Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier

Montag, 29. Mai 2023

„Es werden mich selig preisen alle Geschlechter“: Die Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens

Die selige Maria von der Passion, Gründerin der F.M.M.

Die Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens wurden nicht nur für, sondern bereits in einem Missionsland gegründet, und zwar in Indien, wo ihre Gründungsmitglieder, darunter die Ordensstifterin Maria von der Passion, zunächst Mitglieder der Sühneschwestern Mariens (Société de Marie-Réparatrice) waren. Nach Uneinigkeiten zu Fragen der Missionsmethode und der Disziplin trennten sich 33 Schwestern unter der Leitung von Mutter Maria von der Passion im August 1876 von ihrer ursprünglichen Gemeinschaft und gründeten den Orden der Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens im südindischen Udagamandalam. Ziel des Ordens war es, sich ganz der missionarischen Tätigkeit zu widmen, insbesondere in der medizinischen Betreuung von Frauen in Indien. Zu den weiteren Zielen gehörte es, Ordensmitglieder aus der ganzen Welt aufzunehmen, sich für alle Einsatzorte bereit zu zeigen und in Name und Ausrichtung „Missionarinnen Mariens“ zu sein. So sollten sie die Mutter nachahmen, die die Sendung ihres göttlichen Sohnes unterstützte, besonders in ihrem verborgenen Leben in Nazareth, wo sie in Liebe, Frieden und Demut Gott diente. Die Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens sollten nach dem Wunsch ihrer Gründerin Maria als „Magd des Herrn“ in ihrer Hingabe an Gott nachahmen: „Dieses Charisma wird in der grundlegenden Einstellung des Ecce und des Fiat Marias gelebt: sie opferte ihr ganzes Sein in vollständiger und liebender Offenheit, im Glauben und in demütigem Dienst, damit der [Heilige] Geist in ihr die Arbeit des Vaters wirke.“[1] Hauptfest des Ordens ist wie bei andere franziskanischen Gemeinschaften das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens am 8. Dezember.

Der Orden hat neben der seligen Stifterin sieben Heilige und eine weitere Selige hervorgebracht. Die heiliggesprochenen Schwestern unter der Leitung der heiligen Marie-Hermine von Jesus fielen am 9. Juli 1900 zusammen mit Bischof Grassi, anderen Ordensleuten und einheimischen Christen den Boxern in der chinesischen Mission Tai-Yuan-Fu zum Opfer und wurden 1946 selig- und im Jahr 2000 heiliggesprochen. Die selige Maria Assunta Pallotta lebte als Chinamissionarin des Ordensideal der Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens in stiller Arbeit und Aufopferung ihrer selbst. Sie starb im Jahr 1905 im Alter von 26 Jahren.

Entsprechend dem Wunsch Mutter Marias von der Passion entwickelte sich der Orden zu einer internationalen Gemeinschaft. Heute wirken über 5000 Ordensschwestern aus 79 Nationen in 73 Ländern auf allen fünf Kontinenten.[2]

 

[1] Erste Konstitutionen der Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens, Nr. 2
[2] https://fmm.org/where-we-are/

Samstag, 20. Mai 2023

„Es werden mich selig preisen alle Geschlechter“: Missionsgesellschaften unter dem Patronat Marias (Teil 1)

Missionsgesellschaften unter dem Patronat Marias

Die großen Orden der Kirche, die Benediktiner, die Franziskaner und Dominikaner sowie in neuerer Zeit die Jesuiten haben maßgeblich zur Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria in den Ländern Europas beigetragen und diese Verehrung auch in den ihnen übertragenen Missionsgebieten gefördert.

Mit dem Wachstum der äußeren Missionen entstanden im 18. und 19. Jahrhundert verschiedene Ordensgemeinschaften und Kongregationen, die speziell zum Zweck der Missionsarbeit gegründet wurden. Viele dieser Gemeinschaften tragen nicht nur einen marianischen Namen, sondern ahmen das Leben der Gottesmutter im eigenen missionarischen Wirken nach. In diesem Kapitel soll ein kurzer Abriss der Geschichte dieser Orden und ihrer Verehrung der allerseligsten Jungfrau präsentiert werden.


