P. André Soulié M.E.P. (erste Reihe, zweiter von rechts) neben Bischof Felix Biet |
Aus einem Brief des Apostolischen Vikars von Tibet, Msgr.
Giraudeau.
„Am 3. April 1905 kam eine Schar Lamas von Bathang mit
etwa sechzig Kriegern, welche sie in drei Dörfern gewaltsam rekrutiert hatten,
etwas vor Sonnenuntergang in Yaregong an. Pater Soulié war durch die roten
Lamas von Yaregong zum Voraus hiervon in Kenntnis gesetzt worden und hatte
damals eben alles zur Abreise bereit gemacht und seine Sachen ins Depot
gebracht.
Da er die Vorgänge in Bathang zum Teil nicht kannte, glaubte
er, nichts Weiteres als eine Plünderung fürchten zu müssen. Als er nun aber
sein Haus durch die Lamas und ihre Krieger umringt sah, hielt er es für gut,
sich auszuliefern; übrigens hatte er auch kein Mittel zu entkommen. Er trat
daher zur Tür heraus mit den Worten: „Da bin ich, ihr könnt mit mir machen, was
ihr wollt, selbst mich töten.“ Da niemand Hand an ihn zu legen wagte, befahl
der Führer der Lamas einem sehr verrufenen Menschen, sich des Missionärs zu
bemächtigen, indem er ihm eine gute Belohnung versprach.
Der Tibetaner gehorchte sofort und umfasste den Pater mit den
Armen. Er wurde an den Füßen gefesselt; man ließ ihm aber die Hände frei.
Während man ihm die Fesseln an die Füße legte, erhielt er einen Säbelhieb auf
den Kopf, der ihn aber kaum verwundete, und an der Seite wurde er von einem
Stein getroffen, an welchem er bis zum letzten Augenblick zu leiden hatte. Die
Lamas von Bathang warfen ihm nur das eine vor, dass er eine andere Lehre als
die Lamaserei [buddhistisches Kloster] predige.
Hierauf drang der Anführer der Lamas in die Zimmer des
Paters und entdeckte dort ein Verzeichnis, in dem alle Habseligkeiten des
Priesters auf tibetanisch aufgeschrieben waren. Dieses Verzeichnis diente ihm
nun dazu, auf alles Hand zu legen. Als dann alle Gegenstände und Vorräte der
Mission, wie auch die der Christen genommen waren, befahl der gleiche Anführer
sechzehn seiner Leute, den Pater zu töten.
Diese führten ihn an ein wenig aus dem Dorf hinaus und
banden ihn an einen Baum. Sofort traf ihn eine Kugel am Hinterkopf und ging bei
der Stirn hinaus. Ein zweiter Schuss traf ihn gerade ins Herz. Die Mörder
banden den Leichnam los und bedeckten ihn zur Hälfte mit Steinen und
Baumzweigen. Es war am 14. April, dem Feste der Schmerzen Mariä, gegen
zehn Uhr morgens, als unser Martyrer sein Opfer vollendete.
Herr Soulié, aus dem Bistum Rodez, war seit 1885 Missionär
in Tibet.
(Aus: Annalen der Verbreitung des Glaubens, 1906)
Pater Soulié war auch ein bedeutender Botanist, darum habe ich ihn in diese Liste aufgenommen (letzter Eintrag).
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