel und Jerusalem. Dort in Babel hatte der verblendete Menschengeist gesprochen: „Lasset uns einen Namen machen!“ Hier aber spricht der Gottesgeist, und den Inhalt seiner Worte verkündet die staunende Volksmenge: „Wir hören sie in unsern Sprachen die Großtaten Gottes aussprechen.“ Die Großtaten Gottes! Das war es, was die Menschen vergessen hatten und die Apostel wieder verkündigten. Die Großtaten Gottes in der Erschaffung, in der Erlösung, in der Heiligung und Beseligung, das ist’s, andächtige Christen, was die Heiden nicht kennen und was ihnen die Mission bekannt geben muss. Die Mission verkündet den Völkern in ihren Sprachen die Großtaten Gottes. O dass diese Missionskunde in Sturmesbrausen über das weite Erdenrund dahinfahre! O dass diese Missionsbotschaft in Feuerflammen über die Völker komme! Die Pfingsterleuchtung muss über die Heidenwelt kommen. Die Pfingstbitte muss unsere Missionsbitte und die Pfingsthoffnung unsere Missionshoffnung sein.


(Aus: Robert Streit O.M.I.: Missionspredigten, Herder, 1913)

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