Oblaten der unbefleckten Jungfrau Maria

Die Oblaten der unbefleckten Jungfrau Maria (lateinisch Missionariorum Oblatorum Beatae Mariae Virginis Immaculatae, Ordenskürzel OMI) wurden 1816 durch den provenzalischen Weltpriester Eugen von Mazenod gegründet, um den Glaubensgeist unter der armen Bevölkerung der Provence zu heben. Im Jahr 1825 wurde die Kongregation von Papst Leo XII. bestätigt, der ihr die Aufgabe gab „jene Menschen in den Schoß der Mutter der Barmherzigkeit zurückzubringen, die Jesus Christus an seinem Kreuz ihr als Söhne und Töchter geben wollte“. Bereits zu Lebzeiten des heiligen Gründers, der im Jahr 1837 Bischof von Marseille wurde, ging die Tätigkeit der Oblaten über die Grenzen Frankreichs hinaus: Im Jahr 1841 zogen die ersten Oblatenmissionare in die Indianermission in Kanada, worauf im Jahr 1847 die Übernahme der Mission auf Sri Lanka folgte. Eugen de Mazenod, der 1861 starb und 1995 heiliggesprochen wurde, bezeichnete Maria als die „Mutter der Missionen“. Die schwierigen arktischen Missionen unter den Inuit in Kanada stellte der Orden unter den besonderen Schutz der unbefleckten Jungfrau. Der selige Joseph Gérard, der Apostel von Lesotho, hatte eine kindliche Andacht zur allerseligsten Jungfrau und vermittelte diese auch seinen Christen. Am 7. Dezember 1863 schrieb er: „Es ist eine Freude für mich, wenn ich mir vorstelle, dass unsere Basotho mit den anderen Nationen die Seligkeit der heiligen Jungfrau preisen werden. Mögen auch sie anfangen zu sagen: ‚Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns!‘ Zwar tun sie es noch nicht aus ganzem Herzen und aus ihrer ganzen Seele, aber es ist Anfang; hoffen wir, dass die allerseligste Jungfrau ihnen den Rest lehren wird.“ Als seine Missionserfolge voranschritten, ,verbreitete sich auch die Andacht zu Maria unter dem Volk. Die Neugetauften begannen die Begrüßung der Oblatenmissionare untereinander zu verwenden: „Gelobt sei Jesus Christus – und die unbefleckte Jungfrau Maria“. Mit besonderem Eifer wurden auch die Maiandachten gepflegt.[1] So ist der Selige ein Vorbild des Ideals, das die Ordenskonstitutionen von 1966 im 6. Artikel zeichnen: „Sie [die Ordensmitglieder der Oblaten] werden in dieser Jungfrau einen Typus des Glaubens der Kirche erkennen und das vollkommene Vorbild für ihren eigenen Glauben, da sie Christus empfing, damit sie ihn mit der Welt teilen konnte, deren Hoffnung er ist. In ihren missionarischen Freuden und Leiden werden sie stets eng mit ihr, der Mutter der Barmherzigkeit, verbunden sein. Wo auch immer sie ihr Dienst hinführt, werden sie danach streben, in den Herzen der Menschen eine tiefe Andacht zur unbefleckten Mutter zu entfachen, die siegreich ist über alles Böse.“[2] Heute sind die Oblaten in zahlreichen Ländern vertreten. Der Sitz der mitteleuropäischen Provinz befindet sich im hessischen Hünfeld.



[1] Blessed Joseph Gérard, O.M.I. Apostle to the Basotho (1831–1914). Generalpostulat O.M.I. Rom 1991
[2] Jette, Fernand: The Missionary Oblate of Mary. Addresses and Written Texts, 1975–1985. Rom 1985


Sonntag, 14. Mai 2023

„Es werden mich selig preisen alle Geschlechter“: Kleinere Marienheiligtümer in den Missionsländern

Kapelle Unserer Lieben Frau vom Pass Otome
(Quelle: https://www.kankou-shimane.com/en/destinations/9398)

