Abend des Fronleichnamsfests! Die Sonne verschwindet hinter
den Urwaldbäumen. Nun ist es wieder möglich, ohne Tropenhelm in der Wundernatur
zu wallen. Die Prozession zieht aus der Kirche, glanzvoll und licht, in den
stillen Abend hinaus unter frommem Sakramentsgesang.
Voran die Kinder weiß gekleidet, Blumen streuend, Palmen
schwingend, Hosanna singend. Dann umringt von 32 Messdienern mit Rauchfässern,
Schellen, Leuchtern, der Traghimmel, und unter ihm die Missionare mit dem
Allerheiligsten. Es folgen 6000 Kerzenträger, Männer und Frauen. Der Zug geht
durch die Palmenalleen zu dem Riesenaltar hin, der dort am Urwaldrand aufgebaut
ist und im Glanz von 300 Ölfackeln strahlt. Nieder kniet im Lichtmeer die
Menge, des Segens harrend, während aus der Dunkelheit drüben die Heidenaugen
aufleuchten und sich fragen: „Was soll das bedeuten? Etwas Göttliches muss das
sein!“
Woher haben alle diese Leute ihre Kerzen hier in Afrika?
Sie hatten mit einem portugiesischen Handelsmann einen
Kontrakt geschlossen: „So und so viel Palmenkerne, Kopal und Elfenbein
verschaffen wir dir, wenn du uns für Fronleichnam europäische Kerzen besorgst.“
Außer einem prächtigen Fest brachte mir das noch einen
Vorteil: sie nahmen die Kerzenreste nicht mit nach Hause, sondern legten sie
zusammen zu Füßen des Altares, um den Gottesdienst weiterhin zu verherrlichen.
(Aus: Joseph Fräßle, Meiner Urwaldneger Denken und
Handeln, leicht angepasst)
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