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Montag, 24. September 2012

Heldenhafte Tätigkeit der Missionäre während der Pest in Indien



Die Pest in Indien will immer noch nicht weichen. Ende vorigen Jahres begann sie von Bombay aus abermals ihren Rundgang durch einen großen Teil des Landes und forderte in den Monaten Februar und März wöchentlich wenigstens 25.000 bis 30.000 Opfer. Besonders stark wurden außer Bombay die Zentral- und Nordwestprovinzen betroffen. Aus den vielen traurigen Berichten und Notrufen, die alle die gleichen herzerschütternden Szenen malen, seien zwei aus dem Pendschab (Kapuzinermission), wo die Verheerungen einen furchtbaren Grad erreichten, wenigstens in Kürze hervorgehoben.

„Die große Hitze“, so schreibt P. Bernhardus OFM Cap. An seinen Bischof, Msgr. Pelckmans aus Kuschpur, Diözese Lahor, „hat dem Wüten der Pest einigermaßen Einhalt getan. Ich atme endlich wieder auf und benutze diesen Augenblick, um Ihnen ein schwaches Bild von dem zu entwerfen, was wir seit einem Monat erlitten haben. Wir hatten eben freudig das heilige Osterfest gefeiert, das Alleluja hallte noch in unserer armen, für die Gläubigen viel zu kleinen Kapelle wider, als ich, zurückgekehrt in meine Wohnung, mich von einer Schar Eingeborener umringt sah, außer sich, weinend, schreiend: ‚Vater, Vater, erbarme dich — die Pest ist im Dorf! Ein junger Mann ist nach zwei Tagen daran gestorben — andere im gleichen Hause sind gleichfalls angesteckt!‘
Was wir gefürchtet, war eingetreten: die Pest stand vor unserer Tür! Ohne weiter zu zögern, eilte ich, das erste Opfer zu begraben — dann spendete ich einer armen Mutter die letzten Sakrament, eine Stunde später war sie eine Leiche und in weniger als zwei Stunden begraben. Ohne Zeit zu verlieren eile ich zu zwei anderen Opfern, fand die Beulen sehr sichtbar unter den Armen.
Es blieb kein Zweifel übrig: es war wahrhaft die Pest mit all ihren Schrecken! In Gottes Namen, wir müssen uns in Ergebung fügen! Ich benachrichtigte die ehrwürdige Mutter des Klosters der Barmherzigen Schwestern von Gent. Das genügte, ihren Eifer aufs höchste zu steigern. Gott allein weiß, wie viel Gutes sie gewirkt hat! Sie eilte von Haus zu Haus, die Kranken pflegende, ihnen die niedrigsten, schwersten Dienste leistend. Dabei hatte sie noch täglich 50-60 Kranke, welche ihre Armenapotheke bestürmten. Wie oft hat sie sich nicht der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt — aber Gott wachte über diesen Engel der Barmherzigkeit!
Trotz all meiner Anstrengungen und Bemühungen, die Fortschritte der Krankheit zu hemmen, nahm sie ihren schrecklichen Verlauf; in wenigen Tagen hatte ich 50 ihrer Opfer begraben. Doch kann ich zu Eurer Bischöflichen Ganden und meinem Troste feststellen, dass alle gut vorbereitet starben, wofür ich Gott Dank sage. Oft hatten die Kranken nur noch eben Zeit, sich auf den Tod vorzubereiten. Nicht weniger tröstlich war es, dass die Katechumenen mich unter Tränen baten, ihnen die Taufe zu spenden.
Leider war die Unvorsichtigkeit meiner Leute oft der Grund der Ansteckung. Vergeblich mahnte ich sie, doch nur die nötige Zahl von Personen zur Pflege bei den Kranken zurückzulassen. Bei jedem Besuch fand ich, auch nicht zum Besten der Kranken, das Haus gefüllt, sodass ich kaum einzudringen im Stande war.
Als dann aber die Krankheit immer drohender auftrat und ich in wenigen Tagen über 40 Opfer begraben musste, wurde die Bevölkerung von solchem Schrecken erfasst, dass sie die verseuchten Häuser ganz verließ und bei Tag unter den glühenden Sonnenstrahlen auf freiem Feld lagerte, wo sie auch die Nacht zubrachte. „Eines Abends meldete mir ein Christ, dass eine Familie ihr Haus verlassen und in demselben eine pestkranke Frau ohne Hilfe schon zwei bis drei Tage liege. Man wusste nicht, ob sie noch lebe oder bereits tot sei. Ich begab mich sogleich mit Bruder Idesbald dahin.
Allein beim Eintritt nahm uns ein pestilenzialischer Gestank den Atem und zwang uns zur Rückkehr. Ich erriet sogleich die Ursache, und mich überwindend drang ich trotzdem in die Hütte ein. Im äußersten Winkel des Zimmers entdeckte ich die mit Lumpen bedeckte Leiche einer armen Frau, auf dem nackten Boden liegend, in vollster Verwesung. Zu ihren Füßen ein Krug Wasser! Die Ausdünstung war unerträglich.
Um nicht in dieser verpesteten Atmosphäre ohnmächtig zu werden, wankte ich, Nase und Mund bedeckend, zur Tür, um Luft zu schöpfen und die in den Feldern lagernden Familienmitglieder zurückzurufen. Vergebliches Bemühen; niemand kam, und ich musste mich bis zum nächsten Morgen gedulden, an welchem endlich einige mutige Christen den Leichnam begruben. Es ist ein wahres Wunder, dass keiner von ihnen, obschon sie die völlig verweste Leiche auf ihren Armen zum Friedhof getragen hatten, die Krankheit sie holte. Gott wollte augenscheinlich die heldenmütige Handlung der Nächstenliebe lohnen.


Nach einigen Erkundigungen erhielt ich über die unglückliche Frau Aufschluss. Sobald sie sich von der Seuche ergriffen fühlte, ließ sie ihren Sohn kommen und sagte ihm: ‚Ich habe die Pest, es ist um mich geschehen, ich muss sterben; ihr Übrigen, die ihr in diesem Haus wohnt, flüchtet euch ins Freie; stellt mir einen Krug mit Wasser hin und lasst mich im Frieden sterben.‘ Leider erfuhr ich zu spät von ihrem Zustand und konnte sie nicht mehr für den Himmel retten.
Gegenwärtig ist die Pest im Abnehmen begriffen, aber noch nicht erloschen. Der Gott der Barmherzigkeit wolle diese schwere Prüfung bald ganz von uns nehmen und unserer Mission die Ruhe und den Frieden wiedergeben!


(Aus: die katholischen Missionen, 1904)

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