 Unsere Liebe Frau vom Lichte, Rota, Nördliche Marianen: Auf vielen Inseln der Nördlichen Marianen, die einst zu Spanien, dann zu Deutschland und Japan gehörten und seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein Außengebiet der Vereinigten Staaten im Pazifik sind, wird die allerseligste Jungfrau unter besonderen Titeln verehrt. Auf der Insel Rota pflegen die Einheimischen die Verehrung der „Sainan Ina, Unserer Lieben Frau vom Lichte“. Das einfache Bild, das die Gottesmutter auf einer Wolke mit dem Jesuskind im Arm darstellt, wobei sowohl Mutter als auch Sohn je eine Kerze in der Hand halten, kam durch den seligen Jesuitenpater und Märtyrer Diego San Vitores über Mexiko nach Guam, wo er es dem König Taga der Insel Tinian zum Geschenk machte. Durch diesen kam das Bild nach Rota. Es erfuhr besondere Verehrung in den 1760er Jahren, als die Insel von andauernden schweren Erdbeben heimgesucht wurde. Der damalige Missionar, der Jesuitenpater Pedro, regte die Bevölkerung dazu an, ihre Zuflucht zu Unserer Lieben Frau vom Lichte zu nehmen. Alle Bewohner machten schließlich das Gelübde, in Zukunft ständig Kerzen vor dem Marienbild brennen zu lassen und jährlich ab dem 13. Mai eine Novene zu beten, an deren Ende ein Fest mit Prozession durch das Hauptdorf der Insel gefeiert wurde. Dabei wurde das Gnadenbild mitgetragen. Rota blieb nach Ende der ersten Novene von den schlimmsten Erdbeben verschont. Um immer für genug Lampenöl für die Erfüllung des Gelübdes zu sorgen, wurde ein 14 Hektar großes Stück Land mit Kokospalmen bepflanzt und trug darum den Namen Cocol de la Virgen – Kokospflanzung der Jungfrau.

Der Kapuzinerpater Korbinian, der von 1908 bis 1919 Missionar auf den Marianen war, gibt dem Bild folgende gemütvolle Auslegung: „Unwillkürlich fallen einem bei der Betrachtung des Bildes die Worte ein, die der Heiland gesprochen: ‚Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben‘, und jene Stelle beim Evangelisten, wo bei der Aufopferung des göttlichen Kindes im Tempel der greise Simeon es ‚ein Licht zur Erleuchtung der Heiden‘ nennt. Maria aber trägt eine brennende Kerze in der Hand, weil sie dem ‚Lichte vom Lichte‘ das Leben geschenkt, ihr Leben nur ‚Licht‘ ist, und sie die Mahnung ihres göttlichen Sohnes: ‚So lasst denn euer Lichten leuchten‘, am vollkommensten erfüllt hat.“


Unsere Liebe Frau vom Pass Otome, Japan: Eine kleine Kapelle zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria bei Tsuwano in der südjapanischen Präfektur Shimane erinnert an die Christenverfolgung im Reich der aufgehenden Sonne, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts andauerte. Zwischen 1868 und 1871 wurden Katholiken aus Nagasaki und anderen Regionen von den heidnischen Behörden in die Gegend geführt, um sie dort unter verschiedenen Gewaltmitteln zum Abfall zu bringen. Einer der 153 Verbannten war Johannes Baptist Yasutaro, der in acht Tage lang auf dem Grundstück eines alten Shinto-Tempels in einen kleinen Käfig gefangen gehalten wurde. Bereits drei Christen waren bei winterlicher Witterung in dem Käfig zu Tode gekommen. Als er am dritten Tag von einem Katechisten[1] besucht wurde, der ihn trösten wollte, sagte dieser zu Johannes: „Es mag dir einsam sein, hier zu sterben“, worauf der Märtyrer entgegnete: „Nein, gar nicht einsam. Jede Nacht bis zur Morgendämmerung erscheint zu meinen Haupten eine wunderschöne Dame gleich dem Bilde der Santa Maria. Und ich glaube: es ist wirklich die heilige Maria. Mit zarter mütterlicher Stimme gibt sie mir gute Weisung und Trost. Aber sage es niemandem, solange ich noch am Leben bin!“ Nach fünf Tagen starb Johannes Yasutaro. 1951 wurde eine einfache Holzkapelle an der Stelle gebaut. Zwei Gipsfiguren stellen die Besuche dar, die Johannes Yasutaro in seinem Käfig von Maria erhielt. Noch heute ist der Ort Ziel von japanischen Wallfahrern.




[1] Eine andere Quelle berichtet von zwei Freunden, die in nachts heimlich besuchten.


