(…) Im Monat Januar zeigte Msgr. Lavigerie in
einem Hirtenbrief über die algerische Mission die Abreise an mit den Worten:
„Drei unserer Missionäre sind in diesem Augenblick im Gebiet der Tuaregs, auf
der Reise nach Timbuktu, mit dem Auftrag und mit dem festen Vorsatz, entweder
sich in der Hauptstadt des Sudans festzusetzen, oder daselbst für die Wahrheit
ihr Leben zu lassen.“
Diesen Auftrag haben sie erfüllt, sie haben ihr Leben
gelassen für die Wahrheit. Nachdem sie die Mission, in welcher sie bisher
gewirkt, unter den Chambas in der Nord-Sahara verlassen und in Gegenwart des
Obern der Kongregation, des hochw. Herrn Deguerry, unter dem Gesang des Te Deum
ihre Reise angetreten hatten, war keine Kunde von ihnen mehr gekommen.
Man beunruhigte
sich über dieses Stillschweigen nicht, weil man wusste, dass sie auf ihrer
Wüstenreise wohl kaum Gelegenheit finden würden, Briefe in die Heimat zu
senden. Da begann um Mitte April unter den Nomadenstämmen im Norden der
Sahara sich das Gerücht zu verbreiten, die drei Missionäre seien ermordet
worden; diesem Gerücht legte man kein Gewicht bei, bis eine Depesche aus
Laghouat (El Arhuât) an den Generalgouverneur keinen Zweifel mehr gestattete.
Straußenjäger hatten ihre Leichen an der Südgrenze der Sahara, aber entfernt
von der gewöhnlichen Karawanenstraße, gefunden. Obgleich nähere Nachrichten
über ihren Tod noch fehlen, so ist doch wohl sicher, dass sie von den sog.
schwarzen Tuaregs oder Isghers ermordet wurden. Die Missionäre waren enthauptet
worden, während ihr Führer, ein muhammedanischer Araber aus der Sahara, wie es
schien, im Kampf mit Wunden bedeckt gefallen war. Diese verschiedene Todesart
scheint anzudeuten, dass die drei Priester für den Glauben den Tod erlitten.
Die Araber pflegen nie einen Muhammedaner zu enthaupten, während sie diese
Todesart für die Christen gewöhnlich anwenden.
Der hochw. Herr Deguerry ist
abgereist, um die Leichen der Ermordeten abzuholen und nähere Erkundigungen
über ihren Tod einzuziehen; vor seiner Rückkehr, die erst nach 1–2 Monaten
erfolgen wird, werden wir wohl keine sichere Kunde erhalten. Unterdessen aber
ist uns wohl erlaubt, anzunehmen, dass wir die Ermordeten als Märtyrer verehren
dürfen, wenn wir auf die Gesinnung blicken, in der sie ihre gefährliche Reise antraten.
„In der
Ungewissheit,“ – so schrieb z. B. P. Menoret in seinem unmittelbar vor der
Reise abgefassten Testament – „welches Ende diese Reise nehmen und ob sie nicht
der letzte Akt meines Lebens sein wird, erkläre und schwöre ich vor Gott, die
Hand auf den heiligen Evangelien: 1. dass ich diese Reise nur unternehme zur
größeren Ehre Gottes, um zu versuchen, die noch in der Finsternis des Todes
lebenden Völker des Sudan zu Jesus Christus zu führen; 2. dass ich lebe und
sterbe als demütiger und gehorsamer Sohn der heiligen katholischen und
apostolischen römischen Kirche, in der kindlichen Anhänglichkeit an den
Stellvertreter Christi, Papst Pius IX.“
Die Nachricht
von der Ermordung der drei Missionäre wurde daher auch von ihren Mitbrüdern
vielmehr als Freuden- denn als Trauerbotschaft aufgenommen, und in den Kirchen
sang man statt eines Traueramtes ein Te Deum.
„Die Kirche,“ –
so schrieb Msgr. Lavigerie an die Eltern der Ermordeten in einem herrlichen
Brief, den wir bedauern nicht ganz aufnehmen zu können – „die Kirche
triumphiert nicht wie die irdischen Gewalten. Diese können nur töten, um zum
Sieg zu gelangen. Die Kirche aber hat ein Geheimnis, das sie über allen
Widerstand den Sieg davontragen lässt; dieses Geheimnis besteht darin, dass
ihre Kinder zu sterben wissen.
Sie hätten es in Bezug auf Ihre Söhne begriffen,
wenn Sie, wie ich, den Eindruck gesehen hätten, den die erste Kunde von ihrem
seligen Tod auf ihre Mitbrüder ausübte, wenn Sie, wie ich, diese vor
Enthusiasmus und lebendigem Glauben zitternden Stimmen gehört hätten, die
gemeinschaftlich den ambrosianischen Lobgesang anstimmten, den nämlichen
Lobgesang, unter dessen Klängen Ihre Söhne Ihre Reise angetreten hatten.
Und
nach dem Te Deum schworen alle mit lauter Stimme, sich aufzuopfern für das
Land, welches das Blut ihrer Mitbrüder getrunken, und alle verlangten, ihnen in
den Kampf nachzufolgen. Würde ihnen das Tor an der einen Seite geschlossen,
wollten sie an einer anderen einzudringen suchen und sich nicht aufhalten
lassen, bis sie in die Mitte dieses Reiches des Todes vorgedrungen wären.
Das
war nicht mehr bloß das Wort des großen Lehrer von Karthago: ‚Das Blut der
Martyrer ist der Samen der Christen;‘ das Blut Ihrer Söhne zeigte sich schon
als unerschöpfliche Quelle des Eifers für die afrikanische Glaubenspredigt.“
(Aus: die
katholischen Missionen, 1876)