Am 20.
Januar erlosch in Toulouse ein glänzendes Licht der französischen Kirche, Se.
Eminenz Kardinal Florian Desprez, Erzbischof von Toulouse. Da ein Teil seines
langen, vielbewegten Lebens auch den auswärtigen Missionen angehört, so dürfen
wir seinen hochgeachteten Namen hier nicht unerwähnt lassen. Geboren am 14.
April 1807 in Ostricourt (Nord), wirkte er, mit 22 Jahren schon Priester,
zunächst als Kaplan an der Kathedralkirche von Cambrai und bewies hier
besonders während des Cholerajahrs 1830 großen Mut und Seeleneifer. Als Pfarrer
von Roubaix verdiente er sich durch seine Liebe zu den Armen den Ehrennamen
eines „Vaters der Unglücklichen“.
Seine feurige Natur drängte ihn zu den
auswärtigen Missionen, und das Jahr 1850 sah ihn auf dem Weg nach der Insel
Réunion. Der Kapitän des Schiffes, Herr de Plas, und der Leutnant Clerc wurden
später beide Jesuiten und letzterer eines der blutigen Opfer der Commune von
1870.
Durch
Beschluss der französischen Republik von 1848 hatten auf Réunion 100.000 Neger
plötzlich ihre Freiheit erlangt. Dieser unvorbereitete Umschlag wurde hier wie
anderswo für die armen Schwarzen verhängnisvoll und stürzte sie erst recht in
Not und Elend. Abbé Desprez nahm sich derselben von Anfang mit hinopfernder
Liebe an und schloss auch die zahlreiche Aussätzigen, die in elenden Baracken
hilflos verlassen lagen, davon nicht aus. Er besuchte sie regelmäßig, tröstete,
unterrichtete sie und taufte mit eigener Hand 19 dieser Unglücklichen.
Am 5.
April 1851 wurde Desprez auf den bischöflichen Stuhl von St. Denis auf Réunion
erhoben. Die Insel verdankt ihm ein Priesterseminar, die Berufung von Ordensschwestern,
den Ausbau der Kathedrale und die trefflichen Statuten für den Klerus, die auf
vier von ihm berufenen Synoden beraten wurden. Das mörderische Klima führte den
seeleneifrigen Bischof in wenigen Jahren an den Rand des Grabes.
Um ihn zu retten, wurde er 1857 nach Frankreich zurück auf den bischöflichen Stuhl von Limoges berufen. Zwei Jahre später wurde er Erzbischof von Toulouse, am 12. Mai 1879 Kardinal der römischen Kirche. Diese zweite lange und tatenreiche Periode liegt außerhalb unseres Rahmens. Zeitlebens aber blieb der hohe Kirchenfürst ein besonderer Freund des katholischen Missionswerks und großer Förderer des Vereins zur Verbreitung des heiligen Glaubens.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1896)