Sonntag, 7. Mai 2023

„Es werden mich selig preisen alle Geschlechter“: Die Maiandacht in den Missionen

 Von Jos. Peters S.J.[1] 

In einem ausführlichen Artikel, der 1925 in Die katholischen Missionen erschien, beleuchtet P. Peters S.J. die positiven Einflüsse auf das religiöse Leben, die die damaligen Übungen der Maiandacht in den Missionsländern hervorriefen. So schreibt er: „Wir können (…) in voller Wahrheit sagen, dass im Allgemeinen die Maiandacht in den Missionen als eine Gelegenheit zu ernstem Tugendstreben aufgefasst wird, dass die Priester über besonderen Eifer im Sakramentenempfang berichten, dass auch die lieben Kleinen angehalten werden, durch kleine Opfer ihre Liebe zu Gottesmutter zu bezeigen. All die schönen Sitten, wie sie im Mai in unseren Erziehungsanstalten in Übung sind, und in denen besonders gute Ordensschwestern sich so erfinderisch zeigen, finden sich in den Missionen wieder. Auch die kleinen Neger schreiben Briefchen an die Muttergottes, sie wollten in diesem Monat recht brav sein und ihren Charakterfehler bekämpfen; auch in den Missionen bringen die Kinder jeden Morgen ein Sträußlein frischer Blumen zum Maialtar. Mit besonderer Vorliebe hören sie die „Marienbeispiele“. Namentlich in den vielen Waisenanstalten und den Findelhäusern ist der Mai ein Freudenmonat. Darüber wird nie eine Missionschronik gebührend berichten können, wieviel Trost und Kinderglück die Maiandacht mit ihren schönen und reinen Phantasiebildern in die empfänglichen Herzen dieser mutterlosen Waisen strahlt.

Hübsch beschreibt eine italienische Missionsschwester aus Mangalore, wie ihre Kleinen sich allabendlich um das festlich erleuchtete Marienbild im Hofe der Waisenanstalt versammeln. Eine auserlesene Schar gruppiert sich mit leuchtenden Sternen um den Maialtar. Dann singt man einige Marienlieder und betet das „Memorare“, um dann mit einem Kusshändchen von der Mutter Abschied zu nehmen. In der Veranstaltung echt kindlicher, naiver Maifeiern sind namentlich die Italiener und Spanier Meister. Sie treffen damit vollkommen den Geschmack der Missionsvölker, mag auch dabei nicht alles unserer Art entsprechen.

Ein liebliches Maibild entwirft ein französischer Salesianer aus Indien: ‚Auch im Mai kommen die Kinder gerne und knien am Altar der Muttergottes nieder. Sie sind noch ganz grau vom Staub der Felder, ihre Kattunläppchen starren von Schmutz. Einander stoßend und schiebend wie ein Schwarm aufgescheuchter Sperlinge ordnen sie sich um das Bild. Eines der Kinder reicht zum Bilde der himmlischen Mutter einen Arm voll indischer Blumen hinauf, und alle beginnen auf den Knien ihr Gebet. Das Thermometer mag 30–35 Grad zeigen: ihre Andacht wird dadurch nicht beeinträchtigt. Ein Ave löst das andere ab, und so würde es stundenlang dauern, wenn man diese Kinder gewähren ließe. Zum Schluss ihrer Andacht singen sie eines ihrer schönen Marienlieder in einheimischer Sprache.‘

Unter den Maisitten der Missionen verdienen besondere Erwähnung die Blumenhuldigungen. Auf den Philippinen treten an jedem Samstagmorgen des Mai unter dem Gesang des „Salve Regina“ die Anwesenden an den Altar und opfern ein Körbchen mit Blumen, das der Priester dann vor das Marienbild stellt. Weit kindlicher sind die in Mittel- und Südamerika üblichen Blumenhuldigungen durch weißgekleidete Mädchen, denen sich manchmal Knaben in den Trachten jugendlicher Heiliger, wie des hl. Stanislaus, des kleinen Johannes des Täufers usw., zugesellen. Es ist allerdings bezeichnend, dass man bei diesen Berichten in den Missionszeitschriften oft die Bemerkung findet: ‚Das Volk läuft eifriger zur Maiandacht als sonntags zur Messe‘, dass ferner ein brasilianischer Missionar die Bemerkung macht: ‚Erst die Teilnahme ihrer Kinder an der Blumenhuldigung veranlasst manche Eltern zur Erfüllung ihrer österlichen Pflichten.‘ Immerhin steckt in diesen Gebräuchen eine uralte katholische Überlieferung und eine Glaubensinnigkeit, die uns die wehmütige Erinnerung an frühere Jahrhunderte wachruft, wo auch unser Volk, unversehrt durch Protestantismus, Rationalismus und eine im Relativismus befangene vergleichende Religionswissenschaft, sich vertrauend unter dem weiten Mantel der hohen himmlischen Frau barg.

(…) Dass die Heiligen- und Marienverehrung in den Missionen bei Neubekehrten bzw. ins Heidentum Zurückgefallenen zu Irrungen und Aberglauben führen kann, ist eine Erfahrung aller Missionare, und P. Dr. Fontaine aus der Mission Assam hat auf dem Düsseldorfer Missionskursus 1919 darüber in einem Vortrag über den Kampf gegen den Aberglauben eine große Menge Stoff zusammengetragen. Die Gründe zu solchen Verirrungen liegen auf der Hand. Viele solcher Gründe vermag die Religionspsychologie aufzuweisen. Wir möchten hier nur an die Tatsache erinnern, dass sich in den Missionen bei den Marienprozessionen und an den Marienheiligtümern fast stets Heiden einfinden, die alle religiösen Übungen mitmachen und anstandslos der nach ihrer Meinung hier verehrten Göttin ein Kerzenopfer bringen. Die einheimischen Religionen haben fast alle ihre Fruchtbarkeitsgöttin oder eine Muttergottheit, die sie durch Opfer zu besänftigen suchen. (Nur in Klammer sei hier bemerkt, dass nirgends der Heide mit jenem kindlichen Vertrauen zu seiner Muttergottheit betet, wie der Christ bei der Anrufung Mariens.)

Welche Gefahren für eine Verdunkelung der Glaubensbegriffe in Sachen der Marienverehrung bei schlecht unterrichteten Christen bestehen können, mag ein Beispiel aus China beweisen, wo man einem Zerrbild der reinen Gottesmutter, der Göttin Koan-yin, ebenfalls einen ganzen Monat weiht und ihr Gelübde und Geschenke macht. Sie ist die liebenswürdigste Göttin im buddhistischen Götterhimmel und in dem ihr geweihten Monat flattern auf den Küstenschiffen lange Wimpel mit der Inschrift: „Himmlische Königin! Heilige Mutter des Himmels!“ Man darf die Gefahr solcher heidnischen Gebräuche für eine gutunterrichtete Christengemeinde nicht überschätzen, aber man möchte anderseits auch wünschen, dass gewisse Beispiele von Marienverehrung, die bisweilen in den populären Missionszeitschriften auftauchen, auf ihre religiöse Grundanschauung untersucht werden. Die im Gottesdienst der Heidenmission gebrauchten Weiheformeln an Maria sollten auf jeden Fall an dogmatischer Klarheit nichts zu wünschen übrig lassen. An der Hand der himmlischen Mutter und in Nachfolge ihres Tugendbeispieles sollen die Neuchristen zum Heiland kommen, „auf dass sie in der Liebe festgewurzelt sind“ und „zu erfassen vermögen ihre Breite und Länge, ihre Höhe und Tiefe und die Liebe Christi erkennen, die alle Begriffe übersteigt, und dadurch ganz von Gott erfüllt werden“ (Eph. 3, 16–21).

Gegenüber einzelnen Gefahren einer unerleuchteten Marienverehrung steht der herrliche Segen, den die Maiandacht verbreitet. Die Gnaden für Leib und Seele, die Marias mächtige Fürbitte vermittelt, entziehen sich allzu oft menschlicher Berechnung und Feststellung. Aber auch der nicht im Glauben erleuchtete Verstand vermag die Wirkungen der Marienverehrung auf dem moral- und religionspädagogischen Gebiete festzustellen. Welch ein hohes Vorbild ist den im Sumpf der Unsittlichkeit versunkenen Völkern das Bild der reinsten Gottesmutter, jenen Völkern, die oft erst ganz langsam zum Verständnis des christlichen Reinheitsideals gebracht werden können! Wir wollen einem praktischen Missionar das Wort geben, um den Segen der Maiandacht zu kennzeichnen. Ein Pallottiner berichtete vor 12 Jahren aus Kamerun: ‚Speziell in Kamerun wird die Neuchristen recht bald die Maiandacht gelehrt, und nun übt man sie mit großem Eifer. Wir sind uns bewusst, damit dem Neger ein Stück wahren Christentums gelehrt zu haben. Weit davon entfernt, dass der Eingeborene, wie Andersgläubige meinen, götzendienerische Ideen mit dieser Andacht verbindet, empfängt er aus der Gnadenhilfe der Hochgebenedeiten und aus der Anregung gerade der Maiandacht nachhaltige religiöse Hilfe. Besonders das weibliche Geschlecht erhält da Antriebe für das praktische Tugendleben, die umso nötiger sind, als die Frau bei den meisten Heiden aus dem Bannkreis niedrigster Auffassung von ihrer Bestimmung nicht herauskommt. Wie wohltuend und segensreich muss da nicht eine Andacht sein, die ferner die Neger Hochachtung gegen eine Angehörige des von ihnen so tief eingeschätzten und so roh behandelten weiblichen Geschlechts lehrt! Es kann nicht ausbleiben, dass Maria mit ihrer Bedeutung im Christentum und im kirchlichen Andachtsleben ihrem Geschlecht eine Stellung erringen hilft, die die notwendige Grundlage für die wahre Kultur und tieferes Christentum ist. Allen diesen Nutzen erhoffen wir in Kamerun aus der Verehrung Mariens, vor allem aus der Maiandacht.‘

Die Maiandacht hat sich heute über die ganze Erde verbreitet. Da aber der Monat Mai auf der südlichen Halbkugel in den Herbst fällt und in den Tropen oft die unangenehmste und heißeste Jahreszeit einleitet, so musste sich die Missionskirche die Frage vorlegen, ob es nicht angebrachter wäre, den Marienmonat, der mit dem Frühlingsbeginn so enge symbolische Verbindung hat, auf eine andere Jahreszeit zu verlegen. Man musste dann freilich auf eine besondere Feier des Rosenkranzmonats zumeist verzichten, oder beide Feiern zusammenlegen, oder schließlich den Rosenkranzmonat in der Zeit begehen, wo auf der nördlichen Erdhälfte Frühling ist. Viele Missionare traten entschieden für die gleichzeitige Feier der Maiandacht auf der ganzen Erde ein, mit der Begründung, dass die Feier des Maimonates mit dem katholischen Empfinden so stark verwachsen, und dass es ein so tröstliches Bewusstsein sei, wenn im Mai auf der ganzen Erde Maria gepriesen werde. Aus diesem Grunde hat man in Australien die zeitweise auf den August (die schönste Jahreszeit in Australien) verlegte Maiandacht wieder zurückverlegt. In Indien hat man sich auch nicht zu einer Verlegung entschließen können; man feiert allerdings die Maienkönigin nur wenig im Mai, desto mehr aber im schöneren Monat Oktober, wenn frische Blumen in Fülle zur Verfügung stehen. (…) An eine Verlegung des Rosenkranzmonates ist man bisher unseres Wissens nirgendwo herangetreten.

Der Gedanke an eine einheitliche Maifeier ist durch die geschichtliche Entwicklung, die von der Kirche wohl kaum rückgängig gemacht wird, praktisch in verneinendem Sinne gelöst worden. In Chile, Paraguay, Uruguay und Argentinien begeht man den Marienmonat im November, und zwar gewöhnlich vom 8. November bis 8. Dezember, wo das Fest der Unbefleckten Empfängnis einen guten Abschluss bildet. In Patagonien haben die Salesianer mit Rücksicht auf die im November mit der Sorge um ihre Herden stark beschäftigten Indianer den Marienmonat auf die Zeit vom 9. Oktober bis 10. November verlegt. Aus Mariannhilll [Südafrika] liegt gleichfalls eine Nachricht über die Maifeier im November vor. Die Kopten in Ägypten feiern die Maiandacht im Dezember, wenn nach der Nilüberschwemmung das Land sich mit frischem Grün bedeckt. Zieht man noch in Rücksicht, dass die griechisch unierte Kirche in der vierzehntägigen Vorbereitungszeit auf das Fest Mariä Heimgang im August und an den Freitagen der Fastenzeit auch eine Art Maiandacht hält, so muss man zugeben, dass von einer zeitlichen Gleichheit in der Feier des Marienmonats nicht die Rede sein kann. Wir halten es auch für eine sehr kluge Anpassungsmaßnahme, wenn die Kirche in den Missionen die namentlich in den subtropischen Gegenden bestehenden Frühlingsfeiern adelt und verchristlicht, wie sie es bei unseren Altvordern getan hat. Es ist zudem auch ein religiös erhebender Gedanke, dass überall, wo auf Erden der Frühling erblüht, fromme Lieder zur himmlischen Königin erschallen, die uns in Christus den Frühling der Erlösung schenkte.



[1] Peters, Jos. S.J.: Maria Maienkönigin. In: Die katholischen Missionen, Xaverius-Verlagsbuchhandlung, Aachen 1925