Fortsetzung von hier
Dasselbe Dekret gestattete den Missionären, bei der heiligen
Messe das Tsin-kin [auch oft Jijin], eine Kopfbedeckung nach Art des
alten chinesischen Gelehrtenbiretts, zu tragen, da nach chinesischer Auffassung
feierliche Handlungen nicht unbedeckten Hauptes vollzogen werden dürfen[1].
(Vgl. dazu Bild oben.)
Verschiedene Ursachen hinderten vorläufig die Durchführung
dieser weitreichenden Zugeständnisse Pauls V. Als dann 1661 die Jesuiten in
China bei der inzwischen 1622 gegründeten Propaganda um die Erneuerung der von
Paul V. gemachten Zugeständnisse einkamen, wurde das Gesuch abgeschlagen. Eine
1667 nach Rom gesandte Denkschrift des Belgiers P. François de Rougemont blieb
gleichfalls ohne Erfolg. Inzwischen hatte der tüchtigste Sinologe der Mission,
P. Luigi Buglio, eine sorgfältige Übersetzung des römischen Missale mit dem
Titel Mi sa King tien (gedruckt 1670
zu Peking), des römischen Breviers: Se to
ko tien (gedruckt zu Peking 1674), des römischen Rituale: Tsi scheng sche li tien (Peking 1675)
angefertigt. Bereits früher waren die ganze Summa des heiligen Thomas (Tschao sing hio iao) in 30 Bänden
(Peking 1654 ff) und ein Lehrbuch der Moraltheologie (Se totien iao) in chinesischer Sprache erschienen. Diese
umfassenden Arbeiten hatten den Zweck, die nötige theologische Literatur für
die auf chinesischer Grundlage beruhende Ausbildung einheimischer Priester zu schaffen.
Sie beweisen, wie fest entschlossen man war, den von Paul V. gebilligten neuen
Weg zu betreten.
1678 ließ der Belgier P. Ferdinand Verbiest, neben Ricci und
Schall wohl der größte Missionär Chinas aus jener Zeit, dem Papst Innozenz XI.
ein schön gebundenes Exemplar des chinesischen Missale und Rituale zugleich mit
astronomischen Tafeln u. dgl. überreichen und bat gleichzeitig um
Erneuerung des von Paul V. erteilten Privilegs. In einem huldreichen Schreiben
vom 3. Dezember 1681 lobte der Papst den Eifer und das Geschick der Patres, das
Reich Gottes in China durch den Glanz der europäischen Wissenschaften
auszubreiten. Die erhoffte päpstliche Bestätigung blieb jedoch aus.
Nun sandte P. Verbiest um 1683 den Belgier P. Philipp
Couplet nach Rom, um dort die Sache persönlich zu betreiben. Allein der
Zeitpunkt war nicht günstig. Der Türkenkrieg nahm damals die Aufmerksamkeit des
Heiligen Stuhls vollauf in Anspruch. Einen anderen Grund, weshalb die
wiederholten Eingaben der Jesuiten kein Gehör mehr fanden, deutet Le Brun an,
wenn er schreibt, „es seien aus China gewisse Nachrichten eingelaufen, welche
den Papst Innozenz XI. gegen die Missionen einnahmen und den abschlägigen
Bescheid der Propaganda bedingten.“ Es war der unselige Ritenstreit, der seine dunklen Schatten zugleich auf die an sich
ganz verschiedene Frage des einheimischen Klerus warf und eine Einigung der Parteien
auch in dieser Hinsicht unmöglich machte. Doch hoffte P. Couplet durch eine
nochmalige eingehende Darlegung der ganzen Frage einen günstigen Umschlag zu
bewirken. So entstand die interessante Abhandlung, welche der Freund Ordensbruder
Couplets, der berühmte Bollandist P. Papebroek, später in das Riesenwerk der Acta Sanctorum aufnahm und mit gewohntem
Feuereifer vertrat.
Fortsetzung hier
[1] Diese
Erlaubnis, bedeckten Hauptes zu zelebrieren, wurde später mehrmals erneuert und
der Gebrauch fast in der ganzen Mission eingeführt. Vgl. Ius
pontif. de Prop. Fide I (1888) 428; Collect. S. C. de Prop. Fide 799 809 812 820